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TEchnische Regeln sollten bei der Markisenmontage eingehalten werden

Es könnte so einfach sein

_ Schaut man genauer hin, findet man viele Ansatzpunkte bei Markisenmontagen, die man kritisieren könnte und im Falle von Gutachtenerstellungen auch kritisieren muss. Und genau hier kommt es dann zu mitunter hitzigen Diskussionen. Wichtigstes Argument der montierenden Betriebe: „Die Markise hält doch und die ganzen Vorschriften und Vorgaben sind gar nicht einzuhalten“. Ist dem wirklich so?

Schauen wir doch mal genau hin. Die Branche hat ja auch vor 2006 Markisen montiert, damals war der Kunststoffdübel das Befestigungsmittel, es wurde zwar auch schon geklebt, aber das vor allem wegen des sehr hohen Preisunterschiedes in überschaubaren Dosen. Ein Kunststoffdübel für ein paar Cent war dem einzelnen Injektionsdübel für 10 Euro und einer deutlich erhöhten Montagezeit zumindest kaufmännisch gesehen deutlich überlegen. Und die Markisen hängen heute noch. Also worum geht es eigentlich? Sind die Vorschriften, Normen und Richtlinien wirklich gerechtfertigt? Lohnt sich der Aufwand überhaubt?

Ein klares Ja für die Sicherheit

Nehmen wir mal ein Beispiel aus dem automobilen Bereich. Erstaunlicherweise kann man mit dem Auto und seiner Nutzung viele Dinge sehr gut erklären. 20 Jahre zurück, eine außerstädtische Straße auf der man Tempo 60 fahren darf. Für die Autofahrer jahrelang geübte Praxis, bis plötzlich und sozusagen aus heiterem Himmel ein Kindergarten an der Straße gebaut wird. Einige Bremsmanöver später bekommt die Politik von besorgten Eltern Druck, und ruckzuck ist die schöne Straße mit 30 Kilometer-Schildern bepflastert. So oder so ähnlich ging es im übertragenen Sinne der Markisenbranche, nachdem 2005 mit einer Übergangsfrist von einem Jahr die „Markisennorm“ DIN EN 13561 eingeführt wurde. Das Jammern der Branche war groß, aber erfreulicherweise halten sich die meisten montierenden Betriebe an das neu verordnete „Tempolimit“ und die Markisenhersteller liefern mit entsprechenden Berechnungstools sozusagen vollkommen legal die „Radarwarner“ frei Haus. Worum geht es dann eigentlich?

Es ist wie im Straßenverkehr, jeder Unfall, egal mit welchen Folgen ist einer zu viel. Problematisch sind da vor allem die Montagebetriebe, die in unserem gezogenen Vergleich die „Raser“ vor dem Kindergarten darstellen und fehlerhaft bzw. ohne Beachtung und fernab der geltenden Vorschriften und Richtlinien montieren.

Konsequenz: In den meisten Fällen erst mal keine, denn es gibt ja keine „Radarfallen“. Erst wenn ein Sturm aufkommt, die Markise bei Regen ausgefahren ist und runterkommt oder in einem ganz anderen Zusammenhang die Markise von einem Gutachter auf Lackkratzer geprüft wird, schaut man genauer hin. Und dann sind sie plötzlich da, die nachweislich fehlerhaften Montagen, die bei genauer Betrachtung ein Sicherheitsrisiko darstellen und geahndet werden. Nicht mit Punkten in Flensburg, sondern mit dem Aufwand einer Neumontage oder eine Ersatzvornahme durch Dritte. Die Dunkelziffer? Dazu kann man ohne Überprüfung keine gesicherten Aussagen treffen. Auch vor dem Kindergarten hilft nur die Laserpistole, um die Temposünder herausfiltern zu können.

Problemzone Rand- und Lochabstände

Die Medaille hat aber wie im wahren Leben zwei Seiten und es wäre ungerecht alle montierenden Betriebe unter Generalverdacht zu stellen. Es gibt wie im Straßenverkehr Toleranzen, wer beim Beispiel Kindergarten 34 km/h fährt wird nicht geahndet. Eine 100%ige Montage ist einfach nicht immer möglich.

Problematisch ist vor allem das Thema Rand- und Lochabstände. Und genau hier läuft der montierende Betrieb sehr häufig ins offene Messer, weil er die vom Hersteller mitgelieferten Markisenkonsolen mit bauamtlich zugelassenen Befestigungsmitteln (ETA-Zulassung) einfach montiert und sich damit auf der sicheren Seite wähnt. Ist er dabei wirklich auf der sicheren Seite? Natürlich nicht, denn die ETA-Zulassungen sind mit Bedingungen verknüpft, die es unbedingt einzuhalten gilt. Die guten Markisenhersteller stellen ihren Kunden deshalb technische Unterlagen zur Verfügung, wie welche Konsole auf welchem Untergrund zu befestigen ist. Digitale Konsolenplaner gelten zur Zeit als das Nonplusultra, um auf der sicheren Seite zu sein. Problem: Man muss sie auch nutzen. Der Spruch, das machen wir schon seit 20 Jahren so, hilft hier wenig, denn mittlerweile steht ein 30 km-Schild und wer nicht hinsieht, kassiert sehr schnell ein Knöllchen.

Schauen wir auf das Bild links, sehen wir natürlich auch, dass das Thema Rand- und Lochabstände ein hausgemachtes Problemthema ist, denn die Bauhöhen der Markisen und ihre Konstruktionsart geben die Lochabstände in der Höhe vor. Bessere Rahmenbedingungen könnten die Markisenhersteller durch standardmäßig breitere Konsolen mit größeren Lochabständen schaffen. Was bei dem Beispiel auf dem Bild links bei einer Montage auf Beton gut funktioniert, wird bei einem Lochstein nicht funktionieren. Viele Hersteller bieten breite Konsolen als kostenpflichtiges Sonderzubehör an, was wegen der höheren Kosten aber in den meisten Fällen nicht von den montierenden Betrieben genutzt wird.

Die ETA-Zulassung

Es geht bei der ETA-Zulassung nicht nur darum, ein Befestigungsmittel einzusetzen welches eine hat, sondern auch die individuellen Rahmenbedingungen bei der Montage einzuhalten. Zwingend bei Befestigungsmitteln mit ETA ist das Lesen. Nur so kann der jeweilige Montagefall mit seinem Anforderungsprofil entsprechend sicher gelöst werden. Deshalb schreibt auch jede ETA vor, dass die Verarbeitung der Befestigungsmittel von einem Meister, Ingenieur etc. überwacht werden muss. Diese Vorgabe sollte sehr ernst genommen werden, gerade weil es fremdsprachlichen Mitarbeitern aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oft nicht möglich ist, die Vorgaben einer ETA-Zulassung exakt verstehen zu können.

Fazit

Wenn man den Programmablauf zur Auswahl der Befestigungsmittel (siehe links) und entsprechende Herstellervorgaben beachtet, kann man eigentlich nichts falsch machen. Es könnte also so einfach sein, wenn man über das entsprechende Wissen verfügt. Wie heißt es, gelernt ist gelernt. Auch ein Grund für die Wiedereinführung des Meisterbriefes im R+S Handwerk.—

Olaf Vögele

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