Daniel Mund – Hörmann ist ein Familienunternehmen par excellence. Wie ist die Geschäftsleitung bei Hörmann organisiert?
Martin J. Hörmann – Mein Bruder kümmert sich um Amerika und Europa und ich bin verantwortlich für Deutschland und Asien. Neben der regionalen haben wir auch eine thematische Aufteilung festgelegt: Mein Bruder kümmert sich um die Tor-Thematik und ich mehr um die Türen. Und natürlich ist auch unser Vater immer noch im Unternehmen aktiv.
Mund – Wie groß und wie wichtig ist der deutsche Markt für Hörmann?
Hörmann – Der deutsche Markt ist mit 50 bis 60 Prozent mit Abstand der größte Einzelmarkt für uns. Und Deutschland war in den letzten Monaten und Jahren sehr stark und quasi die Lokomotive der Branche. Europa insgesamt kommt aber jetzt auch wieder – am meisten gelitten haben wir in Osteuropa. Dort hoffen wir auch in diesem Jahr den Boden erreicht zu haben, und dass es wieder aufwärts geht.
Mund – Sie haben ganz unterschiedliche Standbeine: Vom Garagentor über die Haus- und Innentüren bis hin zu Antrieben und Sonnenschutzelementen. Können Sie uns die jeweilige Bedeutung der Sparten darstellen? Welche Sparten sind besonders erfolgreich?
Hörmann – Das ist eigentlich eine nicht zu beantwortende Frage, denn unsere Produktgruppen mischen sich. Ein Beispiel: Es gibt ein Werk, das Garagentore herstellt, in dem aber auch eine signifikante Zahl an Nebentüren produziert wird. Aber grundsätzlich halten sich die Bereiche Tore und Türen umsatzmäßig die Waage.
Mund – Aus dieser Aussage lässt sich herauslesen, dass die einzelnen Sparten gut miteinander vernetzt sind …
Hörmann – Wir wollen für unsere Kunden immer der sein, der alles aus einer Hand bietet. Wir wollen mit unseren Produkten möglichst viele Löcher am Bau schließen können. Früher waren wir zusätzlich noch ein großer Fensteranbieter – aber diesen Bereich haben wir aufgegeben.
Mund – Der Fensterbauer bleibt als Kunde in Ihrem Fokus?
Hörmann – Der klassische Fensterbauer bzw. Bauelementehändler bleibt für uns interessant als Abnehmer für Haustüren, aber auch für Garagentore und Innentüren – das ist immer die Frage wie er aufgestellt ist. Und mit der Gruppe Alukon Schlotterer rollcom sind wir natürlich auch interessant mit unseren Aufsatzrollläden und Raffstoren und textilen Außenbehängen.
Mund – Auf der BAU im Januar haben Sie im Innentürenbereich ganz neue Oberflächen gezeigt. Wie kamen diese bei den Besuchern an?
Hörmann – Da scheinen wir den Trend voll erwischt und den Nerv und den Geschmack der Zeit getroffen zu haben. Die Farben Weiß, Lichtgrau und Anthrazitgrau sind nun auch mit ultramatter oder hochglänzender Oberfläche erhältlich. Übrigens ist auch bei Garagentoren anthrazit eine sehr interessante Farbe. Eine weitere Oberfläche der neuen Türenlinie „ConceptLine“ erinnert in Optik und Haptik an Schiefer und zeichnet sich durch eine edle Licht- und Schattenwirkung sowie eine reliefartige Struktur aus.
Mund – Blicken wir auf Ihr Haustürangebot: Das RC3-Sicherheitspaket ist jetzt serienmäßig in einer ThermoSafe und ThermoCarbon Haustür? Warum lassen Sie sich den Mehraufwand nicht mit einem Preisaufschlag bezahlen?
Hörmann – Vor allem geben wir damit unseren Vertriebspartnern ein weiteres, wichtiges Verkaufsargument an die Hand. Zudem liegt es an unserer Tür selbst: Die ist so gut, dass wir mit sehr geringen Mitteln RC3 erreichen. Diesen konstruktiven Vorteil nutzen wir. Aber wir sind auch transparent und sagen: Das gilt serienmäßig nur für die Tür, nicht für die Seitenteile, die ja aufgrund des höheren Glasanteils teurer sein müssen.
