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Kondensat im Fensterfalz

Wenn zu viel Feuchtigkeit im Fensterfalz ist

Hier wird das Prinzip der Quer­lüftung dargestellt. ­Feuchte warme Luft kann nach ­außen geführt werden.

Foto: Sven Gallmann

Hier wird das Prinzip der Quer­lüftung dargestellt. ­Feuchte warme Luft kann nach ­außen geführt werden.
EFH mit ­offenem Treppenhaus, ­aufsteigende Feuchtig­keit und Wärme gelangen in die ­oberen Stockwerke, ­dadurch steigt auch der Druck in den ­oberen Stockwerken.

Foto: Sven Gallmann

EFH mit ­offenem Treppenhaus, ­aufsteigende Feuchtig­keit und Wärme gelangen in die ­oberen Stockwerke, ­dadurch steigt auch der Druck in den ­oberen Stockwerken.

Immer wieder kam und kommt es im Fensterfalz zu Kondensat. In Deutschland gilt seit 2009 die Lüftungsnorm DIN 1946-6, da erkannt wurde, dass bei einem Fenstertausch ein „Lüftungskonzept“ erarbeitet werden muss. Anhand der Berechnungen eines Lüftungskonzepts wird ersichtlich, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Stufe „Feuchteschutz“ zu erreichen. In der Schweiz ist laut SIA 180:2014, Art. 3.2.1 im Vorprojekt ein Lüftungskonzept zu erstellen.

Was es mit der dichten Gebäudehülle auf sich hat

Kondensat im Fensterfalz stellt man hauptsächlich in Niedrigenergie-Häusern fest. Niedrig­ener­gie-Häuser sind diejenigen, die nach dem heu­tigen Stand der Technik und gemäß den Energiegesetzverordnungen gebaut werden. Die Häuser werden immer dichter gebaut, um Energie zu sparen. Die Dichtheit eines Gebäudes wird mit einem Blower-Door Test gemessen. Je besser dieser Test ausfällt, desto dichter ist das Gebäude und desto stärker zeigen sich in der Regel die Kondensat-Ausfälle im Fensterfalz, sofern keine Lüftungsanlage oder andere Installation zur Vermeidung eines Gebäudeüberdrucks im Gebäude verbaut wurde.

Die Problematik verstärkt sich, je höher die relative Luftfeuchtigkeit ist. Früher ging man von ­einer maximal zulässigen relativen Luftfeuchte von 50 Prozent aus. Später wurde erkannt, dass dieser Wert in Abhängigkeit von der Außentemperatur ­variiert.

Untersuchungen ergaben, dass bei Niedrigener­gie-​Häusern ohne Lüftungsanlage oftmals eine erhöhte relative Luftfeuchtigkeit sowie ein erhöhter Gebäudedruck vorliegen. Bereits ein leich­ter Überdruck (> ca. 5 Pa) im Gebäude „drückt“ warme, feuchte Luft regelrecht in den Fensterfalz. Liegt der Fensterfalz thermisch betrachtet im Bereich der kritischen Taupunktkurve, kondensiert diese Luft und wird als Wasser im Fensterfalz sichtbar.

Aus den genannten Gründen ist auf eine ausreichende Luftwechselrate in energetisch optimierten Bauten besonders zu achten. Die Luftwechselrate [1/h] gibt an, wie oft ein Raumvolumen pro Stunde mit der Außenluft getauscht wird.

Wo der Gebäudedruck besonders hoch ist

Bei einem Einfamilienhaus mit offenem Treppenhaus steigt der „Gebäudedruck“ je höher man kommt. Im Keller herrscht in der Regel ein Unterdruck, im Erdgeschoss befindet sich die neutrale Zone und im Obergeschoss herrscht ein Überdruck, welcher in jedem weiteren Stockwerk ansteigt. Aufgrund des ansteigenden Gebäudedrucks in den oberen Stockwerken sind auch hauptsächlich die Fenster in den oberen Stockwerken von dem Phänomen „Kondensat im Fensterfalz“ betroffen.

Wie viel Wassermenge/Feuchtigkeit ist im Haus?

Woher kommt die Feuchtigkeit im Haus? Unter normalen Bedingungen ist in Wohnräumen eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 30 und 80 Prozent zu erwarten (siehe SIA 180:2014 Abb.: 1). Eine zu tiefe Raumluftfeuchtigkeit kann bei Menschen beispielsweise zu Reizhusten oder brennenden Augen führen. Eine zu hohe Raumluftfeuchtigkeit begünstigt andererseits die Kondenswasserbildung.

