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Branche

VFF Jahreskongress: Für eine attraktive Branche — vom Monteur bis zur Ingenieurin

Mit Frank Lange als neuer Geschäftsführer glaubte das VFF-Präsidium schon bei der Ernennung die Kontinuität des Verbandes personalisieren zu können. „Die Feuertaufe hat der neue Geschäftsführer hier bestanden“ – diese Aussage hörte man häufiger von Präsidiumsmitgliedern. Es schien fast so, als wäre so manchem Präsidiumsmitglied ein sprichwörtlicher Stein von Herzen gefallen, dass man jemanden gefunden habe, der tatsächlich in die Fußstapfen von Ulrich Tschorn passen könne.

Der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller traf sich in diesem Jahr in der Kurstadt Bad Homburg - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller traf sich in diesem Jahr in der Kurstadt Bad Homburg - Daniel Mund / GLASWELT
Generell steht der Verband Fenster + Fassade blendend da: Man kann auf 372 (+4) Mitglieder zählen – davon sind 228 (-4) Hersteller. „Wir decken bis zu 80 Prozent des Marktes ab“, so Präsident Detlef Timm. Was Timm allerdings frustriere, seien die Rahmenbedingungen, die von der Politik gesteckt werden: „Fassaden sind sexy, ein Heizkessel sicher nicht und trotzdem werden durch Fördermittel zuerst die Heizungen ausgetauscht.“ Ein wenig Hoffnung macht er sich durch die neue Öko-Bewegung in der Bevölkerung. „Friday´s for Future wird auch die Politik anspornen, sich mehr für die energetische Gebäudesanierung zu interessieren.“
Der Marketingpreis 2019 zum Thema Nachhaltigkeit wurde dem Unternehmen Fensterbau Jörg in Hüttingen bei Aalen verliehen. Nicolai Jörg von der Inhaberfamilie nahm den Preis natürlich gerne entgegen. Auf dem Podium gab es zwischen Helmut Meeth und Nicolai Jörg ein Feilschen um die VFF-Mitgliedschaft des Betriebes: Jörg stellte diese in Aussicht, wenn der Verband seinerseits den Mitgliedsbeitrag in CO2-Projekte anlege. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Der Marketingpreis 2019 zum Thema Nachhaltigkeit wurde dem Unternehmen Fensterbau Jörg in Hüttingen bei Aalen verliehen. Nicolai Jörg von der Inhaberfamilie nahm den Preis natürlich gerne entgegen. Auf dem Podium gab es zwischen Helmut Meeth und Nicolai Jörg ein Feilschen um die VFF-Mitgliedschaft des Betriebes: Jörg stellte diese in Aussicht, wenn der Verband seinerseits den Mitgliedsbeitrag in CO2-Projekte anlege. - Daniel Mund / GLASWELT
Ein etwas anderes Bild ergab sich bei genauerer Betrachtung der RAL Gütegemeinschaft: Die Attraktivität dieses Zusammenschlusses von Fenster- und Fassaden-Herstellern, die sich einer herausragenden Produktqualität verpflichten, scheint ein wenig zu verblassen – jedenfalls wenn man das an der Zahl der Mitglieder festmachen will: Die Gütegemeinschaft wird von 173 Unternehmen getragen – vor einem Jahr waren das noch 6 mehr. Der Marktanteil betrage aber immerhin 45 Prozent an in Deutschland verkauften Bauelementen. Als wichtigen Aspekt hob Oskar Anders als Präsident der Gütegemeinschaft hervor, dass sich der Leitfaden zur Montage in der Überarbeitung befinde. Mit der neuen Version dürfe man im März 2020 zur FENSTERBAU rechnen.

Was blieb hängen, was waren die Aufreger, was haben sich die Teilnehmer zu Herzen genommen?

Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der halbstaatlichen Organisation dena: “Wenn es uns nicht gelingt, den Endenergieverbrauch zu senken, werden wir die Klimaziele nicht erreichen.“ - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der halbstaatlichen Organisation dena: “Wenn es uns nicht gelingt, den Endenergieverbrauch zu senken, werden wir die Klimaziele nicht erreichen.“ - Daniel Mund / GLASWELT
Gleich zu Beginn des Kongresses setzte Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der halbstaatlichen Organisation dena (Deutsche Energie-Agentur) ein Ausrufungszeichen: „Wenn es uns nicht gelingt, den Endenergieverbrauch zu senken, werden wir die Klimaziele nicht erreichen.“ Die energetische Gebäudesanierung wurde in der Vergangenheit als ein Mittel dazu vernachlässigt. Die dena empfiehlt auch Fördermaßnahmen wie die steuerliche Abschreibung der Sanierung. „Dazu haben wir Zusagen der Politik, aber sie wird einfach nicht durchgesetzt“, berichtet Kuhlmann frustriert. „Ich mache mir Sorgen. Einerseits gibt es eine Dynamik in der Bevölkerung, aber die Politik macht nichts. So wird das nicht gelingen.“ Das Heft des Handelns müsse wieder in die Hand genommen werden. Zusätzliche Maßnahmen sind zu ergreifen, „ oder wir stellen uns hin sagen, es war nicht so gemeint mit den Klimazielen.

