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Kondensatersscheinungen am und im Fenster

Wenn tropft, wird es unbehaglich

Wenn Kondensat an einer Oberfläche und im hier besprochenen Fall im Bereich eines Fensters auftritt, ist dafür stets das gleiche physikalische Phänomen verantwortlich: Das mit sinkender Temperatur fallende Vermögen der Luft, Wasser in Form von Dampf aufzunehmen. Wird Luft nach und nach abgekühlt, so bleibt der absolute Wassergehalt in g/m³ konstant, die relative Luftfeuchtigkeit, welche als die in der Luft vorhandene Wassermenge bezogen auf die maximal mögliche Wassermenge definiert ist, steigt jedoch. Werden 100 Prozent überschritten, so fällt das überschüssige Wasser als Kondensat aus.

Durch das Dampfdruckgefälle von warm nach kalt (Diffusion) und Luftbewegung, die Feuchtigkeit mittransportiert (Konvektion) wird ständig Feuchtigkeit an kühlere Oberflächen wie Fenster gebracht, Nachschub ergibt sich hierbei aus den inneren Feuchtelasten (Menschen, Pflanzen, Feuchträume, Kochen etc.). Besonders betroffen ist hierbei der Bereich des Abstandhalters, der eine starke Wärmebrücke darstellt und aufgrund von Kaltluftabfall vor dem Fenster sowie der Falzbereich im Inneren der Fensterkonstruktion.

Was gestern gut war ist heute schlecht?

Die physikalischen Vorgänge waren selbstverständlich stets die gleichen, weshalb sich die Frage stellt, warum es gerade in den letzten Jahren vermehrt zu Beschwerden bzw. Schäden im Zusammenhang mit Kondensaterscheinungen an Fenstern kommt. Hierzu können vornehmlich folgende Faktoren ausgemacht werden:

Gebäudehülle: Früher wies die Gebäudehülle generell mehr Leckagen auf, durch die eine permanente hohe Luftwechselrate und somit ein Ablüften von Feuchtigkeit nach außen gewährleistet war. Dies bedingt jedoch auch höhere Wärmeverluste, weshalb bei den heutigen Bauweisen hoher Wert auf eine dichte Gebäudehülle (inkl. Fenster) gelegt wird, wodurch ‚unfreiwillige‘ natürliche Lüftung ­unterbunden wird.

Dadurch entsteht auch ein höheres Dampfdruckgefälle von innen nach außen und kleinste ­Leckagen der Dichtungsebenen (z.B. Unterbrechung durch Beschlagsteile) genügen schon, um langsame Diffusion und Konvektion von Feuchtigkeit in den Falz zu ermöglichen – selbst wenn die Anforderungen an die Luftdichtheit gemäß EN 14351-1 bei weitem erfüllt sind. Dieses Wasser kondensiert dann im Falz aus und kann im Extremfall auch zu Eisbildung führen.

Heizungssystem: Früher waren üblicherweise Heizkörper unter den Fensterleibungen positioniert. Hierdurch ist ein ständiger Strom aufsteigender Warmluft gegeben, welcher dem Abkühlen und Abfallen von Luft vor dem Fenster entgegengewirkt. Heute werden vermehrt Fußbodenheizungen eingesetzt, die schon allein mit ihren geringen Vorlauftemperaturen keine nennenswerte Konvektion von Warmluft zu den Fenstern ermöglichen. Einbausituation: Durch die aus Gründen des Wärmeschutzes steigenden Dämmstärken ergeben sich tiefe Fensterleibungen, da die Fenster üblicherweise in der Dämmebene eingebaut werden, um Wärmebrücken möglichst gering zu halten. Dieser Einbau bringt jedoch das Problem mit sich, dass nicht in ausreichendem Maße Warmluft konvektiv am Fenster entlang strömen kann, selbst wenn konventionelle Heizkörper im Leibungsbereich angeordnet sind.

Raumklima: Die oben angeführten Punkte legen nahe, dass die in den letzten Jahren stark ansteigenden Probleme mit Kondensaterscheinungen nicht auf verglichen mit früher höheren Feuchtelasten zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf die veränderten Bauweisen, die nicht in der Lage sind, die anfallende Feuchtigkeit selbstständig abzuführen. Das Nutzerverhalten hinsichtlich Lüftung hat sich an diese neue Situation in vielen Fällen nicht angepasst. Selbst bei klimatischen Verhältnissen, die innerhalb der genormten Bereiche liegen, stoßen gerade Standard-Fensterkonstruktionen immer wieder an ihre Grenzen und es wäre eine zu einfache Sichtweise, die Schuldfrage allein dem Hersteller bzw. allein dem Nutzer zuzuschieben. Folgende Möglichkeiten können dabei helfen, auf die Kondensatproblematik zu reagieren:

