Auch wenn Corona alles bislang Bekannte auf den Kopf gestellt hat, die Nachfrage nach Bauelementen boomte vor Corona und wird in bestimmten Märkten auch nach Corona weiter boomen. Trotzdem bleiben die Preise weiter unten. Ein unglaubliches Phänomen, das in der Branche für viel Kopfschütteln sorgt. Kaum eine andere Branche hat so viele Produzenten, was zu hohem Wettbewerb führt. Zudem kann jedes Produkt nur einmal pro Ausschnitt verbaut und damit verkauft werden. Die nächste Verkaufschance ergibt sich dann meist erst wieder in ein paar Jahrzehnten. Es ist kein Kampf um Anfragen – derer gibt es nach wie vor genügend – es ist ein Kampf um lukrative Aufträge.
Nun kann man viele gute Statistiken studieren, wie sich der Markt wohl entwickeln mag. Die für mich aussagekräftigste und einfachste ist die Entwicklung der Bevölkerung. Hierin sieht man was war, was ist und was kommen wird. Das ist keine Theorie, das ist Fakt. Man muss nur die Augen aufmachen und erkennen, was zu tun ist. Die Corona-Entwicklung wird dies noch weiter verstärken.
In den oberen Grafiken sieht man die Bevölkerung in Deutschland im Jahresvergleich 2000, 2020 und 2040. Links die Männer, rechts die Frauen. Die Linie quer durch alle Grafiken gibt die 55-Jährigen an. Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter, es gibt immer weniger Nachwuchs. Deutschland wird ein „altes“ Land werden. Was bedeutet das für jeden Produzenten und Verkäufer von Bauelementen und Sonnenschutz im Jahr 2020?
Die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe sind die 55-Jährigen. Diese haben sich in ihrem Leben selbst etwas aufgebaut und Vermögen angespart. Es gilt sicherlich nicht für jeden, jedoch grundsätzlich. Meist sind sie im Besitz eines eigenen Hauses, das über die Jahre auch schon abbezahlt ist. Vermögen ist also vorhanden. Diese Generation ist auch bereit, zu konsumieren und das Leben zu genießen, sie gönnen sich schöne Sachen. Die junge Generation hat das Geld wiederum schon ausgegeben, bevor sie es erwirtschaftet hat. Und die heute 80-jährigen haben das Geld noch gespart nach dem Motto „unseren Kindern soll es mal besser gehen“. Drei völlig unterschiedliche Ansichten vom Leben.
Die heute 55-Jährigen sind die Nutznießer und die erste Erbengeneration. Derzeit haben wir eine Gesundheitskrise, es wird höchstwahrscheinlich eine Wirtschaftskrise und dann eine Finanzkrise folgen. Diese vermögende Zielgruppe hat derzeit auch Angst. Angst, was mit ihrem Geld nach Corona passiert. Daher möchten sie ihr Geld sicher investiert wissen.
Die Generation der 55-jährigen bekommt über das eigene Vermögen hinaus weiter hohe Vermögenssumme vererbt. Diese Generation fühlt sich fit und gesund, sie will das Leben genießen, schöne Sachen haben und dafür auch bezahlen. Sie hat jedoch auf Eines keine Lust: auf Stress. Das heißt, wenn diese Generation konsumiert, erwartet sie auch eine hohe Qualität und Dienstleistung. Für die Bauelemente- und Sonnenschutzbranche ist diese Generation geradezu ideal, denn deren Häuser sind meist circa 30 Jahre alt und damit renovierungs-, ich nenne sie modernisierungsbedürftig. Alte Bauelemente und Sonnschutzanlagen müssen irgendwann durch neue getauscht werden. Die ganze Klimadebatte spielt der Branche darüber hinaus stark zu. Zudem ist diese Generation noch nicht so stark als Rabattjäger bekannt wie so manch jüngere Generation. Außerdem will man für schöne Dinge auch Geld ausgeben und sich Komfort leisten. Die Preissensibilität ist nicht so hoch, denn sie wollen vor allem, dass alles ohne Stress klappt und sind bereit dafür zu investieren.
Wenn diese Generation in neue Bauelemente oder Sonnenschutz investiert, machen sie es mit dem Bewusstsein, dass die Produkte ihnen ein schönes, komfortables Leben im Alter ermöglichen sollen. Die Covid-19-Thematik verstärkt diese Entwicklungen, weil sie ihr Geld gut und sicher investieren wollen. Alle diese Trends sprechen eine Sprache: die Modernisierungswelle steht nicht nur vor der Tür, sie wird in den nächsten Jahren gewaltig an Fahrt aufnehmen. Wer sich als Marktteilnehmer von diesem Riesenkuchen ein fettes Stück abschneiden will, sollte die Modernisierung schnellstmöglich in den Fokus nehmen.
