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Im Gespräch mit Reiner Oberacker

„Früher war die Kundschaft nicht so kritisch“

Glaswelt – Herr Oberacker, wie viel ­Bera­­­t­­ungs­kontakte haben Sie in ihrer Tätigkeit seit 1981 durchgeführt?

Reiner Oberacker – Gezählt habe ich sie alle natürlich nicht – aber seit einigen Jahren erfassen wir diese Anzahl und kommen auf rund 500 pro Jahr. In den 31 Jahren meiner Tätigkeit ist da also einiges zusammengekommen.

Glaswelt – Und mit welchen Fragen sind Sie am häufigsten konfrontiert worden?

Oberacker – Gerade in den letzen Monaten und Jahren geht es den Unternehmen oft darum, Kunden mit den richtigen Argumenten ­Paroli ­bieten zu können. Es werden immer häufiger Leistungen hinterfragt und reklamiert. Fragen zur Betriebsorganisation und -konzeption und wirtschaftliche Belange wurden früher viel häufiger gestellt. Heute steht die Beratung zu technischen Details im Vordergrund.

Glaswelt – Wer zahlt, wenn er Sie anruft und wer bekommt die Beratungsleistung gratis?

Oberacker – Generell sieht der Fachverband Glas, Fenster, Fassade Baden-Württemberg die Beratung als wichtige ergänzende Dienstleistung für seine Mitglieder. Dementsprechend können diese auch ein gewisses Beratungs-Zeitkontingent kostenfrei für sich beanspruchen. Aber auch andere Personenkreise können den Beratungsdienst mit gleicher Kompetenz und gleichem Engagement in Anspruch nehmen – über eine kostenpflichtige Telefon-Hotline oder entsprechende ­kostenpflichtige schriftliche Stellung­nahmen.

Glaswelt – Gibt es ein Highlight, auf das Sie gerne zurückblicken?

Oberacker – Da gibt es viele. 1999 beispielsweise konnten wir durch einen Einspruch bei der Ausgestaltung der DIN V ENV 1627 erreichen, dass nicht nur ­fremdüberwachte Betriebe einbruchhemmende Fenster anbieten können. Wir einigten uns auf den Konsens, dass die Fremd­über­wachung auf freiwilliger Basis möglich ist. Auch die gewerkeübergreifende Erarbeitung der gemeinsamen Richtline „Anschlüsse an Fenster und Rollläden bei Putz, WDVS und Trockenbau“ war etwas besonderes.

Glaswelt – War das Fenstermachen früher leichter – war früher alles besser?

Oberacker – Blickt man zurück, kann man ­sagen, dass sich vor allem die Kundschaft verändert hat. Die waren früher nicht so kritisch und weniger gut informiert. Das hat sich geändert und bringt sicherlich auch einige Probleme mit sich. Was die Konstruktionen angeht: Früher gab es Regeln und Normen, die genau beschrieben hatten, wie das Produkt auszusehen hat. Heute ist man hier deutlich freier geworden, weil die Normen nur mehr Leitlinien darstellen. Es werden also Leistungsanforderungen definiert und weniger Konstruktionen beschrieben. Das ist positiv zu bewerten und lässt mehr Gestaltungsspielräume bei den Konstruktionen zu.

Glaswelt – Was ist für Sie das Fenster der ­Zukunft?

Oberacker – Meiner Meinung nach sind wir da schon recht weit – was die Energieeffizienz ­angeht. Ein Fenster mit 3-fach-ISO, warmer Kante und einem Rahmen-U-Wert um 1,0 W/m2K stellt ein recht hohes Niveau dar, das in Zukunft wohl nur noch marginal verbessert werden kann. Was das Holzfenster angeht: die 68-Rahmendicke hat ausgedient und auch die 78 mm Rahmen werden irgendwann nicht mehr ausreichend sein, um auch multifunktionale Bestandteile wie z.B. Absturzsicherung und ­Beschattungsfunktionen integrieren zu können.

Glaswelt – Vom Hersteller zum Händler – ­sehen Sie diesen Trend bei den kleineren Fensterbetrieben als unaufhaltsam?

