Mund: Die Zeichen stehen auf Abschwung, die meisten Prognosen gehen von einem sich eintrübenden Geschäft aus. Aber gleichzeitig berichten viele Fensterbauer auch von einer hohen Auslastung und Lieferzeiten, die sich zwischen 8 und 12 Wochen bewegen. Die Wirklichkeit ist offensichtlich oft besser als die Aussichten, oder wie seht Ihr das für Eure Märkte?
Vögele: Glaubt man den Zahlen, ist der Markt verhalten. Horcht man in die Branche, dann läuft es. Gut aufgestellte Fachhändler haben noch ausreichenden Vorlauf bis weit in 2023 und werden weiter erfolgreich Aufträge generieren. Den (Schwach) Betrieben, die die letzten drei Jahre vom Überhang des Marktes gut gelebt haben, geht es schlechter, da die Aufträge ausbleiben. Man kann es auch Marktbereinigung nennen, denn außer Rabattschlachten können sie nicht viel. Die Fachbetriebe halten hingegen ihre neue Preislinie. Was sagt die Glasbranche?
Rehberger: Bei den Maschinenzulieferern sind die Auftragsbücher sehr gut gefüllt. Und viele Verarbeitungsbetriebe haben noch eine Menge an Aufträgen, die abgearbeitet werden müssen. Generell sehe ich die aktuelle Entwicklung positiv für unsere Branchen, denn die hohen bzw. weiter steigenden Energiepreise spielen ja den Betrieben in die Hände, bieten sie doch Produkte an, die dem Endkunden helfen, Energieverluste im Haus zu minimieren. Und damit spart jede Investition in neue Fenster und Isoliergläser sowie in clevere Sonnenschutzmaßnahmen bares Geld. So kann es keine bessere Motivation geben, als hier zu investieren.
Mund: Mehr noch: Fensterbauer, Sonnenschützer oder Glasanbieter sind Lösungsanbieter für die große Herausforderung „Klimaschutz“. „Wir haben mit dem energieeffizienten Bauen einen Megatrend und leben in einem guten Umfeld“ – ist auch Roto-Holding-Chef Dr. Keill sicher (dazu mehr ab S. 66). Die Unsicherheit betrifft eher die nächsten Monate: Werden die Menschen angesichts der Krisenlage und einer hohen Inflation zunächst ihre Ausgaben zurückhalten? Auf was wird eher verzichtet: der Kurztrip nach Mallorca oder die Investition in die eigene Immobilie?
Vögele: Es wird mit Sicherheit wegen der Energieeffizienz weiter in die Immobilie investiert. Das beflügelt alle Branchen, vor allem in der Modernisierung. Das Thema Förderung bei Sanierung und Neubau treibt der VFF mit seinem Fördermittelrechner (Seite 24) vorbildlich voran. So gesehen stehen die Zeichen auf positive Entwicklung. In diesem Sinne, viel Spaß bei der Lektüre, ein besinnliches Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Jahr 2023.