Nutzerverhalten: Hierbei handelt es sich üblicherweise um das erste Argument der Hersteller bzw. Händler in Streitfragen. Dem Nutzer wird vorgeworfen, nicht oder nicht ausreichend zu lüften. Selbstverständlich gibt es Fälle, in welchen diese Kritik durchaus berechtigt ist, ebenso gibt es allerdings auch jene Fälle, bei welchen Schäden durch Kondensat auftreten, obwohl die Nutzer ein Klima aufrechterhalten, das völlig im unteren Bereich (zwischen 40 und 50 Prozent rel. Luftfeuchtigkeit) eines normalen behaglichen Wohnraumklimas liegt. Hinzu kommt, dass es in vielen Fällen aufgrund der durch Berufstätigkeit bedingten Abwesenheit der Bewohner gar nicht möglich ist, die notwendigen Lüftungsintervalle einzuhalten, womit Lüften als alleinige Problemlösung nicht geeignet scheint.

Fensterkonstruktionen: Ein günstiger Lösungsansatz zur Vermeidung von Kondensaterscheinungen im Falzbereich sind sicherlich verdeckt liegende Beschläge, da hier die innen liegende Dichtungsebene (Überschlagdichtung) nicht von Beschlagsteilen unterbrochen wird. Es muss aber auch gesagt werden, dass diese Beschläge hinsichtlich des Flügelgewichtes, das sie aufnehmen können, eingeschränkter sind.

Zum Schutz vor Oberflächenkondensat ist der Einbau thermisch verbesserter Fensterkonstruktionen eine Maßnahme, die bereits bei der Projektierung eines Bauvorhabens überlegt werden sollte. Während 3-fach-Isolierverglasungen mit Kunststoffstegen im Passivhausbereich Standard sind, wird auf solche Konstruktionen bei herkömmlichen Bauvorhaben, aber auch im Niedrig­energiebereich aus Kostengründen häufig verzichtet, was insbesondere bei Verwendung einer Fußbodenheizung als Raumheizung Probleme schaffen kann (s.o.). Hier sind auch die Hersteller gefragt, dem Kunden die Möglichkeiten und Grenzen einzelner Konstruktionen aufzuzeigen. Exemplarisch ist in Grafik 1 eine Standard-Fensterkonstruktion IV70 mit unterschiedlichen Verglasungen (Ug = 1,1 bzw. 0,7 W/m2K, Abstandhalter jeweils Aluminium, Edelstahl und Kunststoff) dargestellt. Man sieht deutlich die thermische Verbesserung im Bereich der Glaseinbindung, die durch Wahl der Verglasung und des Abstandhalters erzielt werden kann.

Diese ist in der zweiten Grafik noch einmal durch Zahlen belegt: So zeigt sich, dass bei der schwächsten Konstruktion unter Zugrundelegung einer Außentemperatur von 0 °C und einer Innentemperatur von 20 °C bereits eine rel. Raumluftfeuchte von 55 Prozent ausreicht, um erste Kondensaterscheinungen zu verursachen. Bei der günstigsten Konstruktion sind hierzu immerhin 71 Prozent notwendig. Analog beträgt die minimale Oberflächentemperatur an der Glaseinbindung bei ersterer Konstruktion 10,6 °C, bei letzterer 14,5 °C.

Grundlüftung sicherstellen: Eine weitere Möglichkeit, das Problem mit der Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen, besteht im Einbau einer kontrollierten Wohnraum-Lüftungsanlage, die selbstverständlich mit einem Wärmetauscher ausgestattet sein sollte. Hier wird zwischen zentralen und dezentralen Lüftungsanlagen (lesen Sie dazu auch den Fachbeitrag „Genug Frischluft im Haus“ aus dem GLASWELT Heft 04/09) unterschieden. Während erstere kostenintensiv in der Anschaffung sind und in bestehende Gebäude nur mit großem Aufwand zu integrieren sind, bieten letztere eine interessante Alternative zu drastischen Maßnahmen wie Glas- oder Fensteraustausch. Dezentrale Lüftungsanlagen verursachen Anschaffungskosten ab etwa 700 Euro pro Stück und können je nach Bedarf in Wohnräumen mit verhältnismäßig geringem Aufwand und auch nachträglich installiert werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Nutzer die veränderten Rahmenbedingungen hinsichtlich der Dichtheit der Gebäudehülle bewusst zu machen sind und dass das Nutzerverhalten entsprechend danach auszulegen ist. Aufgrund der dargelegten Problematik wäre es allerdings auch wünschenswert, dass im Fensterbau die Verwendung von Dreifachverglasungen mit thermisch verbessertem Abstandhalter zum Standard wird. Eine geregelte Lüftung mittels zentraler oder auch dezentraler Lüftungsanlage wird von der Holzforschung Austria nicht nur zur Vermeidung von Kondensaterscheinungen an kühleren Oberflächen empfohlen, sondern schon alleine zur Aufrecht­erhaltung einer Grundlüftung und somit einer gesunden ­Raumlufthygiene.—

Der Autor

Rupert Wolffhardt ist bei der Holzforschung Austria als technischer Angestellter beschäftigt.

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