Rehberger: In Karlsruhe wird beim FC Campus aktuell eine spektakuläre Fassade mit über 200 t Glas montiert. Erstmals werden dabei schaltbare eyrise Flüssigkristallgläser von Merck großflächig verbaut und damit verzichten die Planer gleichzeitig komplett auf außen liegenden Sonnenschutz. Was meinst Du Olaf, wird damit das Ende des vor der Fassade montierten Sonnenschutzes eingeläutet?
Vögele: Nein, das sehe ich mal vollkommen entspannt. Es ist Platz für alle Systeme, wichtig ist vor allem im Zeichen der Klimadebatte, dass Sonnenschutz überhaupt in irgendeiner Form am Gebäude geplant wird. Es wird immer einen Diskurs geben, der eine Lösung für ein Gebäude wesentlich beeinflusst. Vor allem bei hohen Gebäuden müssen brauch- und bezahlbare Lösungen gefunden werden. Was kostet ein m2 am FC Campus?
Rehberger: Was die Kosten in Karlsruhe angeht, habe ich keine Zahlen vorliegen. Aber das ist vergleichbar mit dem Preis bei einem Autos: Es hängt davon ab, was für eine Klasse und welche Extras ich haben möchte. Aktuell gib es schaltbare Fassadengläser ab einer Größenordnung von 500 bis 600 Euro/m2, andere kosten mehr als 1000 Euro. Das ist aber nur eine Hausnummer. Doch der Preis ist ja nicht nur das reine Glas. Wenn man gegenrechnen will, muss man die Kosten für das außen liegende System plus die Montagekosten plus die Kosten für die jahrelange Reinigung und Instandhaltung, ggf. Austausch von Lamellen, etc. berücksichtigen. Gerade der letzte Punkt wird immer wichtiger.
Vögele: Und man sollte auch nicht vergessen, dass die im Glas integrierten Systeme speziell für hohe Gebäude interessant sind, da hier die hohen Windlasten den Sonnenschutz nicht beeinträchtigen. Ja, sicher ein schlagendes Argument. Aber apropos Nutzungsdauer und Wartungskosten. Wie lange hält ein solches Glaselement? Was, wenn es defekt ist? Die Wartungskosten von z. B. Raffstoren sind überschaubar, das Produkt selbst sehr langlebig. Elementar bei der ganzen Sache ist doch, dass beide oder ähnliche Systeme notwendig sind, um energieeffiziente Gebäude zu erreichen. Das müsste doch bei der Klimadebatte viel stärker in den Vordergrund treten, oder?
Rehberger: Du hast es ja in deinem Auftakt-Artikel zum Top-Thema Sonnenschutz (Seite 20) auf den Punkt gebracht. Den Diskutanten sind Themen wie Sonnenschutz überhaupt nicht bekannt, obwohl hier riesige Einsparpotenziale von über 100 Mio. Tonnen CO2 verborgen sind. Eigentlich vollkommen unverständlich, dass so etwas bei den heutigen Diskussionen nicht genannt wird. Wo siehst Du die Lösung, das Thema Sonnenschutz gewinnbringend einzusetzen.
Vögele: Es ist schwierig, denn die geplanten Besteuerungen von CO2-Emissionen sind für die Politik die einfachste Lösung, um das Thema schnell zu klären und vom Tisch zu bekommen. Die Leute denken momentan nur an Autos und Flugzeuge. Die Verbände machen lieber Alleingänge. Vielleicht sollte die gesamte Fachpresse hier aktiver werden. Was meinen Sie dazu, liebe Leser? Schicken Sie uns eine Mail an glaswelt@glaswelt.de