GLASWELT: Herr Maurović, wie gut ist das Unternehmen Gealan Fenster-Systeme bislang durch die Krisen-Phase gekommen?
Ivica Maurović: Vor Corona lief für uns alles nach Plan. Wir hatten ein starkes erstes Quartal 2020 verzeichnet. Dann kam der Shutdown, den auch wir deutlich zu spüren bekamen: im April und Mai mussten wir einen zweistelligen Umsatzrückgang hinnehmen. Vor allem in den Ländern, in denen die Wirtschaft durch Corona komplett heruntergefahren wurde wie Italien, Spanien oder Frankreich, war der Umsatzeinbruch natürlich enorm. In Deutschland hingegen sind die Zahlen recht stabil geblieben. Mit dem Juni hatten wir dieses Tief bereits hinter uns lassen können. Seitdem entwickeln wir uns sogar besser als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Für Ende September 2020 bedeutet das, dass wir hier leicht über Vorjahresniveau liegen. Das liegt vor allem daran, dass wir trotz Corona-Einschränkungen in einigen Märkten teils deutlich besser unterwegs waren und immer noch sind als 2019. Vor allem in Deutschland und Niederlande steht die Fensterindustrie weiterhin sehr gut da. Und damit auch viele unserer Kunden.
GLASWELT: Was waren vor Corona die Ziele für dieses Jahr, haben Sie die Planzahlen an die Pandemie angepasst?
Maurović: Für 2020 war ursprünglich ein moderates Wachstum von 5% eingeplant. Wir haben die Lage nach dem Ausbruch der Pandemie immer genau beobachtet, die Märkte und Entwicklungen in ganz Europa zusammen mit unseren Kollegen aus dem Bereich Vertrieb wöchentlich analysiert. Wir sind auf Sicht gefahren, haben immer wieder notwendige Maßnahmen getroffen und natürlich unser Budget an die neuen Realitäten angepasst.
Selbstverständlich haben wir Unternehmensziele für 2020 ausgegeben, die sich in Zahlen messen lassen, aber in unserer Unternehmensstrategie sind auch übergeordnete Ziele definiert. Diese sind Mitarbeiterzufriedenheit, Wachstum, Innovation und Effizienz. Der Fokus bei Gealan liegt vor allem auch darauf, zufriedene Mitarbeiter zu haben. An der Stelle möchte ich ganz besonders unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken. Sie sind für uns die zentrale Säule unseres Unternehmens und waren auch in den schwierigen Monaten immer unser Rückgrat. Selbst in der Zeit, als wir in Kurzarbeit gehen mussten, konnten sich alle unsere Kunden auf den gewohnten Service verlassen. Gealan hat in dieser Zeit das Kurzarbeitergeld aufgestockt, zudem eine Mitarbeiterprämie ausgelobt, um den Kolleginnen und Kollegen zu zeigen, wie wichtig sie für unser Unternehmen sind und dass wir ihre Arbeit jederzeit wertschätzen.
Dann wollen wir mit der Entwicklung von innovativen, hochwertigen Produkten wachsen. Unser Hauptaugenmerk lag und liegt für 2020 darauf, unsere Systemplattform S 9000 – ein vielseitiges und hochmodernes Kombi-System für Fenster, Türen und Hebe-Schiebetüren - in allen relevanten Märkten zu stärken und auszubauen. Unser Ziel ist es weiterhin, uns als Vorreiter im seit Jahrzehnten bewährten Farbgebungsverfahren acrylcolor zu positionieren, das Kunststofffenster langlebig veredelt und schützt. Und unsere Kompetenzen bei verschiedenen Klebe-und Schaumtechnologien noch mehr in den Fokus zu rücken.
