Im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen an das Isolierglas müssen bestimmte Kriterien wie beispielsweise der Glas-Einstand beachtet werden. Es sind infolgedessen spezielle Isoliergläser zu verwenden, welche in verklebten Fenstersystemen eingesetzt werden.
Glas Trösch hat Erfahrungen mit dem Verkleben von Scheiben, die weit über das Aufkommen der verklebten Fenstersysteme hinaus reichen: seit 1956 wird jedes Isolierglas des Herstellers verklebt. Außer Isolierglas werden seit vielen Jahren Structural-Glazing-Fassaden und Stufenisoliergläser für Ganzglasflügel geklebt.
Isolierglas und Lastabtragung
Auf jedes konventionelle Isolierglas und auf seinen Randverbund wirken verschiedene kurzzeitige Kräfte ein. Nicht nur Winddruck und Windsog, sondern auch Deflektionen: Aufgrund der Ausdehnung bzw. des Zusammenziehens des Wärmeschutzgases, welche bei wechselnden Temperaturen oder unterschiedlichen Druckverhältnissen entstehen, belasten diese das System „Glas/Randverbund“ physisch. Zu diesen Kräften können sich für das Isolierglas zusätzliche Belastungen durch das Verkleben ergeben. Wenn beispielsweise bei einer Überschlagsverklebung für die nicht verklebte Scheibe keine Lastabtragung vorgesehen ist, wird der Randverbund dadurch über Jahre zusätzlich belastet.
Bei einem Dreifachglas ohne Lastabtragung verschärft sich dieser Umstand. Der Randverbund nahe der Klebestelle trägt nicht nur das mittlere Glas sondern auch die dritte Scheibe. Dazu kommen die unterschiedlichen Durchbiegungen der drei Scheiben, die sich ebenfalls auf den Randverbund auswirken. So muss zum Beispiel je nach Fenstersystem und Anforderungen an das Isolierglas der Einstand des Sekundärdichtstoffs neu berechnet und angepasst werden.
Verklotzen ist bei in den Flügelrahmen eingeklebten Gläsern zwar nicht mehr Pflicht, gleichwohl ist aber die Lastabtragung zu gewährleisten. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Sekundärdichtstoffe beim Randverbund sowohl elastische wie auch plastische, sogenannte viskoelastische, Eigenschaften aufweisen. Die normalen Lasten auf das Glas sind häufig kurzzeitig, wie etwa Winddruck oder Deflektionen, aber das Hängen einer am Rahmen verklebten Scheibe bedeutet für den Randverbund eine Dauerlast.
Konsequenz: Die Last der nicht mit dem Rahmen verklebten Scheiben müssen abgetragen werden!
Je nach Ausführung ist die Lastabtragung einer Falzgrundverklebung gesichert, hier drängt sich jedoch das Thema „Verträglichkeit der eingesetzten Materialien“ in den Vordergrund. Was aber nicht heißt, dass dieser Punkt bei den anderen Arten der Verklebung nicht berücksichtigt werden muss.
Randverbund und Verträglichkeit
Die Falzgrundverklebung führt mit ihrem direkten Kontakt zum Randverbund zur Fragestellung der Verträglichkeit und dabei spielt die chemische Zusammensetzung der verwendeten Materialien eine zentrale Rolle. Dazu Dr. Roman Graf, Leiter Entwicklung bei Glas Trösch: „Der Randverbund besteht aus Kleb- und Dichtstoffen. Erstens die Primärdichtung, die verhindert, dass das Wärmedämmgas heraus- oder Feuchtigkeit in den Scheibezwischenraum hineindiffundieren kann. Und zweitens die Sekundärdichtung, welche die Primärdichtung unterstützt und zusätzlich die verschiedenen Komponenten wie Glasscheiben und Abstandhalter zusammenhält. Der Randverbund an sich ist somit ein Zweikomponentensystem. Und dazu kommt jetzt noch der Klebstoff als dritte Komponente.“
Unverträglichkeiten sind die größte Gefahr bei verklebten Fenstersystemen. Es dauert lange, bis Unverträglichkeiten festgestellt werden können – auch im Labor unter künstlichen Bedingungen. Deswegen ist das einer der ersten Punkte die abzuklären sind. „Natürlich haben wir Kenntnis von Klebstoffen, die mit unserem Randverbund verträglich sind. Zudem stehen wir in engem Kontakt mit verschiedenen Klebstoffherstellern. Trotzdem ist dies ein Punkt, der immer wieder genau angeschaut werden muss“, äußert sich Dr. Graf.
