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Im Interview mit Andrea Konrad, Febatec

Mission: Den Absturz verhindern (II)

Glaswelt – Brauchen Stahl- und Aluminiumgeländer eine Zulassung oder ein Prüfzeugnis?

Andrea Konrad – Ein allgemein bauaufsichtliches Prüfzeugnis kann für diese Bauprodukte nicht beantragt werden, da dafür keine anerkannten Prüfverfahren festgelegt wurden. Vielmehr sind diese tragenden Bauteile aus Stahl oder Aluminium den Metallprodukten, die Nutzlasten abzutragen haben, zuzuordnen und daher nach DIN EN 1090-2 und -3 herzustellen sowie mit einem Ü-Zeichen zu kennzeichnen. Wenn der Hersteller Schweißverfahren einsetzt, muss er zusätzlich auch nach der Norm DIN EN 1090-1 zertifiziert und fremdüberwacht sein. Würden diese Produkte von dieser Norm ganz oder erheblich abweichen, wäre eine allgemein bauaufsichtliche ­Zulassung oder Zustimmung im Einzelfall nötig.

Glaswelt – Lassen sich absturzsichernde Geländer und Verglasungen auch nachträglich ­anbringen?

Konrad – b

Glaswelt – Sie versprechen, dass der Fix Max von Ihnen Geländer hält – in welchem Umfang kann er das?

Konrad – Er kann das mit den Zuglasttragfähigkeits- und Querlasttragfähigkeitswerten, die in unserer allgemein bauaufsichtlichen Zulassung angegeben sind. Dies sind die Werte, mit ­denen ein Statiker den erforderlichen Standsicherheitsnachweis erstellen kann. Wir bereiten gerade ­eine Typenstatik für unsere Befestigungssysteme vor, mit der sich dies dann ganz schnell ermitteln lässt. Von dem Gutachter für die Zulassung gab es die Vorgabe, dass höchstens eine Verformung von 3 mm erfolgen darf. Dies wurde mit umfangreichen Prüfungen an verschiedenen Profilarten ermittelt. Hier wurden anschließend erhebliche Korrekturabzüge vorgenommen, da die tatsächliche Zugtrag­fähigkeit der bei der Prüfung verwendeten Stahlarmierung mit den Mindestvorgaben laut Eurocode ins Verhältnis gesetzt wurden.

Die am Markt bekannten Standard-Prüfberichte, bei denen lediglich die tatsächlichen ­Auszugskräfte ermittelt werden, sind daher mit den Prüfungen, die für eine Zulassung gefordert werden, nicht vergleichbar. Die Korrekturwerte sind hier sehr viel höher und geben ­daher auch mehr Sicherheit bei der Anwendung für die ­Bemessung.

Zusätzlich wurde dann auch noch ermittelt, bei welchen Kräften die Befestigung beschädigt wurde und die Vorgaben der ETB-Richtlinie für den Personen-Anprall erfüllt wurden. Jede unserer Befestigungen konnte diese Prüfvorgaben in vollem Umfang erfüllen.

Glaswelt – Ihre zugelassenen Befestigungen erfüllen die Anforderungen der Technischen Baubestimmungen. Müssen Hersteller, welche diese Befestigungen verarbeiten wollen, dadurch einen Kompromiss eingehen?

Konrad – Nein, ganz im Gegenteil. Hersteller, ­welche unsere zugelassenen Befestigungen verwenden, haben auch in der Montage einen ­großen Vorteil. Bei der Verwendung unserer Befestigungssysteme benötigt man nur eine sehr geringe Anzahl von Befestigungspunkten. Wir haben jetzt auch mit unseren Glasgeländern neue Stoßfestigkeitsprüfungen vornehmen lassen und benötigen bis zu einer Breite von 2000 mm nur vier Befestigungen pro Geländer. Außerdem haben wir umfangreiche Lösungen für die Montage mit Rollladenprofilen und können viele weitere Sonderfälle abdecken. Dadurch, dass unsere Befestigungen bereits im Werk angebracht werden können, kann der Montageablauf deutlich koordinierter ablaufen, als dies auf der Baustelle möglich wäre. Somit wird nicht nur die Arbeitszeit für den Anwender reduziert, sondern es wird auch das Risiko für Fehler und Reklamationen gesenkt. Natürlich kann man unsere Befestigungen auch jederzeit auf der Baustelle montieren. Aufgrund der geringen Anzahl von Befestigungspunkten sowie mit einfachen Bohrschablonen und Spezialwerkzeug funktioniert dies auch sehr schnell und präzise. Unsere Befestigungen lösen also an mehreren Stellen Probleme, wodurch Nerven geschont und Kosten reduziert werden.

