GLASWELT – Helmut Hilzinger, mit welchen Gedanken blicken Sie auf die Zukunft des Fensterbaus?
Helmut Hilzinger – Wir müssen eines sehen: Wir kommen von einem Niveau, wo es uns allen richtig gut ging. Es gibt ja sogar Betriebe, die reduzieren die Arbeitszeiten auf 30 Stunden für das gleiche Geld. Aber die jetzige Situation mit der Inflation und dem schlimmen Krieg wird vieles verändern und uns allen auch am Geldbeutel spüren lassen. Wir werden eine Krise erleben, das wird auch hart für die Branche. Aber ich bin sehr zuversichtlich, daß wir als Unternehmen Hilzinger gut aus der Krise hervorgehen. Wir haben die Kraft, das Know-how, das Personal und die finanziellen Mittel.
Roman Hilzinger – Unsere Auftragssituation ist nach wie vor sehr positiv – sowohl im Objekt- als auch im Privatkundengeschäft. Im Fachhandelsgeschäft stellen sich jetzt die Auftragshorizonte etwas kurzfristiger dar. Im Objektgeschäft setzen unsere Kunden jetzt verstärkt auf Einsparungsmaßnahmen, da kommt es auch auf unsere Beratungsleistungen an. Schon im Angebotsbereich steigen wir dann ganz tief in diese Materie ein – um kostengünstige Lösungen zu entwickeln.
GLASWELT – Wie stellt sich denn die aktuelle Situation in Ihren Kernmärkten dar?
Helmut Hilzinger – Wir werden in diesem Jahr in allen Märkten unser schon gutes letztes Jahr im Umsatz noch mal toppen. Wir steigern auch jetzt noch aktuell die Umsätze des Vorjahres.
Wir haben die Kraft, das Know-how, das Personal und die finanziellen Mittel.
Foto: Daniel Mund / GLASWELT
Glaswelt – Helmut Hilzinger, haben Sie als junger Mann eine Idee gehabt, den Familienbetrieb so zu formen, wie er sich jetzt darstellt?
Helmut Hilzinger – Nein, überhaupt nicht. Ich hatte keine Agenda. Mir hat auch niemand gesagt, wie es weitergehen sollte. Ich hatte nie vor, 20 Produktionsstätten zu integrieren. Es war eine Entwicklung, die für mich als Ein-Mann-Betrieb begonnen hat und sich so ergeben hat. Ich wusste anfangs nur, dass ich als Holzfensterhersteller wenig Chancen habe. Wir haben damals unser Geld eher mit Bestattungen verdient als mit Holzfenster.
Glaswelt – Wie sind Sie dann damals auf das Kunststofffenster gekommen?
Helmut Hilzinger – Auf einer Messe in den 1970er Jahren habe ich ein mit Aluminium verstärktes Kunststofffensterprofil entdeckt. Diese Kombination hat mich nicht mehr losgelassen und so bin ich zum Kunststofffenster-Produzenten geworden. Wir hatten damals eine gebrauchte Einkopf-Schweißmaschine angeschafft. Mit wenig Aufwand konnte man in die PVC-Fensterfertigung einsteigen. Ich habe meinen Vater etwas überrumpelt, aber unsere Kunststoff-Fenster waren von Anfang an ein Verkaufsschlager.
Glaswelt – Wie ging es dann weiter?
Helmut Hilzinger – … mit kontinuierlichem Wachstum. 1989 hatten wir 13 Mitarbeiter, haben einen Umsatz von 1,7 Mio. DM gemacht, dabei 1,9 Mio. DM investiert. Unsere Mühen – auch die Einsätze an den Wochenenden – haben uns immer Spaß gemacht, denn nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Wir haben das Geld immer belassen, wo es verdient wird und nichts aus dem Unternehmen herausgezogen. So haben wir heute eine sehr stattliche Eigenkapitalquote.
Ich musste eigene Dinge ausprobieren, eigene Themen entwickeln,
um auch eine Welt jenseits des Familienunternehmens kennenzulernen.Foto: Daniel Mund / GLASWELT
Glaswelt – Und wann fingen Sie an, andere Betriebe zu übernehmen?
Helmut Hilzinger – Unser erster Produktionsbetrieb jenseits von Willstätt war in Angermünde am Speckgürtel von Berlin, weil wir auch in den neuen Bundesländern ein Standbein etablieren wollten. Dann haben wir einen insolventen Betrieb in Rendsburg übernommen, dieser wurde uns vom Profilgeber KBE vermittelt. Uns so hat ein Schritt den nächsten ergeben.
Glaswelt – Wie schnell konnten Sie die übernommenen Betriebe auf Vordermann bringen?
