Die Eigenschaften des Klebstoffes und der Klebung können grob wie nachfolgend eingeteilt werden:
- Eigenschaften für die Dauerhaftigkeit der Klebung
- Konstruktive Eigenschaften der Klebung
- Eigenschaften für die Verarbeitung des Klebstoffes im Fertigungsprozess.
In Bezug auf die Fertigung müssen die Klebstoffe möglichst gut auf den gewünschten Produktionsablauf abgestimmt werden. Meist ist es nicht möglich, ohne zusätzliche Investitionen in die Applikationsanlagen verschiedene Klebstoffsysteme zu verarbeiten. Auch sind unter Umständen bei unterschiedlichen Klebstoffen verschiedene Vorbehandlungen der Substrate notwendig, was bei automatisierten Anlagen zu teuren Anpassungen führen kann.
In Bezug auf die konstruktiven Eigenschaften (Statik) können unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Eine Aussteifung in Scheibenebene kann möglicherweise auch mit einem relativ elastischen Klebstoff erreicht werden (z.B. bei einer Falzgrundklebung). Die durch den Klebeverbund verbesserte Steifigkeit einer Stulpmittelpartie (Durchbiegung senkrecht zur Scheibenebene) kann aber durch einen steifen Klebstoff positiv beeinflusst werden. So kann ein steifer Klebeverbund in dem einen Fenstersystem notwendig sein, in einem anderen Fall aber unter Umständen unnötig oder sogar unerwünscht.
In Bezug auf die Dauerhaftigkeit sind viele Parameter zu berücksichtigen: An erster Stelle muss die Lage der Klebefuge innerhalb der Fensterkonstruktion berücksichtigt werden. So ist z.B. bei einer Klebung auf der Glasposition 4 (Bild 6) in der Regel nicht mit stehendem Wasser zu rechnen. Auch sind die auftretenden Temperaturspitzen wesentlich geringer als bei einer Klebung auf Position 1 oder 2 (Bild 6). Ähnlich verhält es sich mit der UV-Beständigkeit. Eine Klebung im Falzgrund kann durchaus auch mit einem Klebstoff ausgeführt werden, der nicht voll UV-beständig ist.
In Bild 5 sind die heute im Fensterbau eingesetzten Klebstoffgruppen aufgeführt. Die Leistungsmerkmale dieser Klebstoffe unterscheiden sich zum Teil stark. Auch innerhalb der gleichen Gruppen sind breite Spektren möglich. Entsprechend können Klebstoffe kaum ausgewählt werden, solange die Fensterkonstruktion nicht in den Grundzügen bekannt ist.
Fazit: Klebstoff ist auch im Fensterbau nicht gleich Klebstoff. Eine sorgfältige Auswahl hinsichtlich der notwendigen Eigenschaften ist unerlässlich und ist integrierender Bestandteil im Entwicklungsprozess eines neuen Fenstersystems.
Das neue Fenster
Wie kann die Fertigung für das geklebte Fenster aussehen?
- <b>Vollautomatische Fertigung</b>
Der Verglasungsvorgang lässt sich für die geklebten Systeme in vollautomatische Fertigungssysteme einfügen. Von der Längenoptimierung beim Einsatz verleimter Kanteln über die Profilbearbeitung, Rahmenherstellung, Oberflächenbehandlung und Bestückung mit Beschlägen bis zum Verglasungsprozess durch Klebung bietet die Maschinenindustrie Komplettlösungen an. Die Linie muss abgestimmt sein auf die Konstruktion und das jeweilige Klebesystem, das zum Einsatz kommen soll. Man geht beispielsweise in der Holzfensterfertigung von einer Kapazität von bis zu 400 Fenstern am Tag aus, einen absolut reibungslosen Ablauf vorausgesetzt.
- <b>Automatisierung des Verglasungsprozesses</b>
Neben der Extremlösung, der vollautomatischen Linie, sind auch Teillösungen möglich. An einen herkömmlichen Fertigungsprozess angefügt, werden Flügelrahmen und Isolierglas systematisch zur Verfügung gestellt und nur der Klebeprozess und die Positionierung des Glases werden von der Maschine übernommen. Voraussetzung ist allerdings auch hier – wie für die oben beschriebene große Lösung – eine weitgehend staubfreie Umgebung. Ein separater Raum für Lagerung des Isolierglases, der zu klebenden Flügelrahmen und für die Klebestation, der frei ist von störenden Einflüssen, ist auch hier Voraussetzung. Als störende Einflüsse können beispielsweise Ausgasungen aus anderen Chemikalien, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Luftfeuchten genannt werden.
- <b>Handwerkliche Auftragsmethoden</b>
Die typische handwerkliche Auftragsmethode mit Kartusche und Auspresspistole hat sich im Versuch nicht bewährt. Die Einflüsse auf die Verarbeitungsqualität bezüglich Gleichmäßigkeit der Auftragsmenge und der Auftragsform entsprechen nicht den optischen und technischen Ansprüchen an die Klebung. Eine händisch betriebene Führung einer automatischen Dosiervorrichtung ist denkbar, erfordert jedoch sehr gut eingearbeitetes Personal.
