Allen in der letzten Zeit geführten Diskussionen um eine Verlängerung der Koexistenzphase der Produktnorm Fenster und Außentüren zum Trotz, wird den handwerklichen Fensterbauern empfohlen, sich weiter auf die Umstellung und die neue Situation vorzubereiten. Die von den Handwerksverbänden der Tischler/Schreiner und Glaser vorbereitete Lizenzlösung „CE-plus“ hilft dabei. Sie liefert aber darüber weit hinausgehend abgesicherte Werte für die vom Kunden ohnehin erwarteten oder beauftragten Leistungsmerkmale und ist damit eine hervorragende Maßnahme zur Qualitätssicherung.
In der Tat: Die Koexistenzphase bei der CE-Kennzeichnung bei Fenstern und Außentüren gemäß der DIN EN 14351-1 Fenster und Türen ist verlängert. Entschieden wurde diese Frage im Wesentlichen von dem durch die Bauaufsichten und Bauministerien der EU-Mitgliedstaaten bestimmten „Ständigen Ausschuss für das Bauwesen“.
Trotzdem wird den Fensterherstellern empfohlen, mit den Vorbereitungen für die betriebliche Einführung der CE-Kennzeichnung fortzufahren. Diese Kennzeichnung, bzw. der zugehörige „Hintergrund“, hat nämlich eine ganze Reihe sehr gewichtiger Vorteile.
In der Praxis ist es eben so, dass der Auftraggeber eine Leistung zu erwarten hat, die seinen Vorgaben, ggf. sogar nur seinen Vorstellungen zu entsprechen hat und zudem den anerkannten Regeln der Technik. Dies sagt uns die VOB in ihrem Teil B in § 13, in dem es um Mängelansprüche geht. Dieser Rechtsbegriff ist in der Form der „Freiheit von Sachmängeln“ eine Voraussetzung für den Vergütungsanspruch. Die in diesem Zusammenhang ebenfalls vorausgesetzte Umsetzung der „vereinbarten Beschaffenheit“ – das sind mit anderen Worten die Anforderungen des Auftraggebers an seine Fenster – wird also in jedem Fall zu erledigen und in zunehmendem Maße auch nachzuweisen sein.
Anforderungen an ein Fenster sind regelmäßig:
- „Statik“ bzw. Durchbiegungsbegrenzung (gefordert gemäß TRLV)
- Wärmedämmung (gefordert gemäß EnEV)
- g-Wert der Verglasung (benötigt für EnEV-Nachweis)
- Luftdichtheit (gefordert gemäß EnEV)
- Schlagregendichtheit
- ggf. Schalldämmung
- ggf. Bedienungskräfte
- ggf. mechanische Festigkeit
- etc.
Während sich ein normaler Auftraggeber zum Beispiel über die Statik oder Stabilität seiner Fenster im Vorfeld regelmäßig keine Gedanken macht, sondern ein Funktionieren einfach als selbstverständlich und gegeben voraussetzt, sieht dies bei der Wärmedämmung oder dem Schallschutz schon ganz anders aus. Nicht nur, dass bei diesen Anforderungen eine relativ konkrete Vorstellung über die Ausprägung besteht – man hat als Verbraucher einfach bestimmte Erwartungen. Und diese übertreffen zudem häufig die etwa in der EnEV geforderten Mindestwerte deutlich: Welcher nur halbwegs informierte Kunde wird sich im Fall eines Fensteraustauschs mit einem Uw-Wert von 1,7 W/(m2K) zufrieden geben, wenn ein Uw von 1,3 oder 1,4 W/(m2K) seit längerer Zeit als Standard angesehen wird und in absehbarer Zukunft noch bessere Werte als Mindestanforderungen gestellt werden?
Nun ließ sich der U-Wert eines Fensters schon relativ einfach und sicher mittels Tabellenablesung oder auch Formelberechnung ermitteln; bei der Luftdichtheit und der Schlagregendichtheit war man auf eine Art „Freistellung“ angewiesen, wonach in der DIN 68121 „Holzfensterprofile“ ein Passus aussagte, dass bei Einhaltung der Vorgaben dieser Norm ein Nachweis der Gebrauchstauglichkeit in der Regel nicht zu führen ist. Welcher Fugendurchlasskoeffizient oder welche Klasse der Luftdichtheit oder der Schlagregendichtheit aber erreicht wurde oder mit welchen konstruktiven Details welche Merkmalausprägung zu schaffen war, blieb dabei – zumindest hinsichtlich der europäischen Klassen – völlig offen.
Systeme bringen Klarheit
Systeme für Holzfenster, wie das genannte „CE-plus“ der „fenstermarke tischler/schreiner“, bringen Sicherheit und Verlässlichkeit in die Branche. Es wird nämlich durch sehr umfangreiche Prüfungen und Nachweise dafür gesorgt, dass die Fenster hinsichtlich der dafür erklärten Eigenschaften eine sehr hohe Sicherheit bezüglich des Erreichens bzw. Einhaltens bieten.
