Auch wenn die Energieeinsparpotenziale bislang nicht ausgeschöpft sind, zeigen die Bemühungen der Verbraucher und der Anbieter doch erste Erfolge. Auf jeden Fall sind Anstrengungen in allen Bereichen erforderlich, um die Ziele der Bundesregierung – eine Reduzierung um 40% beim CO2-Ausstoß bis zum Jahre 2020 ausgehend vom Bezugsjahr 1990 – zu erreichen.
Es bleibt festzustellen, dass eine Vielzahl neuer und guter Produkte mit hohem Energieeinsparpotenzial entwickelt wurden, aber leider die Marktanreize noch nicht ausreichen, um das in Deutschland vorhandene Potenzial von rund 340 Millionen schlecht gedämmter, zu sanierender Fenstereinheiten mit einem CO2-Einsparpotenzial von gut 27000 Mio. t auszuschöpfen. Weitere Fördermaßnahmen, aber auch der Energiebedarfsausweis fwerden hier sicher zu einer weiteren Belebung ühren. Der Referentenentwurf zur Energieeinsparverordnung (EnEV) liegt nun endgültig vor und die Prognosen der letztjährigen Fenstertage haben sich weitgehend bewahrheitet. Forderungen nach Fenstern mit U-Werten unter 1,0 W/(m2K) begegnen uns bereits heute in der täglichen Praxis.
Wärmeschutz in Europa
Energieeinsparung kann natürlich nur eine globale Aufgabe sein, auch wenn zur Zeit 80 Prozent des Energieaufkommens und der CO2-Belastung auf die Industrienationen fallen.
Interessant ist bei der Beurteilung der Exportaussichten von energieeffizienten Produkten die Frage nach den in den Exportländern geforderten Grenzwerten. Hierbei bleibt festzustellen, dass Deutschland eine Vorbildfunktion einnimmt. Oft folgten unsere Nachbarn unserem Beispiel in Bezug auf erforderliche Kennwerte und Nachweisverfahren. Zu erwarten ist aktuell auch weiterhin ein schnelles Angleichen der Anforderungen, die in neuen Regeln für Deutschland verankert wurden. Dies ermöglicht den hiesigen Herstellern einen technologischen Vorsprung und beste Exportchancen in diese Märkten.
Aktuelle Entwicklungen
Stark vorangetrieben durch neue Aussagen und Marketingstrategien, auch die der Glashersteller, ist der Marktanteil wärmetechnisch optimierter Fensterkonstruktionen und verbesserter Gläser stark gestiegen. So beträgt der Anteil von Dreifachgläsern bereits rund 20 Prozent des Marktes – an weiteren Optimierungen wird gearbeitet. Insbesondere beim Gesamtenergiedurchlassgrad g, aber auch bei der Lichttransmission der Gläser. So gibt es bereits heute Gläser am Markt, die neben U-Werten von 0,5 W/(m2K), g-Werte von bis zu 0,57 und Lichttransmissionen von bis zu 0,75 realisieren können. Dies sind g-Werte, welche eher bei einem Zweifach-Isolierglas zu erwarten waren. Daraus mag die Prognose abzuleiten sein, dass hochwertige Verglasungen mit extrem verbesserten bauphysikalischen Eigenschaften demnächst die Regel sein werden.
Auch die Rahmenhersteller haben sich dieser Entwicklung gestellt: Neben optimierten Formgebungen und der Reduzierung von Strahlungsprozessen in den Profilen, stehen Materialien mit guten Dämmeigenschaften im Vordergrund. Dem folgt beispielsweise die Entwicklung von Kunststofffenstersystemen mit wärmetechnisch verbesserten Verstärkungen oder vollkommen ohne Verstärkungsprofile, die Weiterentwicklung von Sandwichbauweisen bei Holzfenstern oder die Optimierung der Wärmedämmzonen bei Metallkonstruktionen. Damit werden je nach Material Uf-Werte um 1,0 W/(m2K) oder deutlich darunter erzielt.
Viele Systemhäuser folgen dem Trend, Elemente der Gebäudetechnik in die Bauteile zu integrieren. Das Angebot von Antrieben für automatische Bedienfunktionen, aber auch die Integration von zusätzlichen Funktionen wie Sonnenschutz und Lüftungseinrichtungen erweitert sich ständig. Vor allem die Fassaden gehen hierbei durch die Integration von Technikelementen den Weg konsequent weiter, um damit Aufgaben für das Gebäude wie Kühlung, Lüftung, Lichtlenkung und Beleuchtung sowie die Energiegewinnung durch Solartechnik in die Außenhaut zu integrieren.
Künftige Aufgaben für Hersteller
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das Bundesbauministerium (BMVBS) hat eine Richtlinie zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von Gebäuden herausgegeben, die von Minister Tiefensee im Mai diesen Jahres vorgestellt wurde. Die ersten Zertifikate mit dem Deutschen Gütesiegel „Nachhaltiges Bauen“ werden auf der Bau 2009 in München überreicht.