Alle beschriebenen Methoden haben gemeinsam, dass ein Qualitätssicherungssystem notwendig ist. Eine regelmäßige Überprüfung z.B. der Haftflächen, des Mischbildes des Klebstoffs und die Haftzugeigenschaften nach Aushärtung sollten Gegenstand der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) sein. Eine Anpassung der Reaktionszeiten auf Umgebungstemperatur und -feuchte bei empfindlichen Klebesystemen muss ein automatisiertes Auftragssystem enthalten.
Was ist bei den Zulieferprodukten zu beachten?
Mehrscheiben-Isolierglas: Je nach konstruktiver Ausbildung des Fensterflügels kommt im Randverbund des Mehrscheiben-Isolierglases eine tragende Klebung zum Einsatz oder die Randverbundklebung hat nur abdichtende Aufgaben. Dargestellt sind die verschiedenen Varianten (Bild 3) dieses Beitrages. Wird eine tragende Klebung im Randverbund angesetzt, so gelten für die Auswahl der Klebstoffe und die Dimensionierung der Höhe des Randverbundes die Vorgaben aus EN 13022-1. Bereits bei Bestellung muss der Isolierglaslieferant wissen, wie sein Produkt im Anschluss weiterverarbeitet wird.
Was bedeutet dies für das jeweilige System?
In dem in Bild 6 dargestellten Beispiel muss die Randverbundklebung dauerhaft das Eigengewicht der äußeren Glasscheibe aufnehmen. Die Funktion des Isolierglases (Dichtigkeit gegen Gasverlust und Wassereintritt) darf nicht unter der Dauerlast leiden. Das bedeutet, dass der äußere Dichtstoff des Isolierglases geeignet sein muss, erhöhte Temperaturlasten, je nach Exposition, erhöhte UV-Strahlung und Umwelteinflüsse schadfrei aufzunehmen. Das Kriechverhalten des Klebstoffs bei erhöhten Temperaturen muss nachgewiesen sein.
Die Höhe h der äußeren Klebefuge muss aufgrund der auftretenden Lasten, die auf die Klebung einwirken, berechnet werden.
Weitere Produkte: Als Beispiel werden hier angrenzende Dichtmaterialien genannt, wie das in Bild 6 dargestellte Abdichtungsmaterial auf der Raumseite, aber auch andere wie Abdeckprofile, Glasauflager, Wetterversiegelungen, Reinigungsmittel oder Ähnliches. Diese Produkte müssen mit den tragenden Klebstoffen verträglich sein. Ein häufiger Lieferanten- und/oder Materialwechsel ist nur mit zusätzlichem Aufwand möglich.
Wie muss die Qualitätssicherung ergänzt werden?
Der Fensterflügel mit geklebter Verglasung ist Teil eines Fensters, das nach europäischer Produktnorm CE-gekennzeichnet werden muss. Da Fenster der Nachweisstufe 3 unterliegen, muss eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) durchgeführt werden. Die Verglasungstechnik weicht hier von den gültigen technischen Richtlinien ab. Die Klebung wird im Fertigungsprozess als eigenständiger Fertigungsgang betrachtet. Hilfestellung zur Einführung einer WPK für den Klebevorgang kommt von verschiedenen Seiten:
- Vorgaben bezüglich des Klebstoffs und seiner Verarbeitung werden vom Klebstoff-Hersteller geliefert.
- EN 13022-2, Verglasungsvorschriften für geklebte Verglasungen, gibt Hilfestellung in Form von Checklisten, gegliedert in Wareneingangskontrolle, Montage und Fertigprodukt.
- In einer geplanten Erweiterung des vorliegenden Richtlinienentwurfs werden ebenfalls Vorschläge für eine Qualitätssicherung und Produktzertifizierung von geklebten Verglasungen und für ein in die Fertigung integriertes QM-System enthalten sein.
Welche baurechtlichen Vorgaben bestehen?
Die baurechtlichen Vorgaben sind je nach Land sehr unterschiedlich. In Bild 7 sind die Vorgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz gegenübergestellt.
Schaffung einer Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme
Das ift Rosenheim hat gemeinsam mit der Holzforschung Austria und der SH Biel – aufbauend auf den bisherigen Forschungsergebnissen und Erfahrungen – den Versuch unternommen, eine Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme zu schaffen. Diese gliedert sich einerseits in den Nachweis der Verklebungsqualität und andererseits in den Nachweis für das gesamte Fenstersystem. Diesen ersten Entwurf wollen die beteiligten Institute der Branche zur Diskussion zur Verfügung stellen. Nach Abschluss dieses Diskussionsprozesses sollte diese Richtlinie veröffentlicht werden und einen ersten Nachweis der Eignung von verklebten Verglasungssystemen im Fensterbau darstellen.|
! Autor
Karin Lieb, Dipl.-Ing. (FH), ist seit Juni 2005 stellvertretende Leiterin der akkreditierten Prüfstelle für Glasprodukte am ift Rosenheim.
Klaus Peter Schober, Dipl.-HTL-Ing., arbeitet unter anderem in zahlreichen nationalen und internationalen Normenausschüssen, ist Mitarbeiter der Holzforschung Austria sowie Lehrbeauftragter an der TU Wien.
Urs Uehlinger, Dipl.-HTL-Ing. ist Leiter der Forschungseinheit Product Engineering an der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau in Biel. Forschungsschwerpunkte: Fenster, Türen, Bauelemente, Möbel.