Wer jedoch glaubt, heute noch Neubaugeschäft zu machen und morgen Modernisierung, der irrt. Es sind zwei völlig andere Geschäftsfelder. Sowohl Verkäufer, die nun höhere Preise statt Rabatte verkaufen müssen und Monteure, die dann in bewohnten Räumen arbeiten, müssen sich gewaltig umstellen. Oft funktioniert der Wechsel nur mit bestens geschulten oder neuen Mitarbeitern, womit wir beim Fachkräfteproblem sind. Darauf gehe ich im nächsten Teil der Bevölkerungsentwicklung ein.
Wie entwickelt sich der Neubaumarkt?
Konzentrieren wir uns nun im Folgenden auf die Generation der 25-30-Jährigen und damit insbesondere auf den Neubaumarkt. Wie wird diese Generation künftig leben wollen? Werden sie auch in einem großen Haus mit großem Grundstück, das sie am Wochenende hegen und pflegen müssen, leben wollen? Oder will diese Generation nicht lieber in Eigentums- oder Mietwohnungen leben, am Wochenende die Tür absperren und ohne Jemanden Rechenschaft ablegen oder informieren zu müssen, eine Städtereise, Kurzurlaub oder ihren sportlichen Aktivitäten nachgehen? Diese Generation will die Freiheit. Wer wird Wohnungen bauen, der Privatmann oder der Bauträger? Ganz klar, letzterer. Wird dieser bereits sein, in hohe Qualität zu investieren oder will er es lieber aus Renditegründen gut und günstig? Eher günstig. Schaut man sich diese Generation von der Bevölkerungszahl an, geht diese immer weiter zurück. Und damit logisch auch die Nachfrage. Selbst der Trend zum Singlehaushalt kann diesen bevölkerungsverursachten Nachfragerückgang nicht aufhalten. Und zu alledem kommt nun auch noch Corona mit allen ihren wirtschaftlichen Folgen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit hinzu. Diese Generation ist voll im Erwerbsleben eingebunden und diese unsicheren Zeiten lassen die Investitionsbereitschaft in ein neues Eigenheim stark reduzieren.
Das Neubaugeschäft wird also immer mehr von institutionellen Auftraggebern bestimmt werden. Bei der hohen Anzahl an Produzenten und Verkäufern, die um diesen Neubaumarkt kämpfen werden, ist klar, dass die Preise nicht hochkommen. Im Gegenteil, jeder wird den anderen unterbieten (müssen), um die Aufträge zu bekommen. Dies wird nach Corona noch weiter bestimmend sein. Mit der Folge, dass einer nach dem anderen – es sei denn er kann mit Masse seinen Markt behaupten – in die Knie geht. Liquiditätsschwache Billiganbieter, zumeist „Garagenbetriebe“ werden ihren Betrieb aufgeben. Eine lukrative Ausnahme im Neubau und damit eine interessante Zielgruppe sind diejenigen Architekten, die auf hochwertige Produkte spezialisiert sind. Corona zeigt uns ganz deutlich auf: nur finanz- und liquiditätsstarke Unternehmen werden überleben, indem sie sich Reserven aufbauen. Dies geht nur über ein entsprechend hohes Preisniveau.
Jedes Geschäftsfeld hat seine Berechtigung und seinen Markt. Jeder Marktteilnehmer sollte sich jedoch genau überlegen, in welchem Geschäftsfeld er sich positioniert und seine Marke weiter ausbaut. Noch haben alle genügend Anfragen und „ertrinken“ im Tagesgeschäft. Nach Corona werden gerade im Modernisierungsmarkt die Nachfragen weiter zulegen. Wirklich erfolgreich waren immer schon die Unternehmen, die in guten wie in schlechten Zeiten immer in die Zukunft investiert haben und sich und ihre Mitarbeiter auf diesem Weg mitgenommen haben. Nicht nur die eindeutige Entwicklung der Bevölkerung zeigt klar auf, wie sich Märkte verändern. Wer zudem die derzeitigen konjunkturellen Rückgangsmeldungen und wirtschaftlichen Folgen nach Corona nicht ernst nimmt, wird den Markt denjenigen überlassen, die sich richtig aufgestellt haben. Der Modernisierungsmarkt ist der Erfolgsgarant für hohe Abschlussquoten, lukrative Aufträge und damit endlich höhere Preise. Nur so, können auch Krisen erfolgreich gemeistert werden.
Im nächsten Teil der Serie befasse ich mich mit der Fachkräfteentwicklung. Und was sich da auftut, wird selbst die kühnsten Voraussagen noch weit übertreffen. Es wird höchste Zeit, dass eine ganze Branche endlich aufwacht! Es muss nur getan werden, gemäß meinem Motto „Mach es einfach, aber mach es einfach!“.