_ Digitales Bauen beschreibt eine neue Herangehensweise beim Entwurf und der Entwicklung eines Gebäudes. Dabei wird als erster Schritt das Projekt – sprich das Gebäude/die Fassade – vorab dreidimensional „gebaut“. Die Idee dahinter: Schon sehr früh sollen durch diese Simulation mögliche Fehler und etwaige Kollisionen der Gewerke aufgezeigt und ausgeräumt werden, und zwar bevor die eigentliche Planungsphase beginnt.
Darüber hinaus ist auch die weitere Planungsarbeit eng an dieses 3D-Modell gebunden. Wichtige Institutionen, wie beispielsweise das Deutsches Bundesinstitut für Bau, Stadt und Raumforschung, erarbeiten bereits heute schon Leitfäden für die zukünftige Abwicklung dieser Planungsaufgaben, die auch einen großen Einfluss auf die Umsetzung von Fassaden bedeuten.
Wettbewerbsfähigkeit sichern
Für Fassadenbauer, die als zukunftsorientierte Unternehmen am Markt agieren wollen, ist es mittelfristig wohl unumgänglich, die Technik der Gebäudedatenmodellierung im eigenen Betrieb zu integrieren.
Warum? Da die Planer zunehmend mit BIM arbeiten, müssen auch die Verarbeitungs-Betriebe über kurz oder lang in das System BIM investieren, um von Aufträgen nicht abgeschnitten zu werden. Dabei wird sich die technische Herausforderung zur Umsetzung des digitalen Bauens im Metall bzw. Fassadenbau künftig insbesondere in den Prozessen der Vorfertigung der Fassaden-Elemente wiederfinden.
Während früher auf Basis von Architektenplänen Ausführungspläne gezeichnet wurden, wird nach dem System der Gebäudedatenmodellierung das 3D-Modell, also der Kern der Planung permanent auf einen aktuellen Ausführungsstand „verfeinert“.Basierend auf diesem Gebäudemodell werden im Bauprojekt dann alle Detailpläne durch die unterschiedlichen Gewerke erstellt und der Planstand dann dem Generalplaner zur Verfügung gestellt. Dies hat den Vorteil, dass eventuelle Kollisionen bereits durch die Generalplanung frühzeitig erkannt werden können.
Dadurch findet der gesamte Planungsprozess auf eine partnerschaftliche Weise statt. In Bild 01 ist dieser Prozess als Übersicht dargestellt. Hierbei ist deutlich zu sehen, dass es zu einer dauernden Rückkopplung der Informationen kommt, was wiederum eine enge Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten unabdingbar macht.
Klar ist, dass für die Produktion im Fertigungswerk immer noch Fertigungszeichnungen auf klassischem Wege vorbereitet werden. Ziel soll jedoch sein, diese Zwischenschritte so weit wie möglich zu minimieren.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Fertigungszeichnungen der Handwerker immer auf letztgültigen Plänen des Architekten basieren, Anschlussgewerke aber auch mit den letztgültigen Fassadenplänen planen können.
Das Ziel soll sein, Werkstatt und Montagepläne über den BIM Koordinator direkt aus dem dreidimensionalen Gebäudemodell zu nehmen. Und die Einspeisung der Plandaten in computerunterstütze Fertigungswerkzeuge schließt dann in der Vorfertigung den Planungskreislauf.
Herausforderung für Fassadenbauer
Die Verarbeitung den notwendigen Informationen und Daten in einem gesamtheitlichen 3D-Plan birgt eine Reihe von Herausforderungen für die ausführenden Firmen, insbesondere auch für den Fassadenbauer. So werden die meisten EDV Systeme, die heute im Bereich der Planung und der Fertigung eingesetzt werden, künftig nicht mehr die Kapazitäten besitzen, die nötigen Datenmengen zu verarbeiten. Schon in der praktischen Anwendung ausgewählter Projekte stellen sich die immensen Datenmengen als größtes Problem dar.