Und zu unseren übergreifenden Zielen gehört, durch eine weitere Digitalisierung von Prozessen und eine weitere Automation in der Produktion noch effizienter zu werden. Effizienz bedeutet für uns darüber hinaus die verantwortungsvolle Nutzung von Ressourcen - und das schon seit Jahrzehnten. Denn Nachhaltigkeit ist für uns kein Modewort, sondern wird bei Gealan als Grundsatz gesehen, gehört praktisch zu unserer DNA. Gealan setzt Ökostrom ein, recycelt Fensterprofile. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Wir haben mit unserer Mission und Vision, in der diese Ziele formuliert sind, klare strategische Eckpunkte, die unser Handeln leiten. Auch in der Krise haben wir diese immer im Auge behalten, und das hat sich bewährt. Deswegen entwickeln wir uns, was diese strategischen Ziele angeht, sogar besser als erwartet.
GLASWELT: Können Sie uns die spezifische wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Regionen darstellen?
Maurović: Was wir beobachten können, ist, dass sich die Fensterindustrie in Europa in den letzten Monaten unterschiedlich entwickelt hat: auf der einen Seite stehen die sehr guten Entwicklungen in Deutschland oder in den Niederlanden. In Südost-Europa zeigen sich die Märkte trotz Corona recht stabil. Vor allem eine steigende Zahl an Renovierungen im Vergleich zum Vorjahr hat dazu beigetragen, dass sich einige Länder besser in der Krise behaupten konnten und können. Dem gegenüber haben wir aktuell rückläufige Marktentwicklungen etwa in Italien, Spanien oder Frankreich.
GLASWELT: Allen Systemgebern fehlen in diesem Jahr die Messe-Plattformen, um auf das eigene Unternehmen, die Produkte und den Service aufmerksam zu machen. Wie kompensieren Sie diese besonderen Umstände? Wie gehen Sie künftig mit Blick auf 2021 damit um?
Maurović: Natürlich war es schade, dass im März durch die Absage der Fensterbau Frontale keine Innovationen und Trends gezeigt werden konnten. Auch die Messe BAU Anfang 2021 findet aufgrund der Corona-Einschränkungen und -bedenken nicht als Präsenzmesse statt, sondern nur als abgespeckte Hybrid-Messe. Dort werden wir aber nicht teilnehmen. Wir haben schon im August 2020 die Entscheidung getroffen, unser etabliertes Internationales Zukunftsforum im Januar 2021 erstmals als digitale Veranstaltung auf eine virtuelle Bühne zu bringen. Das heißt, wir stellen unsere eigene digitale Präsentations-, Diskussions- und Netzwerk-Plattform auf die Beine. Die Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren. Dazu haben wir vor wenigen Wochen unsere neue Unternehmens-Webseite präsentiert. Sie wird die Basis für unsere digitale Kommunikation sein, die wir in 2021 noch verstärken werden. Und auch unsere Gealan Academy ist inzwischen digital geworden, die Kollegen haben schon zahlreiche Schulungen für unsere Kunden, Architekten und andere Branchenpartner veranstaltet. Das zeigt, dass es immer weiter geht, dass man immer neue Wege finden kann und muss – und wir da sehr gerne mit vorangehen.
GLASWELT: Was sind die wichtigen Gealan-Themen aktuell? Ist es vielleicht das neu entwickelte Lüftungsportfolio Caire?
Maurović: Die dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist ein absoluter Trend, den wir schon vor mehreren Jahren erkannt haben. Gerade durch Covid-19 ist das Thema plötzlich aktueller denn je geworden. Denn richtiges und effektives Lüften hilft nicht mehr nur, einem möglichen Schimmelbefall in den Räumen vorzubeugen, sondern sorgt auch noch für frische, mit weniger Erregern belastete Raumluft. Gerade in diesen Zeiten sollten wir alle noch sensibler werden, mit solchen innovativen Lüftungssystemen auf unsere Gesundheit zu achten. Dafür haben wir mit der Caire-Systemfamilie ein Produktportfolio für nahezu jede Raumsituation geschaffen. Egal, ob Sie sich lieber für ein passives Lüftungssystem wie Gealan-Caire flex entscheiden oder Sie eine aktive Lüftung mit Wärmerückgewinnung bevorzugen, die, wie unser Gealan-Caire smart, direkt sichtbar oder unsichtbar am Fenster verbaut wird. Sie sehen, wir gehen in allen Themen mit der Zeit.