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Eine krisenfeste Führung tut Not

Von der enormen Wucht dieser Krise abgesehen sind Wechsel zwischen Auf- und Abschwung „normal“. Doch haben wir hier eine zusätzliche Auffälligkeit: Mitarbeiter und Führungskräfte, die in den letzten 10 Jahren ins Arbeitsleben getreten sind, verfügen praktisch über keinerlei Krisenerfahrung. Welcher Führungsstil ist jetzt gefragt, überhaupt möglich und warum bietet selbst diese grausame Krise ihre Chancen?

„Ich habe das schon lange kommen sehen!“

Aus jeder dunklen Ecke huschen sie jetzt, im Angesicht der Wirtschaftssonnenfinsternis auf die Bühne, all die Bedenkenträger, Zukunftsängstlichen und Pessimisten. Seit fast 10 Jahren guter Konjunktur wartet dieser bekannte Satz auf seine Wiedergeburt: „Ich habe es ja gleich gesagt: Das wird nix mehr!“

Der Coronavirus mit Covid-19 bestätigt auf brutale und für viele Menschen sogar tödliche Art und Weise alle negativen Befürchtungen. In der Wirtschaft stehen einige Branchen direkt am Rande eines finsteren Abgrunds und viele Unternehmen sind bereits im freien Fall nach unten. Der Staat sortiert nach dem Merkmal „systemrelevant“ durch. Die Frage sei mir an dieser Stelle erlaubt, auf wen und was dies tatsächlich zutrifft? Wenn unsere Wirtschaft durch den stillen Shutdown in Stücke gerissen wird, dann wird es bald kein System mehr geben, für das eine Relevanz ausgezeichnet werden kann. Meine Sicht der Dinge: Wir sind alle systemrelevant. Sie und ich, denn wir alle zusammen sind das System.

Der Blick nach vorne

Eine krisenfeste Führung tut Not, nicht nur in der Politik, sondern bei jedem einzelnen Unternehmen. Wer führt, ob aus eigenen Stücken heraus oder weil er sie angediehen bekam, der braucht stets und ganz besonders in einer solch fürchterlichen Krise den Blick nach vorne, die doppelte Extra-Portion Mut und Motivation, die unerschütterliche Suche nach Lösungen und nicht das Baden in Problemen. Wer in Problemen denkt, der produziert welche. Das wissen wir nicht erst seit Corona. Für Optimismus gibt es schlicht keine Alternative. Wir brauchen unbedingt diesen Blick nach vorne, die uns angeborene Fähigkeit, unsere Welt jederzeit neu erfinden zu können, wenn die Situation das erfordert und wir dies wollen. Auch wenn der Satz unserer geschätzten Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, schon vor Corona bestand, jetzt darf ich ihn nur doppelt unterstreichen. „Wir schaffen das.“

Transparenz und Klarheit

Dümmliche Ignoranz und Schönrederei eines Motivationstrainers? Nein! Keineswegs. Ignoranz wäre ein schlechter Ratgeber. Ein uneingeschränktes Annehmen der Lage, Klarheit und Transparenz sind wichtig. Ziele prüfen, Rahmen kennen, alle bekannten und selbst unbekannte Möglichkeiten einbeziehen und trotz aller Schrecken über den Rand hinaus denken. Schwierigkeiten auf dem Weg zum Ziel – überleben und unser System neu aufstellen - als Herausforderungen begreifen und mit Selbstvertrauen annehmen. Genau diese selbstbewusste Weitsicht erwarten Bürger von ihren Staatsvertretern und Teams wie auch einzelne Mitarbeiter in ihren Unternehmen von ihren Vorgesetzen. Und natürlich auch das gegenseitige Vertrauen das gute Teams, gute Unternehmen auszeichnet. Grundtenor: Egal, was kommt und zu bewältigen ist, wir haben die Fähigkeiten, die Kreativität und den Mut, das zu schaffen. Es liegt jederzeit in unseren Händen.

Lernen: Führung von vorne

In einer Situation wie dieser können wir von einer Organisation lernen, die sich Kraft Amtes stets auf auch tödliche Krisensituationen, Schwierigkeiten und manchmal unlösbar Erscheinendes professionell vorbereitet. Sie schöpft aus unglaublich reichhaltiger und stets weiterentwickelter Erfahrung: das Militär. Das Leitprinzip zur Bewältigung schwieriger Situationen heißt dort: Führung-von-vorne. Es ist ein taktisches Führungsprinzip, welches eng mit dem Prinzip des Gefechts der verbundenen Waffen einhergeht. Heute wird dieses Prinzip - zu Recht! - auch in der Wirtschaft diskutiert und eingesetzt.

