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Im Interview mit Klaus Gayko

„In Krisenzeiten zeigt sich der wahre Wert einer Partnerschaft!“

GLASWELT – Herr Gayko, wie geht es Ihnen und Ihrem Unternehmen?

Klaus Gayko – Uns geht es gut, wir sind alle gesund hier in Wilnsdorf. Ich bin jeden Tag in der Firma und wir haben einige Maßnahmen umgesetzt, um uns mit dieser Ausnahmesituation zu arrangieren.

GLASWELT – Wie stellt sich für Sie die aktuelle Geschäftslage dar? Und wie beurteilen Sie die aktuelle Auftragslage?

Gayko – Wir haben das letzte Jahr bereits erfolgreich abgeschlossen und sind mit einem guten Auftragspolster ins neue Jahr gestartet. Bis April konnten wir gegenüber dem Vorjahr ein zweistelliges Wachstum halten. Aber das kommt auch oder vor allem durch die erfolgreiche Marktbearbeitung unserer Fachbetriebe vor Ort.

GLASWELT – Das hört sich doch überraschend gut an – worauf führen Sie die erfreuliche Entwicklung zurück?

Gayko – Die ersten Anzeichen einer nachlassenden Nachfrage sind im Nichtwohnungsbau – also weniger in den Bereichen, in denen wir uns engagieren. Der private Wohnungsbau läuft nach wie vor sehr gut. Außerdem ist es doch so: Die eigenen vier Wände werden deutlich wichtiger, die Menschen sind jetzt zu Hause, die Montagebetriebe können also Termine wahrnehmen, Projekte können abgeschlossen werden. Auch unsere Fachbetriebe geben uns das Feedback, dass der Auftragseingang immer noch sehr hoch ist.

GLASWELT – Rechnen Sie für das laufende Geschäftsjahr mit einem sich abschwächenden Markt?

Gayko – Wir stellen fest: Die Ausstellungen unserer Fachbetriebe werden jetzt weniger von denjenigen frequentiert, die keinen dringenden Sanierungswunsch hegen. Aber die, die zu uns kommen, die wollen auch wirklich etwas bestellen. Die qualitative Nachfrage ist also stabil oder sogar noch höher. Außerdem wird es in der Gesellschaft zu einem Umdenken kommen: Wie und wo wir leben, wird wieder wichtiger werden. Die Shoppingtour oder der Urlaubs-Kurztrip verlieren an Bedeutung. Ich glaube an den funktionierenden Wohnungsbau als wichtige Stütze für die Gesellschaft.

GLASWELT – Glauben Sie, dass durch die zu erwartende Corona-­Rezession der Fensterabsatz mittelfristig zurückgehen wird?

Gayko – Wir haben in der Fensterbranche schon einige drastische Konjunktureinbrüche miterlebt und überlebt – beispielsweise der dramatische Nachfragerückgang nach dem Aufschwung Ost im Zuge der Wiedervereinigung. Natürlich müssen wir uns auf Rückschläge einstellen, aber es gibt auch Gegenargumente und Chancen – beispielsweise, dass die Menschen jetzt wieder verstärkt in ihre eigene Immobilie investieren werden. Auch an unseren Schulen und in den vielen anderen öffentlichen Gebäuden ist ein riesiges Modernisierungspotenzial vorhanden. Außerdem fehlen nach wie vor bezahlbare Mietwohnungen.

GLASWELT – Glauben Sie an eine fortschreitende Marktkonzentration?

Gayko – Gerade in der Krise werden es die Unternehmen schwer haben, die auf die untere Preisschiene setzen oder nur über eine dünne Kapital­decke verfügen.

GLASWELT – Gayko hat sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht mit innovativen und besonders sicheren Produkten. Jetzt zeigt sich, dass die Einbruchszahlen stark rückläufig sind und auch in Corona-Zeiten die Langfinger die Lust am Einbruch verlieren. Ist Ihnen ein Verkaufsargument abhandengekommen?

Gayko – Das sehe ich komplett anders, denn in der Statistik sind zwar die vollzogenen Einbrüche rückläufig, aber die Einbruchsversuche sind nach wie vor auf sehr hohem Niveau. Es ist also ganz wichtig, den Endkunden die Möglichkeiten der Sicherheitsaspekte zu vermitteln.

GLASWELT – Funktioniert der Mehrwertverkauf in der Branche? Welche weiteren Mehrwert-Themen werden bei Ihnen besonders erfolgreich vermarktet?

