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Fäulnis in den Rahmenecken

Zunächst galt es, die tatsächliche Häufigkeit von Schäden und die konkreten Probleme zu analysieren. Zu den Forschungszielen gehörten daher:

  • Analyse der Schadenshäufigkeit bezüglich Fäulnis im Fensterbau. Dies wurde durch Felduntersuchungen an 2119 weiß beschichteten Fenstern aus Fichte und Kiefer untersucht in Berlin-Marzahn und Braunschweig.
  • Untersuchung der Korrelation zwischen dem Auftreten von Fäulnis und dem Schutzmittelgehalt
  • Feststellung der Aufnahmemengen mit den bestehenden Einbringmethoden bei Kiefernholzfenstern (Bilder unten).

Aktuelle Regelwerke

In Deutschland herrscht zurzeit im Fensterbereich Unsicherheit bezüglich der Anforderungen an den chemischen Holzschutz. Die VOB Teil C sagt in Paragraf 3.13.3.1 der DIN 18355 „Tischlerarbeiten“: „Der Schutz des Holzes von Außenbauteilen muss DIN 68800-3 ‚Holzschutz – Vorbeugender chemischer Holzschutz’ entsprechen“. Und DIN 68800-3 fordert keine konkreten Einbringmengen für Holzschutzmittel.

Gemäß RAL-GZ 830 liegen die geforderten Einbringmengen für Präparate, die gegen Fäulnis und Bläue wirksam sind, zwischen 120 und 200 ml/m2. ­ Erfahrungsgemäß können diese Mengen jedoch durch einmaliges Tauchen, Fluten oder Spritzen mit Produkten auf Wasserbasis nicht erreicht werden.

Außenfenster und Außentüren mit einem dauerhaften intakten Anstrich können laut der aktuellen DIN 68800-3 in die Gefährdungsklasse GK2 eingestuft werden. Demnach dürfen sowohl alle Splinthölzer (Dauerhaftigkeitsklasse 5) als auch das Kernholz von Lärche, Douglasie und Kiefer (alle Dauerhaftigkeitsklasse 3-4) nicht ohne einen vorbeugenden chemischen Schutz gegen Fäulnis (pilzwidrig) im Fensterbau verwendet werden.

Die DIN 68800 wird derzeit grundlegend überarbeitet. Eine endgültige Veröffentlichung der Norm wird wahrscheinlich 2010 erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass auch die Regelungen für Fenster sich in dieser Überarbeitung wesentlich ändern werden.

Die Notwendigkeit eines vorbeugenden chemischen Holzschutzes kann auch in Anlehnung an DIN EN 460 (Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten) beurteilt werden. Der tatsächliche Status dieser Norm für den Fensterbau ist jedoch nicht abschließend geklärt. Da bei Vertragsverhältnissen auf Basis der VOB Teil C DIN 18355 der vorbeugende chemische Holzschutz jedoch weiterhin nach DIN 68800-3 durchzuführen ist, muss die Anwendung der DIN EN 460 gesondert mit dem Auftraggeber vereinbart werden.

Ergebnisse der Felduntersuchungen

Schadenshäufigkeit und Wirksamkeit des Holzschutzmittels: Die Ergebnisse zeigen, dass bei gleicher Ausführung der Fenster, die Witterungsbelastung einen deutlichen Einfluss auf die zu erwartende Häufigkeit von Schäden durch holzzerstörende Pilze aufweist. Ca. 10 Jahre alte Fens­ter, die in den unteren Stockwerken der untersuchten Objekte eingebaut waren, zeigten eine Schadensquote von ca. 0,5 %. Dem gegenüber sind ca. 10 % der Fenster im zehnten bis zwölften Obergeschoss von Fäulnis betroffen.

Fäulnisschäden wurden ausschließlich ausgehend von nicht intakten Rahmenverbindungen und Pfostenanschlüssen beobachtet. Dies deckt sich weitgehend mit den Erfahrungen aus Gutachterfällen der beteiligten Institute.

