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Reaktion auf den Gastkommentar von Ulrike Joacham in Glaswelt 1/17, Seite 130

Wünschenswert, aber keine Pflicht!

_ „Recht polemisch setzt sich hier Frau Jocham mit dem Kapitel aus dem Buch auseinander, bei dem es um die Ausbildung von Türschwellen von Balkonen und Terrassen geht. Es entsteht hier der Eindruck, als setze sich das Buch ausschließlich mit Türschwellen auseinander. Dies ist nicht richtig, in dem Buch werden Balkone und Terrassen insgesamt behandelt. Der Themenkomplex Türschwellen ist nur in einem Kapitel ausführlicher behandelt.

Dabei behandelt das Buch die Thematik Balkon und Terrassen im Allgemeinen und nicht mit dem speziellen Bezug zum barrierefreien Bauen. Die Autorin übergeht in ihrem Kommentar auch, dass in dem Buch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass insbesondere beim barrierefreien Bauen eine Abstimmung auf die erwartete Nutzung zu erfolgen hat. Sie behauptet, dass Schwellenlösungen, die nicht barrierefrei ausgestaltet sind, eine „große Gefahr“ darstellen würden. Frau Jocham behauptet auch, dass barrierefreie Türschwellen zahlenden Kunden grundlos verwehrt bleiben würden.

In dem Buch „Balkone, Loggien und Terrassen“ werden die derzeit allgemein anerkannten Regeln der Technik behandelt. Dies ist das, was ohne besondere Vereinbarung gegenüber dem Auftraggeber geschuldet ist. Gerade bei Türschwellen ergibt sich hier der Zielkonflikt zwischen einer sicheren, dichten Anschlusskonstruktion und dem Wunsch nach Barrierefreiheit. Barrierefreie Türschwellen sind auch in der kommenden Normenreihe DIN 18531 technische Sonderkonstruktionen. Dies bedeutet, dass für barrierefreie Türschwellen insgesamt ein höherer Abdichtungsaufwand betrieben werden muss, als dies bei Standardlösungen der Fall ist.

Magnetdoppeldichtungen als Möglichkeit

Daneben wird zu berücksichtigen sein, dass es Juristen und auch Sachverständige geben wird, die die Begrifflichkeit der „Sonderkonstruktion“ dahingehend interpretieren werden, dass es sich dabei dann nicht um die allgemein anerkannte Regel der Technik handelt. Daraus erwächst dann wieder ein Haftungsrisiko für die Bauschaffenden.

Entgegen der Darstellung von Frau Jocham werden die Magnetdoppeldichtungen als Möglichkeit in dem Buch sehr wohl erwähnt (S. 190 mit Abb. 4.20). Es wird dort auch ausdrücklich erwähnt, dass bei Drehtüren aufgrund dieser Schwellenprofile eine Ausführung ohne Türanschlag immer möglich ist. Völlig überlesen hat Frau Jocham wohl auch den in grau hervorgehobenen Kasten (S. 190). Dort wird noch einmal explizit erwähnt, dass eine barrierefreie Türschwelle im Wohnungsbau im Zweifel eine tatsächliche „Nullschwelle“ sein muss. Türschwellen mit Magnetdoppeldichtung stellen aber nicht den aktuellen Baustandard dar, sondern sind im Wohnungsbau eher selten anzutreffen.

Auch die Magnetdoppeldichtung ist kein Allheilmittel zur Herstellung von barrierefreien Türschwellen: Gerade in Bereichen mit hoher Schlagregenbelastung oder in Bereichen mit höheren Schneemengen können auch die Magnetdoppeldichtungen nicht ohne Beachtung der Randbedingungen eingesetzt werden.

Die erforderliche Wartungsbedürftigkeit dieser Türschwellen wird genauso unterschlagen, wie die Problematik eines fachgerechten Einbaus der Türschwelle insgesamt.

Barrierefreie Türschwellen mit 20 mm Aufkantungshöhe

Frau Jocham erweckt in ihrem Kommentar den Eindruck, als seien barrierefreie Türschwellen im Bereich von Balkonen Pflicht. So wünschenswert barrierefreie Türschwellen zu Balkonen sind, sie sind trotzdem keine Pflicht. Es werden hier von Frau Jocham die gesetzlichen Anforderungen an die barrierefreie Erschließung von Gebäuden mit den Anforderungen, die seitens der Gesetzgeber an die barrierefreien Wohnungen selbst gestellt werden, vermischt. Es müssen grundsätzlich nicht alle Wohnungen barrierefrei erschlossen werden. In den barrierefreien Wohnungen selbst müssen auch nur bestimmte Räume in der Wohnung barrierefrei erreichbar und nutzbar sein. Balkone und Freisitze müssen explizit nicht barrierefrei erschlossen werden. (Ausnahme: Rheinland-Pfalz sieht uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen vor, dort sind auch die Freisitze barrierefrei auszugestalten).

Die Aussage von Frau Jocham, dass sich aus den Landesbauordnungen allgemein rechtliche Anforderungen an die Barrierefreiheit von Türschwellen ergeben ist daher schlichtweg falsch. Barrierefreie Türschwellen dürfen – wenn dies technisch unabdingbar ist – weiterhin eine maximale Aufkantungshöhe von 20 mm aufweisen. Nichts Anderes wurde auch in dem Buch auf Seite 66 dargelegt.

Barrierefreie Türschwellen wurden daher auch als Unterkapitel der schwellenlosen Türschwellen gesondert behandelt. Tatsächlich liegt jedoch bei der Abbildung 4.19. ein Schreibfehler vor: Dort handelt es sich um die Abbildung einer niedrigen Schwellenhöhe. Die Abbildung befindet sich hier auch im Kapitel 4.2.3.2, in dem die niedrigen Aufkantungen behandelt werden. Bei ausreichendem Studium des Buches wäre Frau Jocham auch aufgefallen, dass es sich bei der vorzusehenden Mindestaufkantungshöhe von 20 mm um die Mindestaufkantungshöhe der Abdichtung über den Belag handelt.

Dies schließt nicht aus, dass z. B. über einen schräg angestellten Gitterrost ein barrierefreier Übergang geschaffen werden kann.

Als Fazit darf daher festgehalten werden:

  • barrierefreie Türschwellen sind bei Balkonen und Terrassen derzeit nicht allgemein üblicher Standard.
  • barrierefreie Türschwellen von Balkonen und Terrassen sind technisch aufwendige Konstruktionen, die entsprechend geplant werden müssen.—

Steckbrief Walter Herre

  • Tätigkeit in Planung und Bauleitung im Geschosswohnungsbau, Nachweisberechtigter für Standsicherheitsnachweise.
  • Seit 2004 von der IHK Karlsruhe öffentlich bestellt und vereidigt als Gutachter für Schäden an Gebäuden.
  • 1. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg BVS Bundesverband der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.

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