Der diesjährige Fenster-Türen-Treff der Holzforschung Austria im Kurort Baden (bei Wien) barg mehr Tagesaktualität, als manchem lieb sein konnte: Der Wirtschafts-Spezialist Dr. Stephan Schulmeister verglich in seinen Ausführungen die Bemühungen zur Rettung der Euro-Krise mit einem Aufenthalt im Spielcasino.
Vorab ging es jedoch um das Thema Montage: Für die HFA trat Peter Schober an das Pult. Er ging auf ein aktuelles Forschungsprojekt ein, das sich mit dem Diffusions- und Konvektionsverhalten im Fensteranschluss beschäftigte. Dabei wurden unterschiedliche Fensteranschluss-Ausführungen im Differenzklima untersucht. Das Resümee ließ erstaunen: In den Versuchsreihen konnten keine Unterschiede hinsichtlich des Diffusionsverhaltens einzelner Abdichtungsmaterialien bestimmt werden. Selbst bei Fugenausführung ohne innenseitige diffusionsdichte Abklebung kam es zu keiner Überschreitung der maximal erlaubten Holzfeuchte und zu Kondensatausfall – sofern der Einbau ordnungsgemäß dicht und die Fuge vollständig mit Dichtstoff ausgefüllt, ohne Hohlräume ausgeführt waren. Sobald die Fuge jedoch undichte Stellen aufweise, käme es zu unzulässigen Feuchteansammlungen infolge von Konvektion. Schlussendlich sei eine innenseitige luftdichte Abklebung aus strömungstechnischer Sicht zu empfehlen, aus diffusionstechnischer Sicht aber nicht zwingend erforderlich.
Die Fragen aus dem Auditorium ließen nach seinen Ausführungen nicht lange auf sich warten: Ob Schaum ausreichend dicht im Sinne der Regelwerke sei? Die Antwort lautete „Nein“, man müsse das Fenster verankern, die Fuge vollständig ausschäumen, innen abdichten und außen auf einen regendichten Anschuss zum Baukörper achten. Um auf der sicheren Seite zu sein, hätten sich viele in der Branche für Lösungen mit „Hosenträger und Gürtel“ durchgerungen, so Schober. Dies bedeutet, dass einerseits ein ordnungsgemäßer Anschluss zum Baukörper hergestellt wird und zusätzlich die äußere wasserführende Ebene und die innere luftdichte Ebene ans Fenster angeschlossen werden.
Die Anschlussfugen seien auch in der Bauphase gefährdet – oft genug werde sie sehr lange der Witterung ausgesetzt, war eine Antwort auf die Frage nach dem regendichtem Anschluss. Wie lange ein Anschluss der Bewitterung in der Bauphase standhalten müsse sei im Moment leider nicht geregelt. Eine neue ÖNorm soll hier Anforderungen enthalten – wobei eine Dauer von zwei Monaten oder nach Herstellerangabe diskutiert werden.
Peter Schober ging in einem weiteren Beitrag auf die zukünftige neue österreichische Norm ein. „Wir wollen unterscheiden zwischen einer einfachen Basisplanung z.B. durch den Montagebetrieb für Standardeinbausituationen, und einer objektspezifischen Planung durch den Architekten oder Fachplaner. Das wird ein Paradigmenwechsel zu dem, was wir bisher gemacht haben.“ Der Leistungsumfang beinhaltet bei der Basisplanung die Befestigung des Fensters im Baukörper, das Füllen der Fuge und die innere und äußere Abdichtung. „Die objektspezifische Planung bzw. Ausführung legt Anforderungen an den Bauanschluss zwischen dem Fenster und der fertigen Außenwand fest. Der Leistungsumfang hat alle Anschlüsse der Anschlussebenen und Bauteilschichten zu beinhalten und wird in der Regel von mehreren Gewerken ausgeführt. Der Leistungsumfang der einzelnen Gewerke und die jeweiligen Gewerkeschnittstellen sind exakt zu planen und festzulegen.“
Es gehe darum, den Fenstereinbauer in seiner Tätigkeit zu unterstützen und klar zu definieren, was er zu tun hat und wo seine Leistungen enden. „Was mich am meisten stört ist, dass der, der das Fenster einbaut, bei uns in letzter Konsequenz für alles verantwortlich ist: für den noch nicht vorhandenen Fassadenanschluss, für den Anschluss der Dachterrassenabdichtung oder für den Anschluss des Estriches. Es kann ja wohl nicht sein, dass man die ganze Verantwortung auf den Fenstereinbauer allein abschiebt, der die Planungsleistung auch noch gratis erledigen soll“, sagte Schober.
