Um halb elf Uhr nutzten zahlreiche Messebesucher die Möglichkeit, vom GLASWELT Stand in Halle 5 aus auf Innovationsjagd zu gehen. Die angesteuerten Messestände und die dort präsentierten Themen: Bei Lohmann ging es um doppelseitige Klebebänder, bei Glassresq um effektive Verfahren zur Scheibensanierung, alles zur Holzbearbeitung war bei Homag in Erfahrung zu bringen, eine biegesteife Rahmenecke T-Joint konnte man bei Knapp vorstellen und bei Orgadata gab es Erläuterungen zum digitalen Werkzeug Datasafe.
Eine Glasüberdachung ohne Kopfbänder
Dabei intensivierte sich das Geschehen spürbar, je länger die Summer Edition der FENSTERBAU FRONTALE 2022 dauerte. Spätestens ab dem zweiten Messetag wurden die Gruppengrößen deutlich größer. So sprach Elisabeth Kerschdorfer-Knapp vom gleichnamigen Unternehmen und Spezialisten für unsichtbare Profilleistenverbinder erfreut davon, „dass die Gruppe am Ende doch so groß“ war und dankte Guide „Reinhold Kober und der GLASWELT für diese neue Möglichkeit eines Stand-Vortrags“. Den hielt bei der Knapp Key Account und Experte für Fenster und Fassade Matthias Flex. Dem Zeitfenster angemessen konzentrierte er sich auf zwei zentrale Punkte. „Stellen Sie sich vor, Sie haben eine moderne Glasüberdachung und wollen keine Kopfbänder und Querverstrebungen sehen.“ Mit diesen Worten stellte er die neue Produktlinie T-Joint für die biegesteife Rahmenecke vor. Als weitere wichtige Neuheit informierte er zum Verbindungssystem für Glasleisten. Die bewährte FIXclip-Schiene vereine die beiden Anforderungen Abdichtung und Befestigung in einem Arbeitsgang. Die Lösung wird vollkommen unsichtbar verbaut, zudem schützt sie die Profilleisten vor Beschädigungen. „Nun gibt es“, erklärte Flex den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Guided Tours, „die neue, kleine Größe der FIXclip-Schiene GLE17 für einen Glaseinstand ab 13 mm.“ Wie relevant die jeweiligen Präsentationen für die Gruppe war? Die Antwort unisono: „Sehr interessant.“
Keine Zettelwirtschaft, keine dicken Ordner
Das traf genauso auf die Präsentation von Sebastian Bode am Nachbarstand der GLASWELT in Halle 5 zu. Beim Big-Player der Software-Scene erklärte der Product Marketing Manager, welches neue digitale Werkzeug das Systemhaus der Fensterbranche mit Datasafe an die Hand gibt. „Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Die Scheibe eines Fensters geht zu Bruch. Im Normalfall müssten jetzt Größe und weitere Eigenschaften des Glases aufwendig ermittelt werden. Mit Datasafe läuft die Bestandsaufnahme anders – einfach anders: Der zuvor an Fenstern, Türen und Fassaden angebrachte QR-Code führt nach dem Scan zu sämtlichen gewünschten Details hinsichtlich Größe, Glas, Profil, Farbe des Elements.“ Dadurch entsteht die oft beschworene Durchgängigkeit der zur Verfügung gestellten Daten, das sorgt für Transparenz und eine signifikant schnellere Reaktionsfähigkeit, wenn es um die Themen Wartung und Reparatur geht. Das hat auch einen strategischen Aspekt für viele Fensterbaubetriebe: Gerade, weil die ausgelieferten Elemente in Hinblick auf die produzierte Qualität noch immer für die Einhaltung des Nutzerversprechens teils über Jahrzehnte stehen, sind Wartungsverträge ein probates Kundenbindungsinstrument. Wenn es dann darum geht, den Anstrich des wertigen Holzfensters zu erneuern, verrät der Scan, welche Spezifikationen die eingesetzten Pflegeprodukte aufweisen.
Aber bei der Digitalisierung geht es ebenso um die Vermeidung bürokratischer Inkommoditäten. Denn der Fensterproduzent wird in die Lage versetzt, sämtliche verpflichtenden Begleitpapiere wie zum Beispiel die CE-Kennzeichnung digital und rechtssicher mit auszuliefern. Keine Zettelwirtschaft, keine dicken Ordner – ein einfacher Scan und der Kunde überzeugt sich davon, dass alles dokumentiert vorliegt, wie es sein soll. Das sorgt für konsistente Verlässlichkeit und der Anwender kann sich dem widmen, womit er sein Geld verdient: dem Produkt und dem Kunden.
