Glaswelt – In Deutschland ging die Zahl der Wohnungseinbrüche 2016 erstmals seit Jahren wieder zurück. War das die Trendwende, sodass wirksamer Einbruchschutz für die Bundesbürger nicht mehr so wichtig ist?
Gerald Muß – Nein, von einer Trendwende möchte ich noch nicht sprechen. Ein einmaliger Rückgang, nach Jahren eines ständigen Anstiegs der Deliktzahlen, gibt das noch nicht her. Es sind viele Faktoren, die die Entwicklung der Fallzahlen beeinflussen. Sie bewegen sich weiter auf hohem Niveau. Neben polizeilichen Maßnahmen sind auch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen notwendig, um sie weiter zu reduzieren. Dazu gehört auch, dass Eigentümer und Mieter von Wohnungen freiwillig Eigenvorsorge treffen. Sie wird u. a. durch verschiedene Kredit- und Zuschussprogramme der KfW-Bank unterstützt.
Glaswelt – Fenster und Türen sind die mit Abstand größten Schwachstellen in Häusern und Wohnungen. Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um sie adäquat zu sichern?
Muß – Zunächst sollte eine gute Beratung z. B. durch die Polizei – im Übrigen kostenlos –, durch zertifizierte Handwerksbetriebe oder auch Architekten in Anspruch genommen werden. Danach ist zu entscheiden, welche Maßnahmen individuell sinnvoll sind und welchen Finanzrahmen man sich geben möchte. Es werden in Deutschland viele Bauelemente und Bauteile hergestellt, die unterschiedliche Sicherungsklassen (DIN) erfüllen und einbruchhemmend wirken. Ich kann nur empfehlen, zunächst auf mechanische Sicherungstechnik und als Ergänzung auf elektronische Produkte (Alarm-, Überfallmeldeanlagen, Smart Home) zu setzen. Mechanik hält die Täter draußen. Elektronik ist viel leichter angreifbar. Um den Kostenrahmen zu begrenzen, kann man auch einen Grundschutz wählen, der die Haustür sowie Fenster und Fenstertüren im Erdgeschoss absichert.
Glaswelt – In der Presse wurde Deutschland als „Paradies für Einbrecher“ bezeichnet. Wer ist nach Ihrer Meinung besonders in der Verantwortung, damit sich das nachhaltig ändert?
Muß – Es gibt viele Akteure auf dem Gebiet der Prävention von Wohnungseinbrüchen. Dazu zählen sicher die Forschung, die Industrie, die Politik, Versicherer und natürlich die Vollzugsbehörden. Aber auch die Eigentümer und Mieter von Wohnungen sind im Rahmen der Eigenvorsorge gefragt.
Glaswelt – Wie hoch schätzen Sie die „Dunkelziffer“ der Einbruchversuche ein, die der Polizei gar nicht erst gemeldet werden? Und welche Risiken gehen möglicherweise davon aus?
Muß – Wenn es dazu genaue Erkenntnisse gäbe, könnten die erforderlichen Maßnahmen initiiert bzw. ergriffen werden. Aber nicht nur bei den Versuchen gibt es eine Dunkelziffer, sondern auch bei den vollendeten Taten. Eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die z. B. keine Hausratversicherung abgeschlossen haben, sieht deshalb nach einem Einbruch auch keine Notwendigkeit, den Sachverhalt bei der Polizei zur Anzeige zu bringen. Je größer das Hellfeld, umso zielgerichteter könnte die Polizei agieren.—
einbruchschutzinitiative “quadro safe“
Beschlagspezialist Roto hat sich beim Einbruchschutz schon früh darauf fokussiert, neben entsprechenden Produkten das Thema durch viele Informationen immer wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, nicht zuletzt mit seiner 2014 gestarteten Kampagne „Quadro Safe“. Mit dem Familienunternehmen Glaserei und Fensterbau Schnitzler konnte Roto nun den 1000. Betrieb, der sich dieser Einbruchschutzinitiative angeschlossen hat, begrüßen. „Die aktive Teilnahme ist für uns eine sehr gute Möglichkeit, das Thema Einbruchschutz noch stärker ins Rollen zu bringen“, begründet der 52-jährige Glasermeister Bernhard Schnitzler diese Entscheidung. Er unterstreicht, dass Fenster mit effizienter Sicherheitstechnik „voll im Trend liegen“. Die entsprechende Nachfrage steige seit zwei bis drei Jahren kräftig. Dieser Trend könnte ursächlich dafür sein, dass sich die Einbruchsituation in Deutschland 2016 leicht entspannt hat. Doch Volker Fitschen, bei Roto verantwortlich für das Geschäftsgebiet Zentraleuropa, warnt: „Fakt ist, dass sich die Zahl der registrierten Delikte in Deutschland nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Bundesweit bleiben mehr als 80 Prozent aller Einbrüche unaufgeklärt. Umso wichtiger ist es für Bauherren und Renovierer, die polizeilichen Präventionsempfehlungen zum Maßstab ihres Handelns zu machen.“