Führung von vorne bedeutet beim Militär, dass der Befehlshaber einer Einheit seine Truppen direkt vom kritischsten bzw. wirkungsvollsten Punkt der Front befehligt und nicht in einem gesicherten Gefechtsstand hinter der Front. So kann der Befehlshaber:

  • den Ort des Geschehens unmittelbarer beurteilen und schneller die Handlungsoptionen erarbeiten/abwägen
  • die Sicht des unterstellten Bereichs einnehmen und einbeziehen
  • die Geschehnisse im Kernbereich des Kampfgeschehens unmittelbar verfolgen,
  • seine Befehle direkt und ohne Verzögerung effizient durchsetzen,
  • Widerständen von Untergebenen begegnen und
  • die Truppe durch seine Vorbildfunktion motivieren.
  • Lassen Sie uns diese Erklärung aus dem militärischen Führungshandbuch doch mal aus ziviler, wirtschaftlicher Perspektive sehen und für diese übersetzen.

    5 Tipps für vorbildliche Führung „von vorne“·

  • Orientierung geben: Situation annehmen, Ruhe bewahren, klare, realistische Ziele vorgeben
  • Den Durchsetzungswillen bei allen durch die eigene Präsenz stärken
  • Im Schulterschluss und auf Augenhöhe mit dem Team agieren
  • Freiräume schaffen durch entschlackte Prozesse
  • Teilerfolge zeigen und gemeinsam feiern
  • Nicht aufgeben. Niemals!
  • So geht’s!

    Führen, das schließt schon von der Vorstellung des Begriffs her das Bild des „entschlossen Vorausgehenden“ ein.

    Ein guter Kontakt, gute, direkte Kommunikation mit allen Beteiligten ist sehr wichtig, damit Strategien und auch Anpassungen schnell und unmittelbar im Geschehen ankommen und eine hohe Chance auf Umsetzung finden. Dies gilt auch in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen. Wir haben längst die digitalen Mittel, um zu jeder Zeit von jedem Ort aus, über alle Grenzen hinweg miteinander zu kommunizieren.

    Bei Konflikten, bei Unsicherheiten ist Unterstützung, z.B. mittels Team- oder Einzelcoaching (durch den Vorgesetzten) angesagt. Viele Arbeitnehmer haben noch keinerlei praktische Erfahrung mit Krisen und evtl. keine Methoden zur Krisenbewältigung bisher erlernt. Gerade diese brauchen jetzt Orientierung und ein entschlossenes Vorwärts mit Sinn und Verstand.

    Erfahrungen mit Drucksituationen zeigen immer wieder, dass sich Haltung, Verhalten und Erwartungen der Beteiligten deutlich zum „normalen“ Alltag verändern. Oft entwickelt sich eine Art Tunnelblick und manch einer verliert schon mal die Übersicht.

    Grundprinzip für Führungskräfte: Je schwieriger die Situation, desto unaufgeregter und klarer muss sich die Führung präsentieren. Kein Jammern und Klagen, sondern „Ärmel-hoch“ und gemeinsam anpacken. Es ist jederzeit mehr möglich, als wir für machbar hielten. Menschen können das!

    Wichtig auch: Die Mitarbeiter nicht mit sinnlosen Auswertungen, Excel-Orgien oder ähnlichem lahmlegen, sondern neue Freiräume für ihre Leistungsmöglichkeiten schaffen. Prüfen Sie einmal mehr die Relevanz ihrer gewohnten Prozesse, seien Sie mutig, wenn es um Änderungen geht und konzentrieren Sie sich auf die Schaffung von Mehrwerten. Im Vertrieb beispielsweise bedeutet dies: Mehr Zeit für und mit Kunden, weniger Verwaltung. Nutzen Sie alle technischen Möglichkeiten, wie WEB-Meetings, Online-Trainings usw. #stayhomeandlearn ist nicht umsonst einer der verbreitetsten Hashtags dieser Tage. Es ist der starke Wunsch vieler, nicht im Jammertal abzutauchen und dort dahinzusiechen. Hürden werden nicht überwunden, in dem man Sie zum x-ten Mal in Höhe, Breite und Länge vermisst, sondern im Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten drüber springt.

    Muskeln wachsen durch Widerstand und Anstrengung, Kreativität wird wach durch spannende Fragen, der Verstand durch Aufgaben, für die man sich Neues überlegen muss, um sie zu lösen.

    In Zeiten wie diesen werden Champions gemacht. Seien Sie dabei! Wir sind das System.

     

    Karl Heinz Lorenz (57)
    Diplom Betriebswirt (DH), Kommunikationstrainer und Geschäftsführer bei Lorenz-Seminare GmbH

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