Klebstoffe wie auch Dichtstoffe ändern sich im Laufe der Produktpflege, sie erhalten Zusatzstoffe, welche z.B. bestimmte Eigenschaften verbessern und haben dadurch auch betreffend der Kompatibilität andere Eigenschaften.
„Durch unsere Struktur bei Glas Trösch und der offenen Kommunikationspolitik auch mit unseren Kunden gibt es keine Punkte, die aufgrund der verklebten Fenstersysteme extra geändert werden mussten. Wir haben mit dem Verkleben von Isolierglas in Flügelrahmen um das Jahr 2000 begonnen und mit einem Institut daran gearbeitet. Wir haben mit den Jahren viel an Erfahrung gewonnen und lassen diese auch in unsere Gespräche mit einfließen. Zudem sind unsere Produktionsbetriebe beweglich genug, solche Herausforderungen anzunehmen und umzusetzen.Es liegt uns viel daran, die hohe Qualität, für die Glas Trösch bekannt ist, auch im Bereich der Isoliergläser für verklebte Fenstersysteme beizubehalten“, sagt Graf.
Die Auswahl der aktuellen Randverbundsysteme und Abstandhalter ist eng verbunden mit dem Ziel des Kunden und dadurch mit der Wahl der Verklebungsart: Überschlagsverklebung, Falzgrundverklebung und alle anderen Verklebungsarten. Jede Verklebung hat Vor- und Nachteile und führt zu unterschiedlichen Fensterkonstruktionen. Der Randverbund muss dementsprechend angepasst werden. Aber nicht nur der Randverbund, auch die Glasdimensionierung spielt ein Rolle.
Der Kunde benötigt ein System
Das Glas übernimmt im Rahmen die Funktion der Aussteifung. In der Folge könnte sich durch schlankere Rahmenkonstruktionen ein erhöhter Lichteinfall ergeben. So ist es zwar möglich, durch den Einsatz der Klebetechnologie zum Beispiel größere Fenster zu produzieren oder die Rahmen schmaler zu gestalten oder bei den Kunststofffenstern die Bewehrung wegzulassen – aber nicht alles gleichzeitig. „Wenn jemand sagt, dass er dank der Klebung größere Fenster produzieren kann, heißt das noch lange nicht, dass er auch die Stahleinlage weglassen kann. Vielleicht hilft gerade die Stahlbewehrung größere Fenster herzustellen“, stellt Dr. Graf klar.
Trotz aller Erfahrung der Isolierglasindustrie ist das Verkleben nicht bei jedem Fensterhersteller gleich zu beurteilen. Dazu Dr. Graf: „Die Herausforderung war und ist es noch immer, dass je nach Art der Verklebung das Fenster unterschiedlich gestaltet werden kann und es dadurch unterschiedliche Vorteile hat, sei es zum Beispiel die Flügelgröße, das Lichtmaß oder die höhere Produktivität. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass nicht alle Vorteile mit derselben Verklebung erzielt werden können. Es ist daher umso wichtiger, dass der Kunde Prioritäten setzt. Die größte Herausforderung ist also die, dem Kunden ein Isolierglas zu liefern, mit welchem er seine Ziele erreichen und damit ein Produkt anbieten kann, mit dem alle zufrieden sind.“
Die individuellen Kundenwünsche stellen einen Beratungsaufwand dar, an dem nicht nur der Isolierglashersteller beteiligt ist.
Wenn es um die Einführung der Klebtechnologie in einem Betrieb geht, ist es wichtig, dass der Kunde bereits im Vorfeld der Entscheidung mit allen Beteiligten kooperiert: mit dem Systemgeber, dem Klebstofflieferanten und dem Glashersteller. Der Kunde muss in dieser Phase konkretisieren, was sein Produktionsziel ist; Kommunikation ist die Grundlage des gemeinsamen Erfolgs. Und gemeinsam wird an den Details gearbeitet, deren Ziel ein System ist und nicht ein Produkt, das aus Einzelteilen zusammengewürfelt wurde. In einem System müssen alle Komponenten zusammenpassen und kompatibel sein.
Fazit: Frühzeitige Kommunikation mit allen Beteiligten ist notwendig, denn jedes System muss einzeln geprüft werden.—