Olaf Vögele – Schulen Sie Ihre Kunden auch im Montagebereich in Bezug auf die RC3-Tür?
Hörmann – Ja, natürlich. Auch in den Montageanleitungen stehen die Anforderungen explizit drin. Aber die Türmontage selbst unterscheidet sich kaum von einer nicht-RC3-Tür.
Mund – RC4 bieten Sie auch an?
Hörmann – Ja, dann natürlich gegen Aufpreis, der für die Konstruktion dann noch relativ akzeptabel ist. Deutlich aufwendiger ist allerdings die Konfiguration der Beschläge und des Glases.
Mund – Sie geben ein Versprechen ab: Sollte ein Einbruchsversuch durch Ihre ThermoSafe- oder ThermoCarbon-Haustür gelingen, erhält der Endkunde von Ihnen eine neue Tür oder 3000 Euro, wenn der Schaden von der Versicherung übernommen wird. Was versprechen Sie sich von diesem Versprechen?
Hörmann – Das ist natürlich eine Marketing-Maßnahme, die sich aber auf unser Vertrauen auf unsere Tür stützt. Und das soll natürlich dem Endkunden, der beim Händler steht, den letzten Kick bei der Kaufentscheidung geben.
Mund – Wie schlau sind Ihre Haustüren? Was ist möglich und was wird nachgefragt?
Hörmann – Möglich ist eindeutig mehr als tatsächlich nachgefragt wird. Es geht los bei den Bedienelementen, wie man eine Tür öffnen kann. Auch der Tür-Antrieb kommt langsam immer mehr. Ebenso werden die Kommunikationsmodule an der Haustür immer häufiger nachgefragt. Aber die Hausautomation generell ist momentan noch kein großes Geschäft – die Akzeptanz beim Kunden ist noch relativ gering. Die Systeme auf dem Markt müssen noch einfacher und transparenter werden.
Mund – Sie scheinen jedes Jahr die Gruppe durch Zukäufe erweitern zu wollen: 2017 haben Sie sich noch in dem Barrieren-Markt durch Pilomat verstärkt. Was kommt als nächstes?
Hörmann – Insgesamt haben wir doch schon ein recht rundes Programm. Jetzt überlegen wir eher, ob es Regionen gibt, die wir vertrieblich entweder organisch oder auch durch Akquisitionen verstärken können – schließlich sind wir im Ausland nicht in allen Märkten und Produkten gleich stark vertreten.
Vögele – Wie ist es denn überhaupt zu der Entscheidung gekommen, dass Sie sich mit Alukon und Schlotterer rollcom verstärken?
Hörmann – Wir glauben, dass das Thema Rollladen und Sonnenschutz insgesamt ein interessanter Markt für die Zukunft sein wird. Deshalb der strategische Kauf von Alukon. Bei Schlotterer rollcom kommt dazu, dass über Alukon schon immer Handelsbeziehungen bestanden haben. Da war es ein kurzer Entscheidungsweg, das Unternehmen Schlotterer rollcom zu übernehmen, als es zum Verkauf stand. Gerade der außen liegende Sonnenschutz mit seinem textilen Bereich wie beispielsweise den ZIP-Systemen und die Raffstoren, werden immer wichtiger bei den Planungen der Architekten.Auch der Rollladenbereich wird sich gerade durch die Diskussionen über die Einbruchszahlen erfolgreich weiter entwickeln. Das Thema Smart Home wird das Ganze zusätzlich positiv beeinflussen. Zudem erreichen wir mit Alukon und Schlotterer neue Kundengruppen wie z. B. den Fensterbauer, zu dem wir bisher eher weniger Kontakt hatten.
Vögele – Wie sieht es im Gestaltungsthema aus, gerade mit Garagentoren lässt sich doch am Haus viel gestalten? Werden die Designanforderungen der Architekten ein größeres Thema?
Hörmann – Wir kommen klassisch aus dem Standard-Tor-Bereich und fühlen uns auch sehr wohl mit hohen Stückzahlen und dann auch mit dem Preisdruck. Da sind wir ganz gut aufgestellt. Wir haben uns aber auch in den letzen Jahrzehnten in der Modellvielfalt der Garagentore sehr stark diversifiziert und bieten ein riesen Spektrum an, beispielsweise auch mit Sonderapplikationen. Stückzahl 1 ist bei uns kein Thema mehr.