Oberacker – Dieser Trend ist schon über 20 Jahre in Gang. Betriebe schließen ihre eigene Produktion, weil diese so wirtschaftlich nicht mehr konkurrenzfähig sind. Nach der Umwandlung zum Fachhändler haben mir viele Unternehmer ­gesagt, dass sie jetzt wieder Geld verdienen würden. Der Trend „vom Hersteller zum Händler“ wurde übrigens auch durch die Einführung der CE-Kennzeichnungspflicht nicht verstärkt. Schließlich ist die Beachtung der Produktnorm DIN EN 14351-1 auch kein Hexenwerk – die Verbände bieten doch mit Ihrem CE plus ein offenes System an, das konkrete technische Beschreibungen und ­Nachweise parat hält.

Glaswelt – Haben Sie den Vorstoß von Ihrem Nachfolger Manfred Weber zum Energielabel für Fenster mit begleitet, stehen Sie dahinter?

Oberacker – Ja sicher. Die Zielgruppe, also die Verbraucher in Deutschland, im Besonderen Fachunkundige, Altbau-Renovierer und Bauherren ohne Architektenvertretung brauchen aussagekräftige Qualitätsdifferenzierungen durch eindeutige und vergleichbare Kennzeichnungen der Netto-Energieverbräuche nach Energieeffizienzklassen von Bauelementen durch den Hersteller. Auf die Bewertung der Kühlenergieeffizienz wurde in dem Modell bewusst verzichtet. Schließlich werden Gebäude mit Kühl­energiebedarf in aller Regel von Ingenieuren geplant, berechnet und detailliert ausgeschrieben. Die brauchen keine Kennzeichnung zur Kaufentscheidung. Vor ­allem das unterscheidet unser Energielabel von dem aus Rosenheim. Anfänglich hat das ja für ein wenig Aufruhr gesorgt – nach einigen Gesprächen mit dem ift sind die Wogen wieder als deutlich geglättet zu bezeichnen.

Glaswelt – Welches Fenster ist Ihnen persönlich lieber – eines aus Holz oder eines aus ­Kunststoff?

Oberacker – Klar ist: Jeder Werkstoff hat seine Berechtigung und mittlerweile werden die Werkstoffe ja auch schon kräftig miteinander gemischt. Insgeheim bin ich aber ein „Hölzener“. Zum Beispiel habe ich gerade in meinem Wintergarten Holz-Alu-Fenster eingebaut.

Glaswelt – Was wünschen Sie der Branche für die Zukunft

Oberacker – Vor allem wünsche ich meinem Nachfolger, Manfred Weber, alles Gute und ich selbst bin froh, dass die Nachfolgefrage so gut gelöst werden konnte. Für die Branche sehe ich eine gute Zukunft – ein gutes Fenster wird auch künftig seine Kunden finden und wenn man es richtig anstellt, wird man für das Produkt immer einen auskömmlichen Lohn erhalten.

Glaswelt – Was werden Sie am meisten ­vermissen?

Oberacker – Die Beziehungen zu den Kollegen im Haus und zu vielen Betrieben sind mir sehr ans Herz gewachsen. Das gilt auch für die persönlichen Kontakte im ­Beraternetzwerk und mit anderen Sachverständigen. Die Möglichkeit, Fensterbauern neue Wege aufzuzeigen und Probleme wegzuräumen, war eine sehr befriedigende ­Tätigkeit.

Glaswelt – Was werden Sie nach Ihrer Pensionierung machen? Was sind Ihre persönlichen ­Interessen?

Oberacker – Ich freue mich, dass ich jetzt viel mehr Zeit mit meinen Enkeln verbringen kann. Daneben steht bei mir zu Hause noch ein Dachausbau an. Gleichzeitig habe ich geplant, mich ehrenamtlich als Nachhilfelehrer für Haupt- und Realschüler zu engagieren. Auch würde ich gerne mein Wissen im Meisterkurs noch einige Zeit weitergeben. ­—

Herr Oberacker, wir danken für dieses Interview und wünschen Ihnen für Ihre Zeit als Pensionär alles Gute!

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