Auf die Schulter klopft er allerdings den Machern der Fensterbranche: „Wenn alle Branchen so wären wir Ihre, dann wäre man schon deutlich weiter bei der energetischen Gebäudesanierung.“ Er sei gespannt, wie sich Fenster weiterentwickeln und mutmaßt: „Vielleicht werden künftig noch E-Autos an Fenstern aufgeladen.“

Vernetzung und partnerschaftlicher Austausch

Einen tiefen Blick in die Zukunft des Bauens vermittelte Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler von Schüco. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Einen tiefen Blick in die Zukunft des Bauens vermittelte Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler von Schüco. - Daniel Mund / GLASWELT
Einen tiefen Blick in die Zukunft des Bauens vermittelte Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler von Schüco . Dabei verriet er den Teilnehmern seine Wunschvorstellung, wie in Zukunft Fenster und Türen gebaut werden: „Wir vernetzen uns untereinander und nutzen gegenseitig unsere Stärken. Unsere Schwächen werden von den Markbegleitern abgedeckt – zum Wohle des Kunden.“ Dazu gelte es aber, unsere Branche attraktiver zu machen – vom Monteur bis zur Ingenieurin. Andernfalls drohe der Bedeutungsverlust. Dann würden nämlich große Konzerne die komplette Wertschöpfungskette des Bauens übernehmen.

Schlaue Bauelemente: Fehlanzeige

Christian Anders von Anders Metallbau sezierte die aktuelle Industrie 4.0-Situation im Fensterbau. Wo steht die Branche auf dem Weg zu einer „smart factory“ und zum Internet of Things? „Wir haben noch keine schlauen Bauelemente, die sich melden, wenn der Wartungszyklus ansteht. Reklamationen könnten vermieden werden, wenn Fehlermeldungen rechtzeitig angezeigt werden.“ Außerdem gäbe es zu viele Datensysteme, die nicht miteinander vernetzt seien. Bei Produktionsmaschinen finde (fast) kein Datenaustausch untereinander statt. Man sei also von einer „smart factory“ noch weit entfernt. „Wir machen Fehler, solange diese nicht mehr erträglich sind. Wo bleibt der Lernprozess?“ Es gelte relevante Informationen zu sammeln und miteinander zu verknüpfen. Ein simples Datensammeln sei nicht zielführend.

Ulrich Tschorn sagt good bye

Es ist immer emotional, Abschied zu nehmen, wenn die Vergangenheit so viel Spaß gemacht hat: Der ehemalige Geschäftsführer Ulrich Tschorn mit seiner Frau Anita. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Es ist immer emotional, Abschied zu nehmen, wenn die Vergangenheit so viel Spaß gemacht hat: Der ehemalige Geschäftsführer Ulrich Tschorn mit seiner Frau Anita. - Daniel Mund / GLASWELT
Der Festabend stand ganz im Zeichen der Verabschiedung des langjährigen Geschäftsführers Ulrich Tschorn. In seiner Abschiedsrede ließ es sich Tschorn nicht nehmen, an die Hersteller und Zulieferer zu appellieren, das Branchenbild durch einen starken Verband und entsprechendes Engagement auch durch die Beteiligung übergreifender Kampagnen zu unterstützen.

Ganz überraschend tauchte beim Abschied auch sein langjähriger Weggefährte und Ex-VFF-Präsident Bernhard Helbing auf der Bühne auf: „Mit Dir, Ulli, haben wir unsere Lobbyarbeit deutlich präsenter gestaltet und vermarktet“, dankt er seinem Freund für 13 Jahre geschäftsführende Tätigkeit in Frankfurt. Auch gefetzt habe man sich in dieser Zeit – beispielsweise mit dem RAL in Sankt Augustin und auch mit anderen Verbänden. Tschorns Motto schien dabei immer zu lauten, so Helbing: „Ich akzeptiere die Meinung des anderen, aber ob ich diese Meinung übernehme, das entscheide ich.“

Eindrücke von dem Sektempfang im Foyer des Landgraf-Friedrich-Saals - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Eindrücke von dem Sektempfang im Foyer des Landgraf-Friedrich-Saals - Daniel Mund / GLASWELT

Einen Nachbericht vom Jahreskongress von GLASWELT Chefredakteur Daniel Mund