Vögele – Kommen wir zum Objektgeschäft. Wie erfolgt die Abwicklung bei Hörmann, um die Menge der Montagen leisten und gleichzeitig hohe Qualität gewährleisten zu können?
Hörmann – Montagen machen wir bekannterweise nicht selbst, sondern wickeln diese über unsere Partner ab. Gerade die Montagekapazitäten sind aber der limitierende Faktor des Marktes, denn in heißen Phasen wie beispielsweise im Herbst, stehen qualifizierte Montagekapazitäten leider nur beschränkt zur Verfügung. Eine Tatsache, der wir ins Auge sehen und an der wir arbeiten müssen.
Mund – Wäre das für Sie nicht auch eine Idee, Ihren Kunden diese Kapazität als Service zu vermitteln?
Hörmann – Sicher, das war auf der BAU auch ein großes Thema: Viele unserer Kunden sagen, dass sie mehr verkaufen könnten, wenn sie mehr Montage-Kapazitäten hätten. Das ist für die Zukunft ein Szenario, das wir uns genau anschauen. Aber das ist leicht gesagt, denn es gibt ja einfach zuwenige gute, qualifizierte Monteure. Wenn die da wären, dann hätten wir alle kein Problem.
Vögele – Können Sie Ihren Marktanteil genau bestimmen? Wie verteilen sich die Bereiche private und gewerbliche Tore bei Ihnen?
Hörmann – Sie wissen ja, dass wir nicht gerne über Zahlen reden, wir kommunizieren deshalb eigentlich nur 6000 Mitarbeiter und über 1 Mrd. Euro Umsatz. Aber wir werden in Deutschland sicher einen deutlichen Anteil am Tormarkt haben, europäisch gesehen liegen wir in den für uns wichtigen Märkten meistens mit einem guten Abstand zum nächsten Mitbewerber vorne. Das Verhältnis private und gewerbliche Tore sehe ich da beim Umsatz bei ca. 50 zu 50, in Stückzahl gesehen liegt der private Bereich der Tore vorne.
Vögele – Wie sehen Sie generell das Thema Sicherheit an Toren? Wäre eine Prüfung im Bereich der privaten Tore nicht sinnvoll?
Hörmann – Hohe Sicherheitstandards sind für uns ein sehr wichtiges Thema, in das wir viel Arbeit investieren. Nehmen sie beispielsweise unsere vorauseilende Lichtschranke, die den Personenkontakt an der Hauptschließkante unterbindet. Eine vorgeschriebene Prüfung wie im gewerblichen Bereich wäre sicher auch im privaten Bereich mit einem zweijährigen Turnus eine sinnvolle Maßnahme. Mit unseren Toren im privaten Bereich und ihren Sicherheitseinrichtungen bieten wir aber schon heute sichere Tore an, auch wenn nicht wiederkehrend geprüft werden muss.
Vögele – Inwieweit fordern Sie Ihre Fachhändler im Bereich der Sicherheit?
Hörmann – Wir haben für diese Zwecke unsere Schulungszentren gebaut und bilden unsere Fachhändler hier intensiv aus, damit sie alle wichtigen Punkte zum Thema Sicherheit „aus dem Effeff“ beherrschen und Montagen fachgerecht ausführen zu können. Natürlich muss man sie auch fordern, die Schulungen wahrzunehmen, denn das Thema Aus- und Weiterbildung wird mehr und mehr zu einem zentralen Thema in unserer Branche, damit wir genug qualifizierte Tormonteure bekommen.
Vögele – Die R+T Asia ist gerade gelaufen, wie sehen Sie Ihr weiteres Engagement in China?
Hörmann – China hat sich für uns zu einem sehr wichtigen Markt entwickelt, den wir auch entsprechend intensiv bearbeiten. Die R+T Asia hat uns da in den letzten drei Jahren eine gute Plattform als Messe geboten. Wir sind mit unseren technischen Standards zudem sehr gut gegenüber den Mitbewerbern aufgestellt und wollen unseren Marktanteil weiter steigern.
Vögele – Die IDAExpo in Atlanta steht in den Startlöchern. Sind Sie nach dem Kauf von Northwest zufrieden mit der Entwicklung in den USA?