Wenn es beispielsweise für einen IV68-Querschnitt maximale Flügelgrößen bei einer bestimmten Windbelastung (= Klasse des Windwiderstands) gibt und die dafür notwendigen Schließbleche mit ihrem Abstand und der Art der Befestigung vorgegeben sind, funktioniert ein solches Fenster mit bedeutend höherer Sicherheit, als wenn nach Gutdünken oder Erfahrung ein Abstand und die Verschraubung festgelegt werden oder wenn es gar dem Mitarbeiter hinten in der Werkhalle überlassen wird, die „Mittelverriegelungen“ einzubringen. Ein Beispiel dazu ist links im Bild dargestellt
Hinzu kommt bei dieser Leistungseigenschaft, dass schon die Ermittlung der Windlasten – in Deutschland immer noch und wieder durch die DIN 1055-4 vorgegeben – recht kompliziert geworden ist. Dennoch: Durch die genauere Betrachtung einer Belastung kann aber sehr angepasst Rechnung getragen werden, um eine wirtschaftliche und nicht hoffnungslos überdimensionierte Konstruktionen abzuliefern.
Es gibt in Teilbereichen schon lange Erfahrungen mit durch einen Systemgeber ermittelten Fenstermerkmalen und darüber erhaltenen Prüfberichten, die dann andere Verarbeiter übernehmen, auf die eigenen Produkte übertragen konnten. Nicht nur, dass bei Kunststoff-, Aluminium-, Holz-Metallfenstern eine Systemprüfung gang und gäbe war und ist, auch bei Holzfenstern gibt es speziell bei dem Thema „Schallschutz“ beim Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg jahrzehntelange Erfahrungen. Mangels Systemgebern bei Holzfenstern hat es sich der Verband zur Aufgabe gemacht, die kleineren und mittleren Hersteller in einem wichtigen Marktsegment durch abgesicherte Konstruktionen zu unterstützen – mit ausnahmslos guten Erfahrungen bei allen Beteiligten. Die Übertragung des exakt gleichen Gedankens passiert bei Systemen wie „CE-plus“ für eine große Anzahl von Merkmalen, die ein Fenster hat oder haben muss. Nur heute heißt das auf englisch halt: „cascaded ITT“ = Nutzung fremder weiter gegebener Prüfergebnisse.
Die Vorteile für den Hersteller, wie auch für den Kunden sind die gleichen, die sich in der Vergangenheit vielfach bewährt haben.
Aus diesen Gründen heraus empfehlen die handwerklichen Verbände, die Holzfenster-Hersteller vertreten bzw. zu betreuen haben, dass sich die produzierenden Betriebe als Lizenznehmer dem „CE-plus“-System der „fenstermarke“ anschließen. Sie profitieren damit nicht nur von einem ausgereiften, sehr umfassenden und tiefgründigen Holzfenstersystem und können – Koexistenzperiode hin oder her – die CE-Kennzeichnung mit verlässlichen Werten nutzen. Und selbst, wenn diese Kennzeichnung zunächst einmal nicht genutzt werden soll, können die mit dem System bestehenden Hintergründe, Prüfungen und Nachweise für die „eigene Sicherheit“, sprich Qualität, genutzt werden. Ein Bonbon gibt es vom Lizenzgeber gratis oben drauf: Die Jahresgebühr von 90,– Euro wird erst dann angerechnet, wenn die Koexistenzphase der Produktnorm Fenster abgelaufen ist und damit die CE-Kennzeichnung obligatorisch werden wird. Lizenznehmer warten also nicht auf den Zwang, sondern suchen – wie schon bisher weit über 300 Kollegen – ihre Chancen losgelöst und unabhängig davon.—
CE-Infos in der GLASWELT
Die GLASWELT hat sich in vielen Beiträgen dem Thema CE-Zeichen und der Koexistenzphase gewidmet:
Zuletzt erschien in Heft 12/08 und 01/09 ein Beitrag und ein Interview von und mit Prof. Niemöller zur Thematik „Ausnahmen bei CE“
In Heft 11/08 berichteten wir über Diskussionsbeiträge zum Thema CE in einem Internetforum.
Das Heft 10/08 widmete sich sehr ausführlich im Titelthema dem CE-Zeichen für Fenster und Fassaden. Dort wurde die Kennzeichnungspflicht eingehend beschrieben und die Unterstützungen durch Verbände, Institute und Unternehmen vorgestellt.
Die Autoren
Reiner Oberacker, Technischer Berater im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg. (https://www.gff-online.de/).
Franz-Josef Wiegers, Technischer Berater im Tischlerverband Nordrhein-Westfalen.