Mund: Hier war die Politik mal richtig fix: Kaum war in Medien zu hören, dass der Milchpreis unter die 20 Cent-Marke fällt, reagiert der Landwirtschaftsminister und verspricht Steuererleichterungen und günstige Kreditbürgschaften für die Milchviehhalter. Die Reaktion der Betroffenen ließ nicht lange auf sich warten: Der entsprechende Verbandssprecher hält das nämlich für „völligen Quatsch“. Der Bund der Milchviehhalter fordert dagegen 30 Cent für jeden Liter Milch, der nicht produziert wird. Bei diesen Entwicklungen ging mir nur durch den Kopf: Vielleicht ist es doch ganz gut, dass unsere Branchen nicht so „systemrelevant“ sind wie die Landwirtschaft – offensichtlich kommt nichts Gutes heraus, wenn der Staat versucht, Überkapazitäten politisch zu lösen. Damit werden die Probleme nicht wirklich an der Wurzel gepackt.
Vögele: Stichwort Überproduktion: Polen und China sind da zwei Schlaglichter, die in unseren Branchen schon länger zu Diskussionen wegen der hohen Produktionsquoten führen. Zumal im Bereich Fenster auch EU-Fördergelder dafür verantwortlich gemacht werden. Aber wo findet die Überproduktion denn nun statt? In Deutschland oder im Ausland? Oder ist es ein Preisproblem, weil der Verbaucher billig kaufen will?
Mund: Alles ist richtig: Kapazitäten werden und wurden im Inland genauso wie im Ausland ausgebaut – und daraus folgt dann eine Preisbildung, die in diesem Fall mit dem Verbraucher nicht viel zu tun hat. Betrachtet man nur das Inland, so ist laut aktueller VFF-Branchenstrukturanalyse die Produktionskapazität noch einmal deutlich angewachsen (2015: 17,3 Mio.; 2011: 16,3 Mio. Einheiten). Die tatsächliche Produktion beträgt 12,5 Mio. Fenstereinheiten, woraus sich eine Auslastung von 72 Prozent ergibt. 2007 waren das noch gut 80 Prozent. Noch Fragen?
Vögele: Also geht es um Verdrängung, ohne Rücksicht darauf, dass der Anwender unterschiedliche Ansprüche hat? Das bedeutet doch, dass die Nischenanbieter von hochwertigen Produkten veritable Deckungsbeiträge erreichen können, während sich die Mengenanbieter um jeden Euro prügeln müssen. Wo bleiben da auskömmliche Gewinne für die Fachbetriebe, die die Produkte verkaufen und montieren?
Mund: Dass wir uns in einem Verdrängungsmarkt befinden, ist ja schon länger klar. Die Lösung hast du auch schon benannt: Anders sein! Die Nische besetzen. Das gilt natürlich auch für den Fachbetrieb, der die Produkte verkauft und montiert. Andere Möglichkeit: Man könnte aber auch wieder bei der Politik anklopfen und denen eine neue Technologie als „systemrelevant“ für die Energiewende verkaufen – wie es die Autolobby mit Ihren E-Autos getan hat. Wenn man dann genügend Lobbyisten in Berlin bei Merkel und Gabriel positioniert hat, klappt es bestimmt auch mit der (fragwürdigen) Produktsubvention durch den Staat.
Vögele: Und hier beginnt das eigentliche Problem, der Subventionsgedanke. Er verfälscht den Markt und behindert die Innovation. Das Unternehmertum hat aber bisher immer durch seine Innovationen überlebt und wird das auch zukünftig tun. Subventionen sind immer nur eine kurzfristige Lösung und verfälschen den Marktpreis, so wie bei der Milch. Wir von der GLASWELT setzen auf Innovationen, die können Sie bei uns entdecken. Wir wünschen dabei viel Lese-Spaß.