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Fenster der Zukunft

Branchenkenner wagen den Ausblick auf das Fenster 2030

Auf den Rosenheimer Fenstertagen sprach ift-Institutsleiter Ulrich Sieberath in seiner Auftaktrede davon, dass mit der zurzeit verfügbaren Technologie eine technisch sinnvolle und realisierbare Grenze bei Fensterprofilen erreicht sei. „Um künftigen Bauweisen gerecht zu werden, müssen weitere Potenziale der Bauteile zur Reduzierung der Energieverbrauche und damit zur Energiegewinnung ausgeschöpft werden,“ so sein Statement im Oktober.

Ich habe zu dieser Aussage Unternehmern und Entwicklungsleitern aus der Branche folgende Fragen gestellt: „Wie könnte so ein Fenster der Zukunft – sagen wir für den Markt 2030 – aussehen? Welche weiteren Potenziale sehen Sie im Bauteil Fenster? Wird sich das Produkt wesentlich von heutigen Konstruktionen unterscheiden? Hier lesen Sie die sehr unterschiedlich ausgefallenen Antworten.

Daniel Mund, stellv. Chefredakteur der GLASWELT.


„Die Antwort nach dem Fenster der Zukunft möchte ich mit einer kleinen Geschichte einleiten: Zurzeit wird ein Gebäude, nicht weit von Ulm entfernt, saniert. Hierbei läuft ein Recycling-Projekt – „Fenster zu Fenster.“ D.h. die bestehende Aluminium-Fensterfassade aus den 60er Jahren wird ausgebaut, um dann in einem geschlossenen Kreislauf aus diesen Fenstern wieder Aluminiumprofile für die neue Fensterfassade (Wicline 75 Evo) zu produzieren. Ein Projekt, das gemeinsam mit den Hydro Schmelzwerken und Presswerken realisiert wird. Wie wird die Situation in 40 Jahren sein? Ich bin überzeugt, dass die jetzt eingesetzte Serie auch in ­ 40 Jahren noch den Anforderungen an Wärmeschutz genügen wird. Ein Austausch, im Gegensatz zu der o.g. Situation, also nicht mehr erforderlich sein wird. Die großen Entwicklungssprünge in puncto Wärmedämmung in der Systemkonstruktion liegen in der Tat hinter uns – da stimme ich mit Herrn Sieberath absolut überein. Allerdings bin ich ebenso überzeugt, dass die Fensterfunktionen stärker mit der Haustechnik und Gebäudesteuerung verknüpft sein werden. Die nächsten größeren Entwicklungsschübe sehe ich daher eher im Bereich Steuerung, Mechatronik und Gebäudemanagement.“

Arnd Brinkmann, Geschäftsführer Hydro Building Systems GmbH (Wicona)


„Das Fenster wird sich in den kommenden Jahren zu ­einem aktiven Bauelement weiterentwickeln, ­welches voll in das ­Gebäudeenergiemanagement integriert ist. Neben ­weiter verbesserten Wärmedämmqualitäten auf geringer ­Bautiefe werden aktive Komponenten zur Bewahrung der ­Wohnbehaglichkeit verwirklicht sein.“

Andreas Heilig, Leiter Forschung, Entwicklung und Konstruktion bei aluplast


„Das Fenster der Zukunft ist schon da: Es stellt im Rahmen des technisch Machbaren das Optimum an Energieeffizienz und Gebrauchstauglichkeit dar. Immer stärker wird in Zukunft der Aspekt der Nachhaltigkeit hinzukommen – ein Weg, den wir bei Veka schon vor vielen Jahren eingeschlagen haben und den wir konsequent weiterverfolgen werden.“

Bonifatius Eichwald, Vorstand Vertrieb & Marketing Veka AG


„Das Fenster nach 2030 wird gar keines mehr sein wie heute, sondern ein transparentes energieeffizientes Bauelement. Es besteht aus ökologisch akzeptierten Materialien mit technisch sehr ­anspruchsvollen Modulen für Energiegewinnung, Licht­lenkung und Verdunkelung, ­Klima- sowie Lüftungs­technik und ­Gefahrenabwehr. ­Dieses wird komplett ­vorgefertigt in die ­Fassaden montiert und an die zuvor installierte und vernetzte Haustechnik angeschlossen.“

Dr. Frank Walter, Walter Fenster + Türen, Kassel


„In 20 Jahren wird ein Fenster Energie und Licht erzeugen und sich vollkommen auf die Bedürfnisse seiner Benutzer einstellen!“

Christian Klinger, Miteigentümer und Vorstand von Internorm


„Wenn es unserer Branche gelingt, sich den wandelnden Ansprüchen anzupassen, wird ein Fenster in 20 Jahren ein kombinierbares Modulsystem sein, welches folgende Anforderungen erfüllt:

  • Sicherheit: Hier wird die Widerstandsklasse RC 2 (WK2) der Standard sein und mit einem Überwachungssystem gekoppelt sein.
  • Lüftung: Es wird eine automatisch geregelte Lüftungseinheit integriert sein.
  • Sonnenschutz: Entsprechende Vorrichtungen werden eingebunden sein, welche sich automatisch den geforderten Tages- und Wetterbedingungen anpassen.
  • Gläser: Diese werden mit schaltbaren Schichten ausgestattet sein und gleichzeitig zur Energiegewinnung dienen.
  • Design: In diesem Punkt wird dem Wunsch nach auswechselbaren Oberflächen sicherlich Rechnung getragen werden.

Als weiteres Potenzial sehe ich die Automatisation im Bereich von ­Bedienkomfort, Steuerung und Funktionalität.

Aus meiner Sicht wird es die ­gewohnte Bauart (Rahmen und Flügel in DK-Ausführung) so nicht mehr geben, sondern durch ein Modulsystem abgelöst werden.“

Josef Scheuer, Geschäftsführer der Bayerwald Fenster Haustüren GmbH & Co. KG


„Ich sehe das Fenster dreidimensional. In der Fassade erhält ein Hightech Grundkörper mit vielfältigen Gestaltungs- und Ausstattungsmöglichkeiten Einzug. Die Außenseite wird mit individuellen Anforderungen an Design und Funktion ausgestattet sein. Gut vorstellbar, dass der äußere Grundkörper sogar eine Funktion ähnlich einer Solarzelle übernimmt. Auf der Innenseite könnte das Fensterglas zur Erzeugung von Lichtstimmung beitragen, indem es sich einer gezielten Farbtemperatur automatisch anpasst, um so das einfallende Licht stets in eine warme Farbtemperatur zu filtern. Im Inneren des Grundkörpers kommt Mikroelektronik zum Einsatz, sowie technische Neuheiten, die der Energierückgewinnung Rechnung tragen.

In der Historie hat sich abgezeichnet, dass die Fensterausschnitte immer größer geworden sind. Wo früher nur ein „Wind- und Wetterschutz“ das Loch in der Wand verschloss, werden heute großzügige, bodentiefe Fensterflächen zur Gestaltung der Wohnräume genutzt. Auch in der Zukunft verändern sich zunehmend die Wohnsituationen. Ein normales Fenster gibt es dann nicht mehr. Im Neubau wird es Glaswände mit herausragenden Dämmeigenschaften, erhöhter Sicherheit und erhöhtem Schallschutz geben und somit Funktionen als Wandelement erfüllen. Zukünftige Fensterwände können seitlich ins Mauerwerk eingefahren oder in die Brüstung abgesenkt werden. Gleiches gilt für den zugehörigen Sicht- und Sonnenschutz. Bei allen Innovationen in der modernen Fenstertechnik muss es der Branche ­gelingen den „­Dolmetscher“ zum Endkunden und zur ­Politik zu ­finden, um die ­moderne ­Technik so zu ­kommunizieren, dass der ­Unterschied zum ­alten ­eingebauten Fenster vom ­Endkunden verstanden wird und damit das Fenster eine wesentlich größere Lobby bekommt.“

Klaus Gayko, geschäftsführender Gesellschafter Gayko Fensterbau


„Mit modifizierten Hölzern oder anderen Materialien wird man beim Holzfenster mit 80 mm Bautiefe hervorragende U-Werte erzielen. Wir sehen die Integralfenster­lösung als einen Schritt in die Zukunft: Das Glas übernimmt im Holz- oder PVC-Rahmen mittels Überschlagsverklebung eine tragende Rolle und die ­Aluschale sorgt für vielfältige optische Möglichkeiten. Flügelgrößen von 1,50 x 2,50 sind praktikabel und mit einem Rollladensturz- oder Rollladenaufsatz­kasten zur Verwendung für Rollladenpanzern oder Raffstoren können die Fenster über die ganze Geschosshöhe dargestellt werden. Das Fenster wird sich mehr als ein Fassadenbauteil präsentieren, welches auch beim Baukörperanschluss individuelle Lösungen parat hält: Die Montage wird sich mit Aufsatz-, Leibungs- und Brüstungs­elementen vereinfachen lassen. Natürlich wird auch die Elektrifizierung am Fenster weiter voranschreiten. Unser ­Lüftungsverhalten wird sich grundlegend ändern kalte Füße im Raum bei gekippten Fenstern werden der Vergangenheit angehören.“

Rainer Taig, Geschäftsführer der Wertbau GmbH & Co. KG

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