Die Diskussion um mangelnde Ressourcen und höhere Energiekosten beflügeln Forscher, sich mit neuen Gebäudekonzepten auseinanderzusetzen. Diskutiert wird für die Zukunft über Aktivhäuser oder Energiezugewinnhäuser. Diese Konzepte basieren darauf, dass künftige Gebäude mehr Energie erzeugen können, als die Nutzer verbrauchen. Vor allem auf Nordseiten und der Sonne abgewandten Gebäudeoberflächen werden hierbei Fenster gefordert, die über den zukünftigen Wärmedämmstandard der EnEV 2012 hinausgehen. Wo hingegen die Einstrahlung stärker ausfällt, sind Gläser mit optimierten g-Werten, Fassadenflächen mit integrierter Photovoltaik und Sonnenschutz- und Lichtlenksysteme gefragt. Deren Anbindung an die technische Gebäudeausstattung ist die Voraussetzung – und die Herausforderung an die Hersteller – ein Gebäude bedarfsgerecht und energiebewusst zu steuern.
In Anbetracht des Einfallsreichtums, der Innovationsgeschwindigkeit und der Umsetzungsstärke des letzten Jahres ist sicher, dass hierfür die richtigen Lösungen gefunden werden. Damit erhalten auch die Bauelemente Fenster, Fassade und Tür im Gebäude einen höheren Stellenwert. Denn mit Hilfe von Sensorik und Antriebstechnik können sie auf Veränderungen der Randbedingungen sowie die Wünsche der Nutzer entsprechend reagieren.
Normung und Regelwerke
Durch die immer besser werdenden Produkte ist die Genauigkeit der anzusetzenden Verfahren zur Bewertung wichtig. Im Fokus steht hierbei im energetischen Bereich vor allem der vielfach diskutierte Unterschied von gerechneten und gemessenen U-Werten von Profilen und Fenstern. Zu diesem Thema findet derzeit die Überarbeitung der DIN EN 10077-2. statt. Wesentlich ist es, das Verfahren so anzugleichen, dass das Ergebnis der Rechnung den Messungen besser entspricht.
Neu ist auch die Diskussion um die energetische Kennzeichnung der Fenster, – im europäischen Bereich bekannt als „Energy Labelling System for Windows“. Die Arbeiten sind hier weit vorangeschritten und ein recht komplexes Verfahren wurde erarbeitet. Die erforderlichen Parameter sind dabei allerdings national festzulegen. So wird das in Dänemark, Großbritannien oder auch Finnland bekannte System nach wie vor untereinander zu keiner Vergleichbarkeit führen. In Deutschland wird die Erfordernis einer derartigen Zertifizierung energetisch besonderer Fenster nicht gesehen. Die zur Charakterisierung des Fensters in Deutschland relevanten Merkmale wie U-Wert, g-Wert und Lichttransmission werden nach europäisch einheitlichen Verfahren ermittelt und gehen so in die Gesamtbilanzierung des Fensters ein.
Produktnorm Fenster DIN EN 14351
Die Diskussion um die Produktnorm Fenster ist bereits in eine neue Runde getreten; so wurde ein neues Amendment (Anm. d. Redaktion: Zusatzartikel, Ergänzung) zur Produktnorm fertig gestellt. Darin enthalten sind eine Präzisierung zur Anwendung der Norm, aber auch vereinfachte Verfahren, bspw. zur Ermittlung der Luftdurchlässigkeit von Fenstern ohne Prüfung. Dieses Amendment befindet sich derzeit in der Formal-Vote-Phase (Anm. d. Redaktion: Abstimmungsphase). Es ist damit zu rechnen, dass es noch vor Ablauf der Koexistenzperiode, also dem Zeitpunkt der zwingenden CE-Kennzeichnung von Fenstern und Außentüren, in Kraft tritt.
Unklarheiten bestehen derzeit durch die diskutierte Verlängerung der Koexistenzperiode um ein Jahr, also von 2/2009 zu 2/2010. Ein derartiger Antrag liegt zurzeit dem Technischen Komitee vor. Es ist damit zu rechnen, dass die Experten in TC33 eine Verlängerung wünschen, dies heißt jedoch nicht, dass automatisch eine Verlängerung der Koexistenzphase erfolgt. (Lesen Sie hierzu auch die Meldung auf S. 34)
Zusammenfassung und Ausblick
Wichtig ist es, dass durch richtige Rahmenbedingungen Anreize geschaffen werden, im Neubau und Bestand energetisch verbesserte Produkte zu fördern. Schließlich sollte die Energieeinsparung noch vor der Frage einer umweltgerechten Energieerzeugung an erster Stelle stehen. Energie, die nicht verbraucht wird, muss erst gar nicht erzeugt werden. Rund 50 Prozent unserer Energieverluste verheizen wir immer noch über ungedämmte Außenfassaden. Etwa die Hälfte davon entweicht über alte Fenster und Türen. Mit modernen Fenstern könnten allein in Deutschland ca. 27000 Mio. t CO2 eingespart werden. Es macht allerdings vereinzelt den Eindruck, dass ähnlich wie in den 70er Jahren die Rationalisierung und Weiterentwicklung der Produktion, verglichen mit der konstruktiven Weiterentwicklung der Fenstertechnik, überwiegt. Eine wesentliche Aufgabe der Fensterhersteller wird vor allem in der Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit und Qualität dieser neuen, komplexen und mit viel Technik versehenen Produkte liegen.—
Der Autor
Dipl.-Ing. Ulrich Sieberath ist seit über 25 Jahren in der Fenster-, Fassaden-, Tür- und Glasbranche aktiv.
Seit dem Jahr 2004 leitet Sieberath das Institut für Fenstertechnik in Rosenheim. Er ist in vielen Fachgremien und technischen Ausschüssen tätig sowie als Gutachter, Fachreferent, Autor und Lehrbeauftragter.