Die Rahmenverbindungen stellen heute, neben unkorrekten Anschlüssen und Koppelungen sowie phasenweise überhöhten raumseitigen Feuchtebelastungen, zweifellos die größte Schwachstelle des Holzfensters dar. Sich in der Nutzungsphase öffnende Rahmenverbindungen erlauben kapillaren Wassereintritt und Feuchteanreicherungen insbesondere über die freiliegenden Hirnholzflächen in den Brüstungsfugen. Bei dem in Deutschland gängigen Tauchen oder Fluten verklebter Rahmen bleiben ­diese Flächen zur Erzielung einer optimalen Verklebung jedoch planmäßig ohne chemische Schutzbehandlung.

Eine Wirksamkeit der derzeitigen Praxis des vorbeugenden chemischen Holzschutzes gegen Fäulnis konnte nicht belegt werden. Nur bei einer Minderheit der untersuchten Fenster war überhaupt ein nennenswerter chemischer Holzschutz nachweisbar.

Aufnahmemengen durch Tauchen und Fluten in der Produktion: Laboruntersuchungen lassen seit längerem vermuten, dass mit den üblichen Verfahren Fluten und Tauchen die gemäß RAL-GZ 830 geforderten Einbringmengen des vorbeugenden chemischen Holzschutzes gegen Fäulnis nicht erreicht werden. Um dies in der Praxis zu verifizieren, wurden in fünf Fensterbaubetrieben die Einbringmengen des Holzschutzmittels nach dem Tauchen, dem Fluten und nach der Imprägnierung am Einzelteil bestimmt. Die Untersuchungen zeigten, dass die geforderten Aufnahmemengen von 160 oder 200 ml/m2 durch einmaliges Fluten oder Tauchen mit wässrigen Mitteln nicht erreicht werden. Tatsächlich möglich sind Aufnahmemengen von ca. 100 ml/m2.

Zusammenfassung der Ergebnisse: Aus den Befunden der 2119 untersuchten Fenster lassen sich bezüglich der Schadenshäufigkeit bestimmte Muster ableiten:

  • Vom Erdgeschoss bis zum 3. Obergeschoss (OG) zeigte sich Fäulnis ausschließlich auf der Westseite. Bei den Fenstern vom 10. bis zum 12. OG war dagegen keine eindeutige Abhängigkeit von der Himmelsrichtung vorhanden.
  • Fäulnis trat ausschließlich an den kritischen Rahmenverbindungen, z.B. Eckverbindungen und Pfostenanschlüssen auf. Es waren auch Fenster betroffen, deren Brüstungsfugen von vorne dicht erscheinen, die aber seitliche Haarrisse aufweisen.
  • Offene Eckverbindungen und Pfostenanschlüsse waren an annähernd allen über 5 Jahre alten Fenstern vorhanden. Holzzerstörung durch Fäulnis war nur in wenigen Fällen zu beobachten.
  • Die geforderten Aufnahmemengen gemäß RAL-GZ 830 können durch einmaliges Fluten oder Tauchen mit wässrigen Mitteln nicht erreicht werden.

Fäulnis ist kaum vorhersagbar. Selbst krasse Fehlkonstruktionen, weit geöffnete Fugen oder Beschichtungsschäden korrelieren nur selten mit dem Auftreten von Fäulnis. Eine klare Korrelation zu den wirksamen chemischen Holzschutzmitteln nach 10 Jahren konnte nicht festgestellt werden.

Zusammenfassung

Systematische Untersuchungen von mehr als 2100 deckend weiß beschichteten Fenstern bezüglich vorhandener Behandlung, Belastungssituation und Auftreten von zerstörendem Pilzbefall ergab keinen eindeutigen Beleg für eine Wirksamkeit der derzeitigen Praxis des vorbeugenden chemischen Holzschutzes. Nur bei einer Minderheit der untersuchten Fenster konnten überhaupt in nennenswerter Menge eingebrachte Wirkstoffe nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen in repräsentativ ausgewählten Fensterbaubetrieben belegten, dass die vorgeschriebenen Soll-Einbringmengen in einmaliger Behandlung mit wässrigen Produkten in der Praxis tatsächlich nicht zu erreichen sind.

