_ Keramische Farben werden bei Glasveredlern oft noch von Hand aufgetragen. In vielen Betrieben werden dazu die Glasplatten zum Emaillieren maskiert und die zugehörigen keramischen Farben mithilfe von Handrollern oder Farbspachteln appliziert. Dieser Handauftrag erscheint zunächst eine kostengünstige Methode zu sein, um Farbglasprodukte anbieten zu können. Aber ist das wirklich so?
Ja, das ist der Fall, wenn von einer sehr geringen Stückzahl bzw. wenigen Scheiben pro Tag ausgegangen wird. Wenn größere Mengen gefertigt werden müssen, funktioniert das nicht mehr.
In Bauprojekten werden vielfach gleiche, oft aber auch verschiedene Isolierglaseinheiten verbaut. Die Herstellung dieser verschiedenen Gläser stellt kurzfristige Produktionsspitzen dar. Die Verarbeiter können in der Regel die Leistungsfähigkeit ihrer Fertigung gut abschätzen und setzen bei (zu) hohen Auftragspeaks häufig auf Zukauf.
Jedoch kann der Zukauf neben der Auslagerung von Gewinnen auch eine terminliche Abhängigkeit mit deutlich höherem Risiko bedeuten, gerade wenn die Gläser auch bedruckt werden sollen.
Wo rechnet sich Handarbeit noch?
Um zu klären, ob eine Produktionsmethode wie z. B. das Spachteln von Hand für einen Betrieb „günstig“ ist oder nicht, sind viele betriebsspezifische Kennzahlen erforderlich. Allerdings lassen sich die Produktionsmethoden auch über die Aufwendungen in Form von Stückzahlen pro Betriebs- bzw. Arbeitsstunden vergleichen. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde eine 120 x 120 cm große Musterscheibe bedruckt.
Versuche haben ergeben, dass ein geübter Mitarbeiter z. B. eine umlaufende 20 mm Randbedruckung mit durchschnittlich 0,32 m/min von Hand auf das Glas spachteln kann. Darin enthalten sind das Abkleben und das Handling der „Musterscheibe“. Für die 120 x 120 cm große Scheibe benötigt der Mitarbeiter im Tagesmittel also rund 15 Minuten.
Damit kann er, gesetzt den Fall er steht das Tempo durch, vier solche Scheiben in einer Stunde produzieren oder 32 Scheiben am Tag. In der 8. Stunde seiner Schicht muss er sich deutlich mehr anstrengen als in der 2. Stunde, wenn er die gleiche Leistung an Qualität und Quantität erbringen will.
Die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters nimmt außerdem nach der achten Stunde exponentiell und nicht mehr linear ab, was bei Produktionsspitzen mit Überstunden über den Ausschuss ermittelt werden kann. Dieser Effekt erhöht sich insbesondere dann, wenn Überstunden über einen längeren Zeitraum erforderlich werden.
Halbautomatisch als Alternative
Wählt man im Vergleich zur rein manuellen Beschichtung eine halbautomatische Anlage, z. B. einen Randrollen-Coater (von Haselsteiner), wie den e-coater se 3500 für Randbedruckungen bis zu 3500 mm Länge, lässt sich effektiver arbeiten. Dieser Drucker kann umlaufende Randbedruckungen für z. B. ISO-Einheiten ohne Abkleben auftragen. Die zum Druck erforderlichen Daten, wie Druckbreite, Scheibendicke und -abmessungen, werden in diesem Fall über das Bedienpanel manuell eingegeben. Die Möglichkeit, die Daten über einen Barcode einzulesen besteht ebenfalls.
Das gewährleistet bei ständig wechselnden Scheibenformaten eine hohe Prozesssicherheit. Nach der Dateneingabe wird die Scheibe automatisch an allen vier Seiten bedruckt, indem ein Mitarbeiter die Scheibe manuell in die Druckposition über ein Luftbett schiebt.
Ein Mitarbeiter kann so mit diesem halbautomatischen Randrollen-Coater die Musterscheibe innerhalb von 2 Minuten und 20 Sekunden bedrucken, inklusive Scheibenhandling. Die Anlage bedruckt also pro Stunde 25 bzw. pro Schicht 200 Standardscheiben und leistet damit das sechsfache eines Mitarbeiters. Berechnet man nun den Wert der Leistung des Druckers und des Mitarbeiters unter Berücksichtigung von Farbwechsel und Reinigungszeiten in Arbeitsstunden, erwirtschaftet der Drucker mit jeder Betriebsstunde etwa fünf händische Arbeitsstunden bzw. 20 Scheiben/Stunde. Setzt man den Wert einer Arbeitsstunde mit 25 Euro an, ergibt sich pro Betriebsstunde ein Betrag von 125 Euro (andere betriebswirtschaftliche Faktoren bleiben der Einfachheit halber unbeachtet).
Um eine Investition von z. B. 100 000 Euro zu erwirtschaften, benötigt der Drucker also 800 Betriebsstunden. Der „return of Investment“ je 100 000 Euro lässt sich nun über die täglichen Betriebsstunden zurückrechnen.