Das sorgt für Vertrauen und gibt dem Kunden ein gutes Gefühl. Papierlos liegen dann natürlich auch die Dokumente vor, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sein müssen, die aber bei späteren Recherchen wichtig sind: Einbauzeichnungen, Wartungsschreiben, Kabelpläne und vieles mehr. Die Teilnehmer fanden insofern Gefallen an den von Sebastian Bode präsentierten Möglichkeiten, die Smartphones wurden gezückt und annähernd jeder bzw. jede in der Gruppe scannte den QR-Code am ausgestellten Exponat.
Kratzer im Glas: Instandsetzen statt Ersetzen
Am Stand des Schweizer Unternehmens Glassresq erläuterte Geschäftsführer Dominic Dür ein Verfahren, um bei Transport, Einbau oder in der Nutzung entstandene, unschöne Kratzer zu entfernen. Erfahrungswerte liegen vor für Float, VSG, TVG, ESG oder Polycarbonatglas. Anwendungen sind Schaufenster, Fassadengläser, Windschutzscheiben genauso wie generell Fensterscheiben. Dabei lautet der Claim ‚Instandsetzen statt Ersetzen‘. Glassresq führt für diese Herangehensweise Zeitersparnis und mehr Schonung für die Umwelt als Argumente an – verschiedene Kratzertypen wie (Engels-)Haarkratzer lassen sich entfernen, erst ab einer Größe von 0,0015 Millimeter sind Oberflächenbeeinträchtigungen gegen einen dunklen Hintergrund überhaupt sichtbar. Verschieden starke Kratzer lassen sich dann auch irgendwann fühlen, bis hin zu Schürfungen oder dann vorsätzlichem Scratching, wie es bei vorsätzlich herbeigeführter Sachbeschädigung auftritt; jedenfalls werden die schadhaften Stellen schnell auch optisch zur Beeinträchtigung – immerhin sprechen wir über anspruchsvolle Architekturprojekte mit hohen Erwartungen an die Ästhetik und Anmutung. Die Referenzen am Stand von Glassresq in Halle 6 waren jedenfalls eindrucksvoll – aber wie funktioniert das Verfahren zur Beseitigung der Schäden?
Die Sanierungsmethode sieht eine regelrechte plastische Verformung der Glasoberfläche vor („Fließvorgang“), statt abrasiv Material abzutragen. Bei einer Arbeitstemperatur von 400 Grad Celsius verdampft die Feuchtigkeit des kristallgebundenen Wassers, Karbonate und Sulfate zerfallen, es kommt zu chemischen Reaktionen der Alkalien. Aber keine Sorge: Die so genannte Durchsetzungstemperatur der bearbeiteten Glasfläche bleibt unter 60° C. ESG lasse sich einfacher und schneller als Float bearbeiten, gerade auch in Hinblick auf die Spannungen im Randbereich.
Das Spannende während der an drei aufeinanderfolgenden Tagen abgehaltenen Guided Tours war vor allem der Umstand, dass die Teilnehmer sich mehr oder minder live ein Bild vom Sanierungserfolg machen konnten. Während Dür das Verfahren erklärte, legte im Hintergrund sein Kollege Sven Handschuh los – und nachdem sich die Gruppe durch dann doch teils rappelvolle Gänge nach der nächsten Station wieder auf den Rückweg machte, war alles bereit, um das Ergebnis der bis zu 20-minütigen Scheibenreparatur zu begutachten. Fazit: Das Verfahren, dessen Anwendung laut Glassresq um bis zu 90 Prozent günstiger als der Scheibentausch ist, hilft wirksam, die Folgen von Funkenflug, Steinschlag oder bösartigem Vandalismus zu entfernen.
Schlussendlich machten sich die Teilnehmer der GLASWELT Tour – unter ihnen technischer Leiter Jan Eiermann und Dozent für Glas-, Fenster- und Fassadentechnik Andreas Richter vom Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg (GFF BW) – zudem ein Bild von Easywrap, einer Vorrichtung, welche Glasoberflächen bereits im Vorwege vor den aufgeführten Beschädigungen schützen soll.