Unterschiedliche Faktoren bewirken eine Erhöhung der Feuchtigkeit im Haus im Gegensatz zur Feuchtigkeit der Außenluft.

Ein 4-Personen-Haushalt produziert pro Tag zwischen 8 und 15 Liter Wasserdampf (siehe Tabelle). Diese Feuchtigkeit ist durch personenabhängige und/oder personenunabhängige Maßnahmen abzuführen.

Wie das Problem gelöst werden kann

Kondensat (dadurch möglicher Schimmelpilz) im Fensterfalz kann nicht nur durch zu hohe Luftfeuchtigkeit und undichte Fenster entstehen. ­Eine viel größere Rolle spielt die immer dichter werdende Bauweise aufgrund der normativen Vorgaben und der Energiegesetzgebungen und der damit verbundene Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit sowie die Erhöhung des Gebäudedrucks. Folgende Faktoren führen zur Erhöhung der relativen Raumluftfeuchtigkeit:

  • eine dichte Gebäudehülle
  • tiefe Luftwechselrate
  • verschiedene Feuchtequellen im Haus
  • Bewohnerverhalten / Lebensstil
  • Wesentliche Ursachen für einen erhöhten Gebäudedruck können sein:

  • eine dichte Gebäudehülle
  • offene Bauweise (Gebäude mit offen verbundenen Etagen)
  • Lüftungsanlage mit Überdruck
  • Dazu kommt ein geändertes Wohn-/Lebensverhalten der Menschen (mehrheitlich alle Bewohner tagsüber außer Haus, häufigeres Duschen, trocknen der Kleidung im Wohnraum, offene Wohnräume usw.).

    Erfüllen die Fenster die Anforderungen für die Bauweise nach heutigem Stand der Technik und tritt das Problem trotzdem auf, so sind weitere Maßnahmen (z. B. Erhöhen des Anpressdrucks, Tauschen der Fensterdichtungen, komplett verdeckte Beschläge usw.) an den Fenstern lediglich eine Symptombekämpfung und keine Ursachenbehebung. Durch zusätzliche Maßnahmen an Fenstern ist es aber möglich, dass sich die Kondensat-Problematik innerhalb eines Gebäudes verlagert. Aber dann fällt Kondensat möglicherweise an Stellen an, welche schwieriger einzu­sehen und zu kontrollieren sind.

    Aus Sicht des Autors ist bei Neubauten mit offen verbundenen Etagen eine dezentrale, personenunabhängige Lüftung unumgänglich. Ein „Ventil“, durch welches Druck und Feuchtigkeit abgebaut werden kann, ist erforderlich.

    Einsatz von Fensterfalzlüfter möglich?

    Der Einsatz von Fensterfalzlüftern muss situativ geprüft werden und ist nicht als pauschale Lösung zur Vermeidung von Kondensat im Fensterfalz anzusehen.

    Je dichter ein Gebäude gebaut wurde desto ­stärker zeigen sich Probleme mit Kondensat-­Ausfällen im Fensterfalz, sofern keine weiteren Maßnahmen getroffen werden.

    Foto: Sven Gallmann

    Je dichter ein Gebäude gebaut wurde desto ­stärker zeigen sich Probleme mit Kondensat-­Ausfällen im Fensterfalz, sofern keine weiteren Maßnahmen getroffen werden.

    Beispiele für ­Luftwechselraten:

  • Gekipptes Fenster: 0,3 – 1,5 h–1
  • Stoßlüftung: 1 – 4 h–1
  • Fenster ständig offen (Querlüftung): ca. 40 h–1
  • Altbau: 4 – 12 h–1
  • Neubau: 1 – 2 h–1
  • Der Autor

    Sven Gallmann ist Sachverständiger für Fenster, Türen und Fassaden. Er erstellt Gutachten, berät und gibt Schulungen in konstruktiven und anwendungsspe­zifischen Bereichen von Fenstern, Türen, Glasfassaden, Bauanschlüssen und der Montage und Abdichtung. Er war jahrelang in der Produktion, Montage und Produk­tionsleitung in Fenterbauunternehmen in der Schweiz aktiv. Seit 2018 ist er Teil des Sachverständigen-​Teams bei www.fensterinform.ch

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    Sven Gallmann ist Sachverständiger für Fenster und ­Türen und lebt in der Grenzregion Deutschland/Schweiz.

    Foto: Sven Gallmann

    Sven Gallmann ist Sachverständiger für Fenster und ­Türen und lebt in der Grenzregion Deutschland/Schweiz.