Handspachteln eine Notlösung
Spachteln von Hand ist also nicht günstig, sondern eine Art Notlösung, die zum Markteintritt verhelfen kann. Wer von Hand spachtelt versäumt nicht nur die technische Entwicklung, sondern am Ende auch den Markt, da er eine zu geringe Produktivitätsrate hat, um Produktionsspitzen abzufedern.
Auch die Qualität der Spachtelung spielt eine wichtige Rolle und hat einen deutlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und damit auch auf den Umsatz. Handspachtelungen sind sehr inhomogen und können leicht in ihren Schichtdicken um den Faktor zwei variieren, was auch einen hohen Farbverbrauch bedeutet. Handspachtelungen stellen zwar eine deckende Beschichtung sicher, sie sind aber eine Art Stufenbeschichtung, die zunächst die Trocknungsdauer verlängert.
Werden aus den gespachtelten Scheiben Isoliergläser hergestellt, wird die Dichtungsebene auf die stufige Bedruckung appliziert. Hier ist jedoch eine ebene Fläche zur Applikation erwünscht.
Der Randrollen-Coater bringt die Farbe mittels einer Walze in exakt definierter Schichtdicke auf das Glas und spart in den Ecken sogar die Farbe so aus, dass es nicht zu einem doppelten Farbauftrag kommt.
Das ist für eine Weiterverarbeitung zu Isolierglasscheiben ideal. Die automatische Randbedruckung ist also wirtschaftlich und bietet gleichzeitig eine hohe Produktsicherheit.
Siebdrucker vs. e-coater
Der e-coater bedeutet zudem eine weitere Automatisierung in der Prozesskette, da er das Glas auch selbstständig zum Druckkopf befördern, positionieren und bedrucken kann.
Unabhängig von der Scheibengröße oder Bedruckungsbreite arbeitet eine solche Anlage kontinuierlich die verschiedensten Modelle ab. Wie sieht es bei Siebdruckanlagen aus? Diese benötigen pro Druck ebenfalls 2,5 Minuten (ohne Siebwechsel). Bei wechselnden Scheibenformaten oder Druckbreiten müssen entweder L-Siebe mit Doppeldruck verwendet werden oder es wird ein Siebwechsel erforderlich. Eine Siebdruckanlage würde etwa dieselbe Anzahl unserer Musterscheiben pro Stunde mit einer Randbedruckung versehen.
Eine Automatisierung lohnt jedoch selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass immer dieselbe Scheibe zu bedrucken ist. Gerade dann, wenn man bedenkt, dass an einer Siebdruckanlage in der Regel zwei Mitarbeiter beschäftigt sind und so mindestens eine Arbeitsstunde pro Betriebsstunde des halbautomatischen Druckers erwirtschaftet wird. Bei ständig wechselnden Formaten ergeben sich für Siebdruckanlagen etwa drei bis vier Arbeitsstunden pro Betriebsstunde.
Wenn aus dem Drucker eine Linie wird
Der nächste Schritt in der Automatisierung ist die Einbindung des Druckers in eine Drucklinie, in der die Scheibe nach dem Drucken automatisch zum Trockner gefahren wird.
In Europa wurde im Juli die erste vollautomatische Haselsteiner-Druckanlage in Betrieb genommen, die noch einen Schritt weiter geht. Die Anlage wäscht, bedruckt und trocknet die Scheiben von selbst. Beim Auflegen der Scheiben auf den Kipptisch vor der Waschmaschine wird der zugehörige Barcode eingescannt. In diesem Code sind alle Fertigungsdaten enthalten, sodass die Anlage, in der alle gängigen Drucktechniken integriert sind, die Scheibe zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Drucksystem fährt und bedruckt.
Für Drucklinien fertigt der Hersteller e-coater Siebdruckanlagen und Rollendrucker sowie auch Transporttische, Puffer und Trockner, die auf das Bandmaß (3,21 x 6,0 m) ausgelegt sind.
Alle Druckanlagen lassen sich verketten und zu einer Linie zusammenfassen. Durch diese Art der Automatisierung lässt sich im Betrieb die Produktivität um ein Vielfaches steigern. Um das zu erreichen müssen Optimierungsprozesse und Pufferzonen in die Anlage eingebaut werden. Die Scheiben können dort „sortiert“ werden, um sie in optimaler Geschwindigkeit zu bedrucken und zu trocknen. In der Regel werden alle Scheiben in der kurzen Richtung durch die Druckanlage und in die Trockner gefahren.
Der Materialfluss lässt sich optimieren, indem beispielsweise die Anlage mehrere schmale lange Scheiben gemeinsam durch den Trockner fährt statt hintereinander.
Drucker von Haselsteiner gibt es in jeder Automatisierungsstufe, vom reinen Randrollen-Coater über den e-coater se mit manueller Positionierung der Scheiben, dem e-coater sa mit automatischer Scheibenpositionierung und der Großanlage mit vollautomatischer Bedruckung in sämtlichen Drucksystemen mit integrierter Reinigung und Farbtrocknung. Generell gilt für den Glasdruck: Die Produktionsprozesse zu beschleunigen und so die Produktqualität zu steigern lohnt mit jedem Automatisierungsgrad.—