Man wolle mit der neuen Norm eine klare Grenze ziehen, mit der definiert werden soll, bis wohin der Fensterbauer seine Leistungen zu erbringen hat und für welche Leistungen er auch zusätzlich Geld verlangen kann. Grundsätzlich ist aber immer eine Planung erforderlich, lediglich im Planungsumfang wird differenziert. —
Peter Schober Im Interview
GLASWELT – Sie hatten mit knapp 300 Teilnehmern beim diesjährigen Fenster-Türen-Treff eine Rekordbeteiligung. Warum?
Peter Schober – Das lag am Thema. Jeder ist von der Montage betroffen, jeder kämpft bis zu einem gewissen Grad damit. Dazu kommt, dass wir eine relativ unglückliche ÖNorm haben, die keiner so richtig liebt, dadurch ist der Bedarf an Information sehr hoch. So tauchen Fragen der Verarbeitung auf, das Leistungsspektrum steigt und es wird immer schwieriger und auch teurer, ein Fenster richtig zu montieren.
GLASWELT – Wo liegen die größten Schwachstellen bei der Montage?
Schober – Das niemand dafür zuständig ist. Wir, da nehme ich die deutschen und die schweizer Kollegen durchaus mit, bauen weltweit das beste Fenster mit dem höchsten Leistungsprofil in der besten Verarbeitungsqualität. Wie es aber in die Wand kommt, das geht offensichtlich keinen etwas an. Ich vergleiche das gerne mit der Autoindustrie: Wir bauen einen Formel-1-Wagen, montieren die Räder eines alten VW-Käfers und wundern uns, dass wir die PS nicht auf die Straße kriegen. Die Unternehmen die sich der Montage annehmen führen die Arbeiten oft ohne das dafür notwendige Know-how und nicht mit den am besten ausgebildeten Mitarbeitern aus.
GLASWELT – Es war in der Veranstaltung zu hören, dass ein Schwachpunkt die Baustellenüberwachung sei …
Schober – Grundsätzlich sollten wir eine örtliche Bauleitung haben, welche kontrolliert und überwacht wie z.B. auch Fenster eingebaut werden. Aber: Die gibt es in den meisten Fällen überhaupt nicht und wenn es sie gibt, ist sie nicht kompetent dafür.
GLASWELT – Was halten Sie von Montagezargen?
Schober – Einen Blindstock, so nennen wir das in Österreich, würden wir uns grundsätzlich wünschen. Das Fenster lässt sich sehr spät montieren und man hätte die Chance, einen Fenstertausch vernünftig zu realisieren. Dieses Element hat jedoch den Nachteil, dass zweimal montiert werden muss: Einmal der Blindstock und zusätzlich das Fenster. Das bedeutet auch doppelte Kosten. Zweites Problem: Es gibt keine einheitliche Lösung. Da jeder Fensterhersteller sein eigenes System verwendet, muss man sich im Bauablauf sehr früh entscheiden, welches Fenster gekauft wird. Unser Institut hatte ein Projekt in Arbeit, bei dem es um die Entwicklung eines einheitlichen Blindstocksystems ging, das der Baumeister einsetzt. Das Projekt ist aufgrund der zurzeit benötigten geringen Mengen an Blindstöcken leider nicht umgesetzt worden.
GLASWELT – Wie ist die derzeitige Stimmung unter den österreichischen Fensterbauern?
Schober – Noch gut. Das Jahr 2013 läuft unserer Beobachtung nach sehr langsam an. Wir wissen noch nicht, ob das am langen Winter liegt oder ob mehr dahintersteckt. Viele fürchten, dass die Krise, die jetzt bei uns in den Bau einschlägt, sich demnächst auch auf die Fensterbranche erstrecken wird. Aber das lässt sich sehr schwer abschätzen. Die Stimmung hier beim FTT war gut, die Veranstaltung ist sehr gut gelaufen.
Die Fragen stellte Daniel Mund, stv. Chefredakteur der GLASWELT.