Bevor der AKT in die eigentliche Fachthematik einstieg, konnte der AKT-Vorsitzende Karl Kress als neuen Mitarbeiter Arno Bender von der Firma Aluplast als Vertreter der Kunststoff-Systemgeber herzlich willkommen heißen.
Tauwasser im und am Fenster
Bei der Darstellung der generellen Problematik wies Kress auf die vielen Problemfälle im Reklamations- und Sachverständigenbereich hin. Gerade bei Niedrigenergiehäusern mit den heute üblichen dichten Fenstern treten Probleme auf, da sich trotz normaler bis günstiger raumklimatischer Bedingungen Tauwasser im Fensterfalz bildet. Vielfach entsteht durch die Feuchtigkeit im Falz auch Schimmelpilz. Er wies auf ein Vorgespräch mit Prof. Josef Schmid in Bezug auf eine vertiefende Forschung in diesem Bereich hin.
Innerhalb des Arbeitskreises stellte Prof. Schmid eine Projektskizze zu einem Forschungsvorhaben vor, in dem die Fragen der Tauwasserbildung am Fenster untersucht werden sollen. Er erläuterte, dass die Tauwasserproblematik ein altes Thema ist, das vielfach – auch bei Sachverständigen-Tagungen in Karlsruhe – angesprochen und diskutiert wurde. Trotz der Information an die Sachverständigen kommt es häufig zu einer falschen Bewertung und damit zu einer Schuldzuweisung an die Fensterbauer. Der mögliche Beitrag der Fensterbauer zur Vermeidung von Tauwasser in den Falzen ist begrenzt. Die Probleme zeigen sich zwar am Fenster, die Ursachen und damit auch die Ansätze zur Vermeidung liegen aber in anderen Bereichen.
Obwohl Fenster aus allen Rahmenmaterialien betroffen sind, was auch aus dem Teilnehmerkreis bestätigt wurde, besteht ein besonderer Handlungsbedarf beim Holzfenster, da sich hier Feuchteprobleme besonders ungünstig auswirken. So wurde etwa im Rahmen des abgeschlossenen Forschungsprojektes „Dis-ta“ (Dimensionsstabilisiertes Holz für den Fenster- und Fassadenbau) die Vermutung bestätigt, dass die Feuchtigkeitsbelastung die Hauptbeanspruchung für das Fenster darstellt.
Besonders kritisch wird die Situation bei Holzfenstern, wenn an feuchtigkeitsbelasteten Bereichen vorgeschädigtes Holz zur Anwendung kommt. Diese partielle Vorschädigung, in der Regel durch Mikroben verursacht, führt zu einer erhöhten Wasseraufnahme und ist am Holz äußerlich zunächst nicht erkennbar. Durch die Konstruktion und die Verarbeitung sowie durch raum- und außenseitige Klimaeinwirkungen und fehlende Wartung kann dieser Effekt noch begünstigt werden. Die Wartung spielt insgesamt eine wesentliche Rolle für eine lange Nutzungsdauer von Fenstern.
Anhand von überzeugenden Schadensbildern und der Zuordnung von Feuchte- und Isothermen-Berechnungen zeigte Prof. Schmid auf, dass Tauwasser bereits bei normalem Raumklima im Fensterfalz zu erwarten ist. Dieses Problem ist selbst durch eine innere Überschlagdichtung nicht zu lösen – auch wenn, wie viele Teilnehmer bestätigen, durch dieses wichtige Konstruktionsdetail der Tauwasseranfall verringert wird. Eine wirksame Entlastung des Fensters ist nach den vorliegenden Erkenntnissen nur dann zu erwarten, wenn eine nutzerunabhängige Grundlüftung sichergestellt ist. Dies ist eine Planungsaufgabe.
Speziell beim Fensteraustausch entsteht das „Renovierungsproblem“, da mit dieser Maß-nahme in den Lüftungs- und Feuchtehaushalt eines Gebäudes massiv eingegriffen wird und der vorher gesicherte Luftaustausch mit der Umgebung nicht mehr funktioniert. Da die Renovierung in der Regel nicht von einem Architekten betreut wird, wird der Fensterbauer zum Planer. Dies bedeutet, dass er nicht nur für die Gebrauchstauglichkeit der Fenster, sondern gegebenenfalls für die gesamte Renovierungsmaßnahme verantwortlich wird.
Als eine der Hauptursachen dieser Problematik wurde eine Durchströmung der Gebäude infolge thermischen Auftriebs und unterschiedlicher Windbelastung auf die verschiedenen Fassadenseiten benannt. Die früher vielfach undichten Gebäude ließen die warme und feuchte Luft schnell nach außen abströmen, so dass die Taupunkttemperatur des Raumklimas innerhalb des Fensters nicht unterschritten wurde und deshalb kein Tauwasser anfiel. In neuen dichten Fenstern geht diese Durchströmung sehr langsam vor sich, so dass die Taupunkttemperatur unterschritten wird und Tauwasser in den Falzen ausfällt. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die empfohlene Stoßlüftung in der üblichen Häufigkeit zur Feuchtigkeitsabfuhr nicht ausreicht, um Tauwasser zu verhindern. Vielmehr ist ein System von Zu- und Abluftöffnungen notwendig, um den in den Regelwerken geforderten Mindestluftwechsel von 0,5 unabhängig vom Nutzerverhalten zu gewährleisten. Da bei Fenstern in geschlossenem Zustand nur von einem Luftwechsel von ca. 0,1 ausgegangen werden kann, ist es eine Planungsaufgabe des Architekten, durch besondere Maßnahmen am Gebäude eine wirksame Lüftung sicherzustellen.
