Bekanntermaßen sind für den Fachkräftemangel die geburtenschwachen Jahrgänge verantwortlich – aber auch der gesellschaftliche Druck, der unsere Kinder immer stärker auf Universitäten drängen lässt. Wer heute ins Handwerk geht, wird viel zu oft belächelt. Aber: Gerade diesen Menschen stehen rosige und sichere Zeiten bevor. Was heißt das nun? Kopf in den Sand stecken und auf die Politik schimpfen? Nein, Unternehmer sind nicht verantwortlich für äußere Einflüsse, wie in diesem Fall den Fachkräftemangel. Doch wir sind verantwortlich für das, was wir daraus machen.
Zunächst einmal gilt es festzustellen: Dieses Problem betrifft nicht ein Unternehmen alleine – alle Mitbewerber sind gleichermaßen davon betroffen. Also geht es darum, sich von seinen Mitbewerbern abzuheben und sein Unternehmer attraktiver für neue Menschen zu machen.
Entscheidend ist vor allem, die richtigen Mitarbeiter einzustellen. Falsch ist der Gundsatz: „Ich nehme den Besten aus den wenigen vorhandenen Bewerbern.“ Denn wenn Firmen nicht die richtigen Mitarbeiter einstellen, wird sich das Fachkräfteproblem um ein Motivationsproblem ins eigene Unternehmen verlagern. Bevor man also einen falschen Menschen einstellt, lieber keinen einstellen. Über kurz oder lang wird es sonst sehr teuer.
Wir bei Coplaning achten in erster Linie auf die richtige Einstellung, auf die Werte, die Motivation und das Engagement eines Bewerbers – was er vorher gemacht oder welche Schul- oder Berufsausbildung er hat, ist nur zweitrangig. Denn: An den Charaktereigenschaften, die ein neuer Mitarbeiter mitbringt kann man zwar noch etwas feilen, diese aber nicht wesentlich verändern.
Unternehmen sind für die Kompetenz, das Fachwissen und das Verständnis der Zusammenhänge verantwortlich. Diese Dinge können bzw. müssen in Trainings bzw. Weiterbildungen vermittelt werden – eine der wichtigsten Unternehmeraufgaben. Doch Hand aufs Herz, welcher Handwerksunternehmer investiert schon gerne in die qualitative Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter? Die Methodik des „ins kalte Wasser werfen“ ist leider die gängige Praxis.
Ein Beispiel: Ein Fenstermonteur durchläuft bei uns eine vierwöchige intensive Schulung in allen betrieblichen Dingen, bevor er in einem Montageteam eingesetzt wird. Zeit- und Geldverschwendung? Wir Unternehmer werden in kurzer Zeit sehr stark davon profitieren. Neue Monteure werden in der Philosophie, dem Verstehen der Zusammenhänge, der betrieblichen Organisation, den Prozessabläufen, dem Auftreten und Verhalten auf der Baustelle, in den Produkten aber auch im Bereich der Kommunikation intensiv ausgebildet. Die Ausbildungsverantwortung übernehmen die Führungskräfte oder ausgewählte Mitarbeiter persönlich. Es ist ein strammes Programm – doch es lohnt sich für das Unternehmen und für die Mitarbeiter. Erst nach der vierwöchigen Ausbildung werden die neuen Monteure von einem Paten, dem Obermonteur eines Teams, weiter „gecoacht“. Erst wenn sie alle Montagestandards konsequent umsetzen und die Kundenbegeisterungselemente tatsächlich auch leben, werden sie einem Team fest zugeordnet.
Gerade diese intensive Ausbildung begeistert unsere neuen Monteure besonders, was sie so in keiner anderen Firma zuvor erlebt haben. Das spricht sich in deren Freundes- und Bekanntenkreis weiter herum und lässt uns von Mitbewerbern weiter abheben und attraktiver werden.
Darum der Appell an meine Unternehmerkollegen im Handwerk: Augen und Ohren nach den richtigen Menschen offen halten und in deren Weiterbildung investieren. Das steigert die Attraktivität Ihres Unternehmens und löst das Fachkräfteproblem fast von alleine. —
Der Autor
Günter Schmitz, Inhaber und Geschäftsführer von Coplaning, einem Luxemburger Bauelementehändler und Montageunternehmen, blickt auf 21 Jahre Auseinandersetzung mit der Thematik Kundenbegeisterung zurück. 2011 wurden er und sein Team mit dem Europäischen Qualitätspreis (EFQM) für herausragende Kundenbegeisterung ausgezeichnet. Als Trainer vermittelt er seine Erfolgsrezepte in einer Akademie an andere Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen weiter. In der exklusiven GLASWELT Serie beschreibt er die tagtäglichen Probleme im Handwerk und zeigt auf, wie diese gelöst werden können.