In der Juliausgabe der GLASWELT wurden im ersten Teil dieses Beitrags die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf den Kundenmarkt analysiert. Gerade die Entwicklung auf dem Modernisierungsmarkt verspricht für Bauelementehändler enorme Potenziale. Doch was nützt die gigantische Modernisierungswelle, wenn den Betrieben nicht genügend oder gar keine Fachkräfte mehr zur Verfügung stehen? Wer wird die tollen Produkte dann überhaupt einbauen?
Wettbewerb um Fachkräfte
Automatisierung, Digitalisierung und Robotik werden zwar deutlich zunehmen, doch ohne Menschen werden keine Produkte in der Modernisierung eingebaut werden können. Der entscheidende Erfolgsfaktor der Zukunft ist nicht der Wettbewerb um Kunden, sondern der Wettbewerb um Fachkräfte. Wer hier nicht aktiv in Unternehmenskultur und damit in Mitarbeiter investiert, wird seinen Betrieb kurzfristig nicht wegen fehlender Nachfrage, sondern mangels fehlender Fachkräfte zusperren müssen. Die Corona-Krise zeigt uns zudem auf, dass auch die Digitalisierung von Betriebsabläufen eine absolute Notwendigkeit ist, damit auch in Krisenzeiten Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze geboten werden.
In den Grafiken auf der nächsten Seite sieht man die Bevölkerungsstruktur in Deutschland in den Jahren 2000, 2020 und 2040. Links die Männer, rechts die Frauen. Die Linie quer durch alle Grafiken gibt als Orientierung die 55-Jährigen an. Die Grafik 2020 beschreibt den aktuellen Fachkräftemangel. Der ist für viele Betriebe schon schlimm genug. In Zukunft wird sich das Problem aufgrund von vier Effekten deutlich dramatisieren:
Subunternehmer sind kein Lösungsansatz
Wer jetzt den Kopf in den Sand steckt, wird seinen Betrieb in naher Zukunft zusperren müssen. Es gilt wie immer: Wer die besten Lösungen oder Strategien hat, wird überleben.
Welche Lösungen gibt es aber, um der Fachkräfteproblematik zu entkommen und daraus sogar einen Nutzen zu ziehen? Eine Möglichkeit: Man kann das Problem verschieben und immer mehr mit Subunternehmern zusammenarbeiten, damit sich diese um die Fachkräfte kümmern.
Diese Einstellung ist jedoch fahrlässig und ändert vor allem nichts an der Problematik. Damit überlässt man auch seinem Subunternehmer die Entscheidung, wen dieser einstellt und in die heiligen Räume seiner Kunden lässt. Und von begeisterten Arbeitnehmern kann da meist keine Rede sein. Außerdem werden Subunternehmer erst recht schwer an Fachkräfte herankommen, denn diese suchen sich gerade in der jetzigen Zeit krisenresistente Betriebe.
Aktiv in Fachkräfte investieren
Es gibt grundsätzlich keinen einzelnen Königsweg, um das Fachkräftethema zu lösen. Es ist vielmehr ein breit gefächertes Maßnahmenpaket, dem man sich bedienen sollte. Ein Weg ist die Zuwanderung von Fachkräften. Damit sind nicht nur arbeitswillige Asylanten gemeint, sondern auch Fachkräfte aus östlichen, südlichen oder südwestlichen europäischen Ländern.
Damit dies gelingt, ist das Erlernen der deutschen Sprache von ganz wesentlicher Bedeutung. Nicht nur für die interne Kommunikation, sondern auch wegen der Verständigung mit Kunden. Es gibt bereits Betriebe, die Sprachkurse für neue Mitarbeiter bezahlen – mit Erfolg.
Ob diese oder ähnliche Maßnahmen zur langfristigen Bindung dieser Mitarbeiter führen, hängt von vielen weiteren Faktoren ab. Fakt ist jedoch, wer nicht aktiv in Fachkräfte investiert, ist sowieso bald weg vom Fenster.
Erfolgreiche Betriebe investieren zudem in die Ausbildung und kümmern sich so um den eigenen Nachwuchs. Dazu müssen diese Firmen früh Kontakte mit Schulen aufnehmen und aktiv Flagge zeigen. Junge Menschen suchen einen Arbeitsplatz, der cool ist und wo es einfach Spaß macht. Dazu zählt beispielsweise auch die Investition in digitale Baustellenabläufe übers iPad oder gesundheitsfördernde Montagehilfen wie Exoskelette.
Ein Betrieb sollte auch wie in einer Familie Halt und Orientierung geben. Es geht also um die Unternehmenskultur, das Miteinander im Team und vor allem die Stimmung. In Corona-Zeiten ist der enge Kontakt zu Mitarbeitern und deren Familien von besonderer Bedeutung, damit sie sich sicher fühlen und aus Angst nicht „abwandern“.
Auch neue Arbeitsmodelle müssen künftig angeboten werden. Natürlich wird auch der Lohn künftig sehr hoch sein. Handwerkliche Fachkräfte werden künftig mehr verdienen als so mancher ehemaliger Schulfreund, der eine akademische Laufbahn eingeschlagen hat.
In Zukunft wird es zudem immer mehr Handwerksbetriebe geben, die keinen Nachfolger, weder aus der Familie noch von extern, gefunden haben. Gerade in der derzeitigen Pandemie-Situation werden so manche Betriebe schließen müssen, weil ihnen die Liquidität fehlt. Zudem werden viele Industriebetriebe mehr und mehr in Digitalisierung, Automatisierung und Robotik investieren, um besser gegen Krisen gewappnet zu sein. Daher müssen gerade jetzt die Fühler zu diesen Betrieben in der Region ausgestreckt werden. Deren gekündigten Mitarbeitern kann man eine sichere handwerkliche Perspektive bieten.
Alles was investiert wird, muss natürlich letztlich durch Kunden bezahlt werden. Aber Kunden sind bereit dazu, insbesondere weil sie künftig keine andere Wahl haben, wenn sie überhaupt noch einen fachkundigen Handwerker finden möchten.
Mach es einfach!
Schlechte Zeiten waren immer schon gute Zeiten für gute Unternehmen. Der Fachkräftemangel und vor allem die strategischen und operativen Maßnahmen, um Fachkräfte zu finden, bieten ein sehr großes Erfolgspotenzial für gute Unternehmen.
Eine Voraussetzung muss dazu allerdings unbedingt erfüllt werden: Die Lösung des Fachkräftethemas muss in den strategischen Mittelpunkt eines Betriebes gestellt und täglich daran aktiv gearbeitet werden. Es wird höchste Zeit, dass eine ganze Branche endlich aufwacht und umsetzt, gemäß dem Motto „Mach es einfach, aber mach es einfach!“