Herr Hartleif, wie hat die Pandemie den Markt aus Ihrer Sicht verändert?
In Deutschland ist die gesamte Branche ja mit guter Auslastung und vollen Auftragsbüchern in die Krise gegangen. Produktions- und lieferfähig zu bleiben bzw. schnell wieder zu werden und die benötigten Ressourcen dafür zu mobilisieren, ist entscheidend. So hat die Sicherheit der Lieferketten durch die Krise sicher enorm an Bedeutung gewonnen. Insbesondere Verzögerungen beim grenzüberschreitenden Warenverkehr haben ein Umdenken angestoßen. Es wird wieder verstärkt darüber nachgedacht, Lieferanten im nahen Umfeld zu suchen und für kritische Produktbestandteile sogar lokale Fertigungskapazitäten aufzubauen.
Zudem hat uns die Krise die Vorteile der Digitalisierung aufgezeigt, zum Beispiel im Bereich der Kommunikation wie etwa bei Videokonferenzen, die in viel stärkerem Maße eingesetzt werden. Dieses wird sicher auch in der Nach-Corona-Zeit ein bleibender Nutzen sein, wobei das persönliche Gespräch durch nichts zu ersetzen ist.
Was kurbelt die Wirtschaft aus Ihrer Sicht jetzt wieder an?
Die Entschlossenheit der Regierung(en), mit kurzfristigen Liquiditätshilfen und Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld Unternehmen und Mitarbeiter zu stützen, sind gut und hilfreich, sofern sie schnell da ankommen, wo sie gebraucht werden. Auch das angekündigte Konjunkturpaket wird seine Wirkung nicht verfehlen. Die allgemeine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer hingegen halte ich nicht für sinnvoll. Hier wären gezielte Mehrwertsteuersenkungen z.B. für das Hotel- und Gaststättengewerbe oder auch für den kulturellen Bereich wesentlich effektiver gewesen.
Es kommt jetzt darauf an, wieder Optimismus und Vertrauen in Wirtschaft und Zukunft zu erlangen. Ein Programm wie die „Initiative Wasserstoff“ kann da vielleicht viel Gutes bewirken, denn es weist einen möglichen Weg Richtung innovativer Technologien mit Wachstumsperspektiven. Für die Bau- und Bauzuliefererindustrie glaube ich nach wie vor an eine nachhaltig gute Perspektive, da bezahlbarer Wohnraum dringend benötigt wird und die Umsetzung vieler Baugenehmigungen noch aussteht.
Welche positive Erkenntnis nehmen Sie aus der der Krise mit?
Zum einen hat uns die Corona-Krise gezeigt, dass wir in Deutschland eine stabile politische Führung und gesellschaftliche Kultur haben, die sich, unter anderem, auch durch eine offene und transparente Informationslage für alle auszeichnet. Die Orientierungs- und Handlungsvorgaben haben gegriffen, Solidarität und Rücksichtsmaßnahmen zahlen sich aus. Auch bei VEKA konnten wir uns auf ein hohes Maß an Solidarität verlassen. Regelmäßig wurde die gesamte Belegschaft über den aktuellen Stand des Unternehmens informiert. Alle Mitarbeiter haben gut mitgezogen, die getroffenen Regeln eingehalten und Rücksicht aufeinander genommen. So haben wir es bislang gemeinsam gut gemeistert, die Herausforderungen dieser schwierigen Zeit zu bewältigen.