Gayko – Die Weiterentwicklungen und die Innovationen am Fenster werden von uns als Branche und auch über den Verband immer noch nicht hinreichend kommuniziert. Viele Endkunden wissen gar nicht, wie gravierend sich die Elemente verbessert haben und was alles mit Fenstern und Türen möglich ist. Wer kauft heute noch ein nacktes Auto ohne auf den Zubehörkatalog zuzugreifen? Beim Fenster ist es genauso: Die Möglichkeiten der Aufwertung eines nackten Fensters sind schier grenzenlos. Das ist übrigens auch unser Erfolgsrezept und wir leben nicht nur von der Sicherheitsthematik – auch das Design wird für die Endkunden immer wichtiger. So verkaufen wir sehr erfolgreich unsere EDS-Optik mit einem Anteil von über 25 Prozent. (Anm. d. Red.: EDS = Eckdesign beim Kunststofffenster, das an die handwerkliche Verzapfungstechnik von Holzfenstern erinnert, siehe Bild). Wir können auch einen immer höheren Anteil an Hebe-Schiebe-Türen verzeichnen.

GLASWELT – Woher kommt Ihrer Meinung nach die unzureichende Vorteilskommunikation für das Produkt Fenster im Markt?

Gayko – In Deutschland fehlen die großen Leader. Der Fenstermarkt ist auf eine Vielzahl von Herstellern zersplittert. Viele sehen nicht die Chancen und Möglichkeiten für eine werthaltige Vermarktung oder sind dazu nicht in der Lage. Das führt dazu, dass überwiegend über den Preis argumentiert wird. Ein unausweichlicher Konzentrationsprozess kann dazu führen, dass sich diese bestehende Situation aber in den nächsten Jahren ändern wird.

GLASWELT – Schlägt jetzt in Corona-Zeiten die Stunde des Online-Vertriebs von Bauelementen? Geben Sie Ihren Fachhändlern Unterstützung in Sachen lokales Online-Marketing?

Gayko – Der Fachbetrieb muss sich digitaler aufstellen und natürlich auch in seinem regionalen Umfeld über eine entsprechende Online-Reichweite verfügen. Wir werden unseren Fachbetrieben kreative Lösungsansätze zum Thema Fenster und Haustüren vorschlagen. Es gilt aber: Für ein gutes und erfolgreiches Verkaufs- und Beratungsgespräch brauche ich den persönlichen Kontakt zum Kunden.

GLASWELT – Die Fenstermontage ist – zwar eingeschränkt aber dennoch – durchführbar. Was hören Sie von Ihren Abnehmern, wie diese die Montage in den heutigen schwierigen Zeiten organisiert haben?

Gayko – Die Fachbetriebe haben sich mittlerweile auf die veränderten Umstände eingestellt. Beispielsweise starten die Monteure jetzt in kleineren Einheiten, Montagekolonnen organisieren sich zu unterschiedlichen Zeiten, sodass sich diese intern nicht mehr begegnen. Erstaunlicherweise haben wir fast keine Projekt-Verschiebungen durch diese Maßnahmen bei unseren Fachbetrieben zu ­verzeichnen.

GLASWELT – Ist die Corona-Krise auch eine Chance, dass der Personalaufwand in der Montage jetzt noch stärker in den Fokus gerückt wird?

Gayko – Nicht nur die Montagearbeiten sind wichtig, sondern die komplette Serviceleistung, die die Hälfte der Gesamtleistung ausmacht. Leider ist festzustellen, dass dieses Gesamtpaket häufig unter Wert verkauft wird. Als Beispiele möchte ich Ihnen hier die Beratung, das Angebot, die Projektierung, das Aufmaß, die Logistik und die Gewährleistungsthematik benennen. Es ist unsere Aufgabe, als Hersteller und auch als Fachbetrieb diesen Service deutlich zu machen und auch zu beziffern – sonst werden Fenster in Zukunft über Amazon und Co verkauft und wir sind nur noch produzierende Zulieferer. Wir dürfen uns diesen Leistungsvorsprung nicht nehmen lassen.

Das Gayko Hybrid-Fenster mit der Aluminum-Vorsatzschale besticht durch das exklusive Eckdesign, das an die handwerkliche Verzapfungstechnik von Holzfenstern oder -türen erinnert.

Foto: Gayko

Das Gayko Hybrid-Fenster mit der Aluminum-Vorsatzschale besticht durch das exklusive Eckdesign, das an die handwerkliche Verzapfungstechnik von Holzfenstern oder -türen erinnert.