Glaswelt – Glasbrüstung oder vorgesetzte Geländer – welche Ausführung ist einfacher, welche Ausführung liegt im Trend?

Konrad – Das ist natürlich definitiv Geschmackssache und auch eine Preisfrage. Bei Glasgeländern liegen jedoch auf jeden Fall die seitlich l­inienförmig gehaltenen Konstruktionen im Trend. Die Ausführungen mit Punkthaltern oder Klemm-Befestigungen sind hier mittlerweile eher „out“. Bei unseren Kunden ist die Variante der fertig verglasten ­Glasgeländer sehr beliebt. Man kann sich das Geländer entweder fertig verglast bestellen oder selbst werkseitig fertig verglast zusammenbauen. Dem Kunden entstehen dadurch erhebliche Montagevorteile vor Ort und es reduziert zum Beispiel mögliche Glasbeschädigungen erheblich. Ein Geländer kann so in ca. 2–5 Minuten an die eingebrachten Befestigungen montiert werden, im Vergleich zu ca. 20–30 Minuten, wenn es vor Ort erst aus den Einzelteilen zusammengesetzt werden muss.

Bei den vorgesetzten Geländern werden vor allem bei den modernen Gebäuden Aluminium-Geländer aufgrund der schöneren und glatteren Oberfläche immer mehr den traditionellen Stahlgeländern vorgezogen. Wenn man mit verschraubten Konstruktionen arbeitet, sieht man hier auch keine Schweißnähte. Aluminiumgeländer sind außerdem leichter und daher schneller zu montieren. Mittlerweile sind sie auch günstiger als Stahlgeländer, falls diese mit dem aufwendigen Duplex-Verfahren beschichtet werden, welches jedoch zum Qualitätsstandard bei Stahlgeländern zählt.

Glaswelt – Herzlichen Dank für Ihre Informationen, Frau Konrad!

Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.

Bei Glasgeländern liegen die seitlich l­inienförmig ­gehaltenen Konstruktionen im Trend.

Foto: Febatec

Bei Glasgeländern liegen die seitlich l­inienförmig ­gehaltenen Konstruktionen im Trend.

Was gilt denn nun bei (Glas-) Geländern?

Die Normenreihe DIN EN 1090 ist eine harmonisierte Normenreihe für Tragwerke aus Stahl und Aluminium. Ursprünglich waren Geländer und Treppen auch ­dieser Norm zugeordnet und daher galt für diese Bauteile, dass sie gemäß der Bauproduktenverordnung nur CE-gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden durften. Laut Meinung der europäischen Kommission sind Geländer und Treppen, die nicht zur tragenden Funktion des Gebäudes beitragen, seit ca. 2016 nicht mehr den Tragwerken und der EN 1090-1 zuzuordnen.
Somit dürfen diese Produkte nicht mehr anhand einer CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden. Die Herstellung nach DIN EN 1090-2
bzw. -3 ist jedoch auch für diese Bauteile Grund­lage geblieben und muss durch eine qualifizierte werkseigene Produktionskontrolle sichergestellt werden. Nach Überarbeitung der MVV TB (Abschnitt C.2.4.7.1 und C.2.4.7.2, sowie Anlagen C 2.4.14 und 2.4.15), welche als Grundlage für die meisten Landesbauordnungen verwendet wird, werden sie nun als vorgefertigte lastabtragende ­Bauteile aus Stahl und/oder ­Aluminium, die nicht von DIN EN 1090-1 erfasst sind, bezeichnet und benötigen eine Übereinstimmungserklärung des Herstellers (Ü-Zeichen). Betriebe, die diese Art von ­Bauteilen schweißen, benötigen außerdem einen geeigneten ­Eignungsnachweis, in der Regel ist das ein Schweißzertifikat in Verbindung mit einer zertifizierten und fremdüberwachten WPK. Für andere Herstellungsverfahren ist eine Fremdüberwachung nicht unbedingt nötig, laut den Fachleuten aber sehr empfehlenswert. Daher wird den ausschreibenden Stellen empfohlen, diese Forderung in Ausschreibungstexten einzubinden.

Dies betrifft auch die Haltekonstruktionen von ­absturzsichernden Glasgeländern. Der ­Anwender ­eines allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses muss ­dokumentieren, dass die Haltekonstruktion nach diesen Vorgaben hergestellt ist und das Ü-­Zeichen besitzt.

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