Helmut Hilzinger – Die Betriebe haben alle schon nach einem Jahr unter dem Dach der Hilzinger-Gruppe schwarze Zahlen geschrieben.
Glaswelt – Mittlerweile übernimmt die Gruppe aber auch Unternehmen – wie Walter Fenster aus Kassel – die kerngesund dastehen.
Helmut Hilzinger – Solche hochprofitablen Unternehmen wurden in der Vergangenheit nicht an uns herangetragen. Die Brüder Walter kamen auf uns zu, um die Zukunft ihres Unternehmens zu sichern. Ihnen fehlte ein Nachfolger im eigenen Familienumfeld. Im Übrigen erlebe ich das immer häufiger, dass Unternehmer aufgrund fehlender Nachfolgeperspektive bei uns anrufen und rechtzeitig ihr Unternehmen veräußern möchten.
Glaswelt – Roman Hilzinger, wieviel Respekt haben Sie vor so einer geballten Kompetenz und Lebensleistung wie bei Ihrem Vater?
Roman Hilzinger – Der Respekt ist sehr groß. Seit ich denken kann, kenne ich meinen Vater als Unternehmer und weiß, wie oft er in den Urlauben da war, wieviel Zeit wir gemeinsam hatten. Diese Zeit war rar. Unsere Mutter hat einen großen Anteil an diesem Erfolg, sie hat die Familie zusammengehalten. Wir haben im Unternehmen die Verantwortlichkeiten auf viele Schultern verteilt, das braucht es auch in einem Unternehmen dieser Größenordnung mit ca. 1350 Mitarbeitern. Es ist aber auch eine Freude, gemeinsam mit allen, diesen Erfolg zu sichern – wir sind alle nur so gut, wenn jeder Einzelne mit anpackt. Und wir haben bei dieser Größe auch die Möglichkeiten, auf Weiterbildungs- und Entwicklungswünsche einzugehen. Wir geben unseren Beschäftigten Möglichkeiten und Raum, sich intern im Unternehmen zu entwickeln und zu verwirklichen. Es gibt bei uns z. B. leitende Angestellte im IT-Bereich, die ursprünglich in der Produktion tätig waren.
Helmut Hilzinger – Das war mir auch immer wichtig, Menschen das Vertrauen zu geben – beispielsweise auch durch die Besetzung des erweiterten Geschäftsleitungskreises.
GLASWELT – Roman Hilzinger, sehr früh schon sind Sie zur Unternehmensgruppe dazugestoßen, zwischenzeitlich haben Sie aber auch etwas völlig anderes angefangen. Können Sie unseren Lesern ihre Vita kurz erläutern.
Roman Hilzinger – Nach meiner Ausbildung zum Meister des Handwerks habe ich als 21-jähriger für die Hilzinger Unternehmensgruppe den 2013 übernommenen Betrieb FBS Over in Köln geleitet. Trotzdem wollte ich auch etwas in Bezug auf meiner zweiten Leidenschaft, dem Sport, aufbauen, um für mich herauszufinden, welchen Weg ich einschlagen will.
GLASWELT – Sie wurden dann Golf-Trainer?
Roman Hilzinger – Ja genau. Es hat mir viel Spaß gemacht und ich konnte meine Kompetenzen erweitern: Speziell was das Thema Menschenführung, Empathie und Kompetenzförderung angeht. In der Förderung von Mitarbeitern sehe ich viel Potenzial, vorhandene Stärken weiterzuentwickeln und andererseits zu erkennen, in welchen Bereichen sich Menschen überfordert fühlen. Sportförderung und Unternehmergeist hat viel miteinander gemeinsam.
GLASWELT – Was hat Sie dann dazu bewogen, nach sechs Jahren wieder zurückzukommen?
Roman Hilzinger – Die Hilzinger Unternehmensgruppe hat mich schon immer fasziniert – es war nur bisher quasi in Stein gemeißelt, dass ich einmal ein Teil dessen sein werde. Darum musste ich eigene Dinge ausprobieren, eigene Themen entwickeln, um auch eine Welt jenseits des Familienunternehmens kennenzulernen. Jetzt erkenne ich, wie bedeutungsvoll es ist, in einem Familien-Unternehmen mitwirken zu können, dass sich mit der Herstellung und Vermarktung von Fenstern und Türen beschäftigt. Das Fundament, was mein Vater hier geschaffen hat, ist fantastisch. Hier sehe ich auch eine tolle Perspektive für mich persönlich.
GLASWELT – Wie sind Sie dann im Unternehmen bei Ihrer Rückkehr aufgenommen worden?