GLASWELT – Sie richten sich rund um Wilnsdorf auch direkt an Endkunden. Welche aktuellen Erfahrungen konnten Sie hier sammeln?

Gayko – Wir haben auch hier eine gute Resonanz, unsere Erfahrungen sind durchweg positiv. Die Endkunden, die uns besuchen, haben konkrete Kaufabsichten. Sie sind am Produkt, an der Herstellung und seinen Leistungen sehr interessiert. Unsere Mitarbeiter erkennen diese Chance und nehmen sich die Zeit, Produkte und Dienstleistung zu erläutern – mit Erfolg.

GLASWELT – Ihre Produktion in Wilnsdorf wurde jetzt auf einen 2-Schicht-Betrieb umgestellt?

Gayko – Wir haben schon vor der Krise in der Fertigung und Logistik aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation Personal aufgestockt. Als der Lockdown begann, konnten wir schnell auf den 2-Schicht-Betrieb umstellen. Der Aufbau der Personaldecke kommt uns also bei der Umstellung zugute: Unsere Produktionszahlen haben sich entsprechend erhöht. Dennoch sind wir auch in der Lage, gegebenenfalls flexibel auf eine neue Marktsituation zu reagieren.

GLASWELT – Gibt es Präferenzen innerhalb der Belegschaft bei den Schichtmodellen?

Gayko – Die Frühschicht wird eigentlich bevorzugt. Aber dadurch, dass jetzt auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Hause die Kinder-Betreuung organisieren müssen, gibt es ebenso viele Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen, die die Spätschicht bevorzugen. Wir sehen also ein Umdenken, das sich vielleicht auch über die Krisenzeiten hinweg auswirken kann.

GLASWELT – Sie hatten demnach auch keine Produktionsausfälle zu verzeichnen und waren immer voll lieferfähig?

Gayko – Das ist ein weiterer wichtiger Aspekt, den Sie ansprechen. Es kommen zu uns Neu- und Bestandskunden, denen die Lieferanten anderer Produktsegmente aus dem Ausland ausgefallen sind. Wir konnten einspringen und diese Kunden noch enger an uns binden. In Krisenzeiten zeigt sich schließlich der wahre Wert einer Partnerschaft. Übrigens gilt das auch für unsere Zulieferer: Diese haben uns in keiner Phase enttäuscht und sind immer voll lieferfähig.

GLASWELT – Apropos Zulieferer: Wie zufrieden sind Sie mit der Performance Ihrer produktbestimmenden Systemlieferanten?

Gayko – Wir sind froh, dass wir mit den bedeutendsten Systemlieferanten der Branche zusammenarbeiten und sind im engen Austausch mit den Entwicklungsabteilungen der angesprochenen Häuser. Auch wir als Hersteller machen uns Gedanken um Alleinstellungsmerkmale. Das war uns in der Vergangenheit immer wichtig und da werden Sie in nächster Zeit sicher noch mehr von uns hören. Schließlich haben wir bei Gayko das Kunststofffenster nicht erfunden, aber wir haben das Beste daraus gemacht. Und diesem Motto wollen wir auch in Zukunft gerecht werden. Wir müssen dem Fenster eine Wertigkeit geben und diese auch kommunizieren. Das gilt übrigens nicht nur für uns, sondern für viele andere Fensterbauer in Deutschland auch. Wichtig ist doch, dass wir nicht über den Preis argumentieren, sondern über tolle, sehr schöne und anspruchsvolle Fenster und Türen. Wie wollen wir denn sonst weiter ausbilden und gute Leute für unsere Branche gewinnen? Ich kann doch nur Qualität erzeugen, wenn ich auch Qualität bezahle.

GLASWELT – Ein schönes Schlusswort, Herr Gayko. Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Chefredakteur Daniel Mund per Telefon am 6. Mai.

Hochmoderne Fensterproduktion auf 22 000 m² in Wilnsdorf. In den letzten Jahren wurde viel in die Fensterproduktionstechnik investiert. Aktuell wurde auf einen 2-Schicht-Betrieb umgestellt.

Foto: Daniel Mund / GLASWELT

Hochmoderne Fensterproduktion auf 22 000 m² in Wilnsdorf. In den letzten Jahren wurde viel in die Fensterproduktionstechnik investiert. Aktuell wurde auf einen 2-Schicht-Betrieb umgestellt.

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