Neben der Anschaffung leistungsfähiger Hard- und Software wird es demnach zwingend erforderlich, leistungsfähigere Internetanschlüsse für den regelmäßigen Austausch dieser Daten zu besitzen. Der Einsatz dieser Technologie bedingt weiter, dass Mitarbeiter auf diese Systeme geschult werden müssen. Somit wird sich auch das zukünftige Anforderungsprofil an einen Metallbautechniker grundlegend ändern.
Fassadenbauer, die viel mit Systemhäusern zusammenarbeiten, müssen sicherstellen, dass diese Systemgeber bereits ihre Daten als BIM-fähige Dateien anliefern können. Dies ist im deutschsprachigen Raum vielfach bereits der Fall.
Aus dem Plan direkt in die Maschine
Mithilfe von modernen Fertigungszentren im Bereich der Profilverarbeitung macht es Sinn, die digitale Planung mit der computergesteuerten Fertigung zu verknüpfen. Weiter lässt sich so gewährleisten, dass die Werkplanung immer einen direkten Zusammenhang und somit auch eine fehlerfreie Darstellung zum Grundmodell besitzt. Dies gilt auch im Bezug auf die Montage.
Bedingt durch die zukünftig enge Zusammenarbeit zwischen Ausführungsplanung (Handwerker) und Architekten bzw. Fachplaner, ist der Fertigungsprozess im Gesamten sicherlich neu zu definieren. Dazu müssen die fertigungsverantwortlichen Mitarbeiter im Umgang mit dem BIM-Modell geschult werden. Weiter müssen in der Praxis etwaige Abweichungen der gefertigten Produkte dem Planungsteam respektive dem BIM Koordinator rückgemeldet werden.
Wurde früher am Ende des Projekts eine „as built“ Planung dem Auftraggeber abgegeben, so müssen künftig alle baubedingten Änderungen sofort in den Planungsprozess eingespeist werden.
Bei den hier genannten Veränderungen in Planung und Fertigung sowie in Bezug auf Investitionen stellt sich natürlich die Frage, welche Vorteile diese nun für der Verarbeiter bringen.
Durch die Tatsache, dass das dreidimensionale Modell erstens ständig auf dem neuesten Stand gehalten wird und zweitens als Basis für die Arbeiten aller Gewerke dient, ist die konstante Aktualität der Pläne ständig gegeben. Umplanungen bzw. Änderungen am Gebäude können ebenfalls sofort erkannt werden.
Als größten Vorteil für der Verarbeiter ist dabei die konstante Kollisionsüberprüfung zu nennen. Anhand dieser ist es möglich, Planläufe zu verkürzen und die Anzahl von Wiedervorlagen von Plänen zu minimieren.
Dazu kommt: Änderungen im Herstellungsprozess – sei es technischer oder planerischer Natur – beinhalten Risiken, das ist auch heute so. Durch die Digitalisierung des Bau- und Planungsprozesses lassen sich diese jedoch minimieren.
Der Prozess hebt den Preis
Das System des Building Information Modeling beschreibt neben der digitalen Planung auch die Überwachung von Kosten und Terminen. Das bedeutet, dass das dreidimensionale Modell in der Angebotsphase bereits die Ausschreibungspläne darstellt bzw. beinhaltet.
Somit muss neben der Planungsabteilung des Fassadenbauers auch die Kalkulation-/Administration über die notwendigen Hard- und Softwarekomponenten verfügen, um auf Basis dieser Pläne ein Angebot zu erstellen. Dabei ist zu unterstreichen, dass diese Tatsache bereits über den Gewinn des Auftrages entscheiden kann.
Vor allem müssen die Kalkulationsprogramme in der Lage sein, die 3D-Pläne zu interpretieren. Die Schulung der Mitarbeiter nimmt somit einen höheren Stellenwert ein, da die Kalkulierenden meist fremd gegenüber CAD-Systemen sind und so ein zusätzlicher Schulungsbedarf besteht.