Roman Hilzinger – Es war für mich wichtig, die Akzeptanz und den Respekt innerhalb der Belegschaft zu gewinnen, aber das Feedback bei meiner Rückkehr hier im Unternehmen war großartig. Ich habe mich dann auf die Herausforderung in unserer Objektabteilung gestürzt – denn hier werden in sehr hohem Maße Kunden-Ansprüche umgesetzt. Alles was heute in größtmöglicher Komplexität stattfindet, findet in der Objektabteilung statt. So war der Einstieg ins Unternehmen knackig, aber wir haben in der Abteilung ein tolles Team und verfügen über extrem viel Know-how. Schließlich durfte ich in diesem Jahr als vierter Geschäftsführer neben Christian Bandle, Jens Busse und meinem Vater die Leitungsarbeit an der Unternehmensspitze aufnehmen. Jetzt verantworte ich den Objektvertrieb und in einem weiteren Schritt das Qualitätsmanagement.
Helmut Hilzinger – Roman Hilzinger ist jetzt schon tief im Objektgeschäft, viel besser als ich. Ich bin da richtig stolz auf ihn. Ich sage immer, dass er nicht allzu große Erwartungen an sich selber stellen muss. Aber er ist ehrgeizig.
Roman Hilzinger – In zwei Feldern möchte ich mir eine hohe Expertise aneignen: Das ist das technische und das kaufmännische Thema, das sind die Bausteine, die das Fundament bilden.
Helmut Hilzinger – Das fachliche ist das eine, aber wichtig als Unternehmen sind auch die zwischenmenschlichen Kompetenzen, das ist noch nie so wichtig gewesen wie heute. Erfolg geht nur gemeinsam, Erfolg kann man nicht diktieren.
GLASWELT – Was ist mit Ihren Brüdern, Herr Hilzinger? Sind diese auch im Familienunternehmen tätig?
Roman Hilzinger – Mein Bruder Jörg ist im Versand im Logistik Center und macht dort einen tollen Job. Mein Bruder Armin ist im Marketing unterwegs, dazu passt auch seine Passion, die Fotografie. Er konnte seine Kompetenz bereits anlässlich unserer digitalen Hausmesse unter Beweis stellen.
GLASWELT – Ganz anderes Thema: Schon immer haben Sie gefordert, dass Fenster und Türen am Bau besser geschützt werden müssen. Jetzt kommt Bewegung in die Sache, auch der Verband und das ift empfehlen die Vorabzarge. Für wie erfolgreich halten Sie diese Entwicklung – auch angesichts der Preisentwicklung am Bau?
Helmut Hilzinger – Es muss allen ein Anliegen sein, unsere Leistung am Bau besser zu schützen, ob mit Vorabzarge oder mit Einbauelementen, die als in sich geschlossene Einheit vom Fensterhersteller bzw. Anbieter direkt an die Baustelle geliefert werden. Im Objektgeschäft testen wir dieses Komplettsystem aktuell intensiv. Die Vorabzarge ist ebenso wichtig, es passt ja keiner mehr auf das andere Gewerk auf. Deshalb wäre es einfach schön, wenn wir mit dem hochwertigen Fenster erst dann auf die Baustelle kommen, wenn alle Schmutz verursachenden Gewerke ihre Arbeiten erledigt haben.
Roman Hilzinger – Wir versprechen uns auch viel vom modularen Bauen, z. B. mit dem Windowment – auch schon aus Gewichtsgründen: Unsere schweren Elemente kann niemand mehr ohne Hilfsmittel vertragen und im Rohbau stehen die Kräne parat. Dazu kommt der besondere Gewerkeschutz, den ich so noch nie gesehen habe: Die Elemente werden schon im Werk perfekt eingepackt. Die Anschlussleibungsarbeiten, die der Gipser auch nicht gerne macht, sind auch schon erledigt. Leider sind wir aber aktuell in einer Phase, wo die Baukosten explodieren, da sind Zusatzkosten erstmal schwierig zu vermitteln.
GLASWELT – Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund
So tickt die hilzinger Gruppe
Die Unternehmensgruppe Hilzinger zählt mit einem kumulierten Umsatz von 235 Mio. Euro in 2021 zu den führenden Herstellern Europas. Mit Schwerpunkt in Deutschland, Frankreich und Tschechien produziert und verkauft man an europaweit 43 Standorten (davon 20 Produktionsstandorte) Fenster und Türen. Zu den Kunden zählt überwiegend der Fachhandel in Deutschland, der Schweiz und dem benachbarten Europa sowie die Bau- und Wohnungswirtschaft. ca. 1350 Menschen sind in der Unternehmensgruppe beschäftigt.