1.001 Möglichkeiten am Messestand
Doch ehe die Gruppe das Ergebnis bei Glassresq in Augenschein nahm, wartete am Stand von Homag in Halle 10 Michael Mosner, Technical Sales Support, darauf, die Besucherinnen und Besucher an der so genannten SmartBox mit den Möglichkeiten der sog. Grundkonfiguration vertraut zu machen, um mit einem auf das jeweilige Fertigungsportfolio abgestimmten Maschinenkonzept die Wahl der richtigen Maschine sicherzustellen. Dazu dienen zielgenaue Fragen und im Prozess erhobene Daten, Mosner und am Guided Tours-Donnerstag dann Volker Schmieder (bei Homag Leiter der CNC-Fensterfertigung) erklärten in ihren Präsentationen sämtliche Komponenten eines möglichen Produktionslayouts. Dabei trat offen zutage, dass Holzbearbeitungsspezialist Homag auch im variantenreichen Fensterbau die richtigen Antworten in petto hat – bis hin zu unterschiedlichen Fenstertypen, abweichender Glasleistenproduktion und mehreren zur Wahl stehenden Eckverbindungen.
Genau für diese branchenspezifischen Spezialisten erwies sich die SmartBox als geeignetes Visualisierungsinstrument, da sich nie für jede Fertigung / jeden Kunden die passgenaue Maschine im Showroom oder auf dem Messestand findet. „Wir wollen unseren Verarbeitern in 3D die für sie relevanten Unterschiede, Ausführungen und Auswirkungen darstellen – auf Basis dieser gemeinsam erstellten Konstellation lässt sich dann ein Angebot stellen bzw. machen konkrete Prüfungen der Möglichkeiten Sinn.“ Dazu biete Homag die Option, mit einem weiteren Tool namens Individual Visual Planing (IVP), die konfigurierte Maschine direkt in das vorhandene Hallenlayout zu integrieren – um so den Wertefluss des Fertigungsbetriebs zu optimieren. Auf Wunsch erhält der Kunde die gemeinsam erarbeitete Konfiguration direkt vom Messestand aus per Email zugestellt und hat so eine Grundlage für alle weiteren Überlegungen.
Scheibenverklebung sorgt für schlanke Flügelprofile
Wie eine kleine Komponente, wie ein doppelseitiges Klebeband, zusätzliche Funktionen hinsichtlich Statik und allen weiteren, bekannten Vorteilen der Glasverklebung ins Fensterelement bringt, präsentierte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Stand von Lohmann Harald Krämer, Senior Market Manager Industrial Segment (BU Technical Products). Was das Unternehmen gerade beim Kleben auf lackierten Holzoberflächen beitrug, zeigt die gemeinsam mit Remmers und Otto-Chemie erarbeitete ift-Richtlinie VE-08/4 „Geklebte Verglasungssysteme“, die schlussendlich Holzfensterbauern bei Verwendung der entsprechenden Lösungen Verfahrensvorteile bescherte. Nun laufen weitere Gespräche mit einem Lackhersteller – sofern die Zertifizierung vorliegt, verbreiterte sich auch das Anwendungsspektrum.
Dabei legt Krämer auf Nachfrage Wert darauf, dass die von Lohmann entwickelten Lösungen stets auch das zu ertüchtigende Element in der Sanierung im Blick behielten. Am Stand zeigte er den Damen und Herren der Guided Tours eine Fensterecke eines Systems von Gutmann, um zu illustrieren, dass nur mit dem doppelseitigen Klebeband Einbruchhemmung gemäß RC2 erreichbar sei. Abgesehen von der Optik, durch die aussteifende Funktion der Bänder ließen sich schmalere Rahmengeometrien produzieren, was dem Anspruch nach eleganteren Ansichtsbreiten entspreche, ohne Zugeständnisse an Sicherheit, Wärmedämmung etc. zu machen.
Am Ende waren die Guided Tours, die am zweiten Tag Carolin Kober von der Book Your Video GmbH & Co. KG mit der Filmkamera begleitete, ein perfektes Match: Aussteller, die wirklich etwas mitzuteilen hatten, nutzen die Gelegenheit, die ihnen die GLASWELT bot – um Interessenten aus den Zielgruppen am Stand zu informieren und als Dreingabe gut gemachte Videos von ihren Präsentationen, auf Wunsch auch noch in englischer Sprache bzw. mit englischen Untertiteln zu erhalten.