Statistisch eindeutig nachgewiesen wurde der Zusammenhang zwischen der Intensität der Witterungsbelastung, resultierend aus ungeschützter Einbaulage und Gebäudehöhe und einer zunehmenden Schadenshäufigkeit durch holzzerstörende Pilze. Der zerstörende Pilzbefall trat an den betroffenen Fenstern ausschließlich im Bereich undichter bzw. undicht gewordener Rahmenverbindungen auf.

Somit muss auch zukünftig der konstruktive Holzschutz die zentrale Maßnahme zur Vermeidung von Schäden durch holzzerstörende und holzverfärbende Pilze an Holzfenstern aus einheimischen Nadelhölzern sein.

Schlussfolgerung

DIN 68800-3 toleriert die Randschutz-Behandlung am verleimten Rahmen trotz der bekannten Problematik an der Schwachstelle Rahmeneckverbindung. Dabei ist mit der Imprägnierung der Einzelteile bereits ein alternatives Verfahren verfügbar, das im Bereich der Rahmenverbindungen und der kritischen Hirnholzflächen einen vollständigeren und damit auch verbesserten Schutz ermöglicht. Es stellt eine technisch angemessene und ökonomisch vertretbare Alternative zur aktuellen Praxis der Behandlung des Rahmens dar. Die Verleimbarkeit der behandelten Verbindungen und ihre zuverlässige und dauerhafte Dichtheit muss jedoch in jedem Fall nachgewiesen werden.

Basierend auf den Ergebnissen der Feld- und Laboruntersuchungen wurden Vorschläge für den Einsatz eines vorbeugenden chemischen Schutzes für Holzfenster erarbeitet:

  • Ein vorbeugender chemischer Holzschutz gegen Fäulnis muss die Eckverbindungen erfassen, da nur so ein Schutz gewährleistet werden kann.
  • Bei der Verwendung von reinen Kernholzsortimenten der natürlichen Dauerhaftigkeitsklassen 3-4 kann auf vorbeugende chemische Maßnahmen verzichtet werden. Ein Nachweis der erfolgten Sortierung/Splintfreiheit ist zu führen.
  • Fenster aus Hölzern der Dauerhaftigkeitsklasse 4 oder 5 sind mit einem vorbeugenden chemischen Schutz gegen Fäulnis zu behandeln. Um die gefährdeten Hirnholz- und Fügeflächen der Rahmenverbindungen zuverlässig zu erreichen, muss die Einbringung am Einzelteil erfolgen. An den übrigen Oberflächen sind die nach RAL-GZ 830 geforderten Einbringmengen gegen Fäulnis nicht zwangsläufig erforderlich. Hier müssen lediglich die gegen Bläue wirksamen Einbringmengen vorhanden sein. Ob bei Fenstern aus Hölzern der Dauerhaftigkeitsklassen 4 und 5 bei geringer Beanspruchung auf einen vorbeugenden chemischen Holzschutz gegen Fäulnis verzichtet werden kann, wurde in dem Projekt nicht abschließend geklärt.

Einen umfänglichen Literaturhinweis haben wir im Internet hinterlegt: Einfach unter http://www.glaswelt.de im Suchfeld den Webcode Nr. 733 eingeben.

Die Autoren

Dr.-Ing. Odette Moarcas, ift Rosenheim, ist Prüfingenieurin am ift Zentrum Glas, Baustoffe und Bauphysik.

https://www.ift-rosenheim.de

Dr. Dirk Lukowsky arbeitet am Fraunhofer Institut für Holzforschung (WKI Braunschweig) im Fachbereich Oberflächentechnologie.

https://www.wki.fraunhofer.de/

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