Hörmann – Die USA liegt im Verantwortungsbereich meines Bruders. Deshalb kann ich hier nicht im Detail berichten, auch da der amerikanische Markt komplett anders tickt. Aber auch hier ist die Entwicklung positiv zu sehen und unsere Zukäufe entwickeln sich erfolgreich.
Vögele – Ein Schwenk zu Ihren deutschen Zukäufen: Der Neubau bei Alukon schreitet gut voran, die Kapazitäten werden deutlich erweitert. Was sind die Zielsetzungen?
Hörmann – Mit der stark erweiterten Fläche und dem neuen Hochregallager schaffen wir sicher die Voraussetzungen, unsere Produktionskapazitäten erhöhen zu können. Wir haben aber auch in neue Maschinen wie z. B. neue Rollformer für Rollladenprofile investiert, um auch die Qualitätsstandards noch weiter zu verbessern. Natürlich geht es im Kern darum, die Marktanteile von Alukon zukünftig weiter auszubauen.
Vögele – Ein größeres Stück Halle war auf den Plänen beim Pressetag im November noch frei. Werden Sie zukünftig Raffstoren herstellen?
Hörmann – Ja, entsprechende Fertigungsmaschinen wurden bestellt und befinden sich im Aufbau. Unser bisheriger Lieferant von Raffstoren ist bereits darüber informiert.
Vögele – Mit Rollläden, Raffstoren und textilem Sonnenschutz bewegen sie sich im gleichen Segment wie Ihre stärksten Mitbewerber. Wird sich Alukon noch stärker mit dem Sonnenschutz beschäftigen, wie z. B. Markisen?
Hörmann – Ein klares Nein, denn wir sehen den klassischen Markisenbereich auch zukünftig nicht als unser Betätigungsfeld. Das betrifft natürlich nicht die Senkrechtmarkisen, ZIP-Anlagen etc., diese Bereiche sollen weiter ausgebaut werden.
Vögele – Mit Voro-Therm hat Schlotterer ein interessantes Produkt für den Neubau entwickelt. Wird es hier einen Technologietransfer zu Alukon geben?
Hörmann – Natürlich wird es innerhalb von Alukon und Schlotterer auch einen beidseitigen Technologietransfer geben, damit Kunden entsprechend profitieren. Alukon-Geschäftsführer Klaus Braun ist innerhalb der Hörmann Guppe für den Bereich Sonnenschutz verantwortlich. Die beiden Unternehmen agieren jedoch weiterhin eigenständig am Markt.
Vögele – Es soll bei Schlotterer rollcom neu gebaut werden, um auch hier die Kapazitäten zu erweitern. Bedeutet das auch eine Erweiterung des klassischen Vertriebsgebietes?
Hörmann – Ja, wir werden auch hier bauen und auf ein neues Firmengelände in der Nähe des jetzigen Standortes umziehen. Auch hier sollen durch einen Neubau bessere Fertigungstrukturen und damit Optionen für die Zukunft geschaffen werden. Das wird sicher auch das Überdenken der klassischen Vertriebsgebiete im Südwesten Deutschlands zur Folge haben, aber wohl nur dort.
Vögele – Gilt der Grundsatz ein Kunde – eine Marke, oder bekommen Alukon- bzw. Schlotterer-Kunden auch die Produkte des jeweils anderen Herstellers angeboten?
Hörmann – Auch das sind Dinge, die die Zukunft zeigen muss bzw. zeigen wird. Mit dem Zukauf von Schlotterer haben wir viele neue Fachbetriebe in unserem Fokus, zu denen wir bisher keine Verbindung hatten. Hier werden wir sicher intelligente und attraktive Lösungen für die Kunden der Hörmann Gruppe finden.
Vögele – Werden F&E auch zukünftig getrennt behandelt, oder wird es in diesen Bereichen Änderungen geben?
Hörmann – Auch hier werden zukünftig sicherlich einige Dinge zu überdenken sein und ggf. langfristig gesehen Änderungen im Raum stehen. Das gilt es aber sehr überlegt und nach und nach umzusetzen, um neue Produkte für unsere Kunden zu entwickeln.—
Das Interview führten GLASWELT Chefredakteur Daniel Mund und Redakteur Olaf Vögele am Hörmann Stammsitz Steinhagen.