Insgesamt kann man sicherlich von einer finanziellen Herausforderung für den Verarbeiter sprechen. Zusammenfassend gliedern sich die notwendigen Investitionen wie folgt:
- Softwareumstellung in Planung, Fertigung und Kalkulation
- Hardware-Upgrade: neue leistungsfähige PCs
- Schneller, leistungsfähiger Internetanschluss
- Zusätzliche Mitarbeiter-Schulungen, Anstellung neuer, auf BIM spezialisierte Mitarbeiter.
Wie eingangs erwähnt, sind in Zukunft diese Investitionen in einem Fassadenbau-Betrieb zwingend notwendig, um auch für öffentliche Bauherren Angebote erstellen zu können. Weiter sollte bzw. muss hinter diesen Investitionen zudem auch ein finanzieller Nutzen stehen, um diese zu amotisieren.
Gerade bei öffentlichen Aufträgen, wo meist eine zwingende elektronische Bauabrechnung zu erfolgen ist, ist der Nutzen im Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zu sehen.
Berücksichtigt man diese Punkte wird deutlich, dass die Ausführung eines BIM-Bauprojekts, sei es in Hinblick auf die Planung oder die Abrechnung, höhere Kosten verursacht als bisher.
Wo lassen sich Kosten abrechnen?
Der erhöhte Koordinationsaufwand gepaart mit dem Einsatz geschulter Mitarbeiter und die Notwendigkeit leistungsstarker Software-Systeme machen es unumgänglich, bereits in die Angebotskalkulation eine Erhöhung der Planungskosten einfließen zu lassen.
Somit muss es dem Bauherren klar sein (oder ihm deutlich gemacht werden), dass das Konzept der Gebäudedatenmodellierung, die über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes funktionieren soll, auch in jeder Lebenszyklusphase Mehrkosten verursacht.
Dabei ist der Vorteil des Bauherren ebenfalls hervorzuheben. So Ist die Abwicklung eines BIM koordinierten Projekts für die spätere Gebäude-Bewirtschaftung von immensem Vorteil. Auch kann eine koordinierte BIM-Planung Kollisionen vorbeugen und so teure Umplanungen verhindern.
Chancen annehmen, Risiko akzeptieren
Mit der Einführung von BIM besteht für den Fassadenbauer die Chance, sich bereits heute ein Know-how in diesem Bereich aufzubauen. Dieses Fachwissen wird in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit mittel- und langfristig viel wert sein, gerade auch im Hinblick auf öffentliche Ausschreibungen. Je früher sich der Fassadenbauer in diesen Trend „einklinkt“, desto schneller kann er seine Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Gleichzeitig stellt das BIM-System für den Handwerker auch eine erhebliche Erleichterung bei der Kalkulation seiner Projekte dar. War er früher davon abhängig, dass Architekten genügend Schnitte und Detailpläne der Ausschreibung mit beilegen, ist es heute mit dem Gebäudedaten-Modellierung möglich, das Gebäude und die zugehörigen Produkte (inklusive der Details) bereits frühzeitig virtuell zu sehen und zu bewerten.
Somit ist eine viel feinere Beschreibung des Leistungsziels (des Handwerkers) möglich, als es in der Standard-Planung bisher möglich war. Mithilfe der Gebäudedatenmodellierung lassen sich sogar gewisse Bauabläufe vorab simulieren.
Das Fazit des Autors
Abschließend lässt sich sagen, dass das Thema digitales Bauen immenses Potenzial, vor allem für die Metall- und Fassadenbranche birgt. Der einzelne Verarbeiter kann dabei mit geschickten Strategien in seinem Markt in den nächsten Jahren eine vorherrschende Stellung einnehmen.
Im folgenden Artikelteil geht Autor Florian Wochel darauf ein, welche Qualifikationen die Metallbautechniker zukünftig mitbringen müssen und wie sich BIM auf die Ausbildung der nächsten Generation von Metallbauern auswirken wird. Weiter wird erläutert, wie passend dazu eine Stellenbeschreibung aufgebaut werden muss und was diese beinhalten sollte.—
Der Autor
Ingenieur Florian Wochel ist für die Schweizer Caretta + Weidmann Baumanagement AG tätig