Laut Prof. Schmid fehlen allgemein gültige Grundlagen zu Fragen der Luftströmung im und am Fenster und zur Wirkung der Dichtungen. Auch ist nicht bekannt, inwiefern das Problem der Tauwasserbildung beeinflusst wird vom Grundriss der Wohnung und dem Nutzerverhalten. Deshalb soll im Rahmen eines derzeit laufenden Forschungsprojekts für Holzfenster in einem „Zusatzmodul“ erforscht werden, wie das Fenster entlastet werden kann. Dazu wird angestrebt, die Fragen der Feuchtebelastung von Fenstern und die Möglichkeiten der Vermeidung sowie die notwendigen Kenngrößen für die Konstruktion zu beantworten. Für die Durchführung ist neben einem Finanzaufwand von 50000 € auch aktive Mitarbeit bei Feldversuchen und im Gedankenaustausch erwünscht.
Die Diskussion des vorgestellten Projekts und die Aussagen bestätigten die Problematik und die Notwendigkeit, diese einer Lösung zuzuführen. Diskutiert wurde auch der Vorteil für die Firmen und Verbände, die sich an der Finanzierung des Projektes beteiligen. Man kam zu der Überzeugung, dass von dem Problem der Feuchtigkeitsbelastung die gesamte Branche betroffen ist und aus den Erkenntnissen Nutzen ziehen kann.
Um die Fensterhersteller zu entlasten wurde als „Sofort-Maßnahme“ über einen von Rechtsanwalt Roland Jaspers zu formulierenden Textbaustein zur Bedenken-Anmeldung gespro-chen. Jaspers sieht den Fensterbauer in der Haftung, da Schimmel am Fenster zunächst einen Mangel darstellt. Die Frage ist aber, ob der Fensterbauer diesen Mangel zu vertreten hat, da neben einer den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Leistung auch die subjektiven Erwartungen des Auftraggebers eine Rolle spielen. Insofern kann dieser sich nur durch rechtzeitige (d.h. vor Vertragsabschluss) Wahrnehmung seiner Hinweispflicht rechtswirksam entlasten, indem er über die Möglichkeit des Tauwasseranfalls informiert und die Folgen aufzeigt.
Anschließend sprach Ralf Spiekers vom Bundesverband Holz und Kunststoff, Berlin, die Frage der „Geeignetheit“ des Produkts für einen ganz speziellen Einsatzfall an. Während sich Fensterkonstruktionen in den letzten Jahrzehnten teilweise wenig geändert haben, sind die Anforderungen und Nutzungsbedingungen doch wesentlich höher und umfassender geworden. Prof. Schmid traf hierzu die Aussage, dass die derzeitigen Fenster hinsichtlich der besprochenen Problematik keine Fehlkonstruktionen sind. Werden sie aber als Abluftelement genutzt, sind sie überfordert und damit nicht mehr geeignet.
Mit der Vorstellung des Projektes und dem Hinweis auf die Dringlichkeit für die Branche sol-len die Mitglieder des Arbeitskreises und Verbandes um eine finanzielle Förderung ersucht werden, um den Forschungsauftrag zu ermöglichen.
Aufgrund von Erkenntnissen aus Gutachten und einer Vielzahl von Messungen an Kunst-stoff-, Holz- und Holz-Metallfenstern wurde von Prof. Dr. h.c. Klaus Layer als Gast im AKT aufgezeigt, wie sich Wärmeströme in verschiedenen Fenster-Querschnitten dar- und Feuchteverteilungen einstellen. Die Falzbereiche liegen dabei regelmäßig (deutlich) unterhalb von 10°C und werden auch durch nicht ordnungsgemäß gedämmte und abgedichtete Anschlussfugen-Bereiche mit beeinflusst. Auch haben die Untersuchungen gezeigt, dass bei Kunststofffenstern Wärme in nennenswertem Ausmaß auch über die Kunststoffstege nach außen geleitet wird.
„Bei vielen Fenstern fehlt Schichtdicke“, so Layer, mit der er aber nicht die Oberflächenbeschichtung, sondern die Dicke von Rahmen und Flügeln meint und einen Vergleich mit den großen Rahmendicken bei Passivhaus-Fenstern herstellt.
Abhilfe durch Falz-Lüfter?
Der Frage „Abhilfe durch Falz-Lüfter?“ ging Arno Bender, der im Hause Aluplast für die Produkt- und Systempflege zuständig ist, in einem Kurzvortrag nach. Er bestätigte, dass eine Luftwechselrate von 0,5 allein nicht ausreicht, um Schimmelbildung zu vermeiden. Dazu ist auch nach seiner Aussage eine Nutzer unabhängige Lüftung erforderlich, die im idealen Fall aus einer Abluftanlage und Zuströmöffnungen besteht. Letztere können unter Einhaltung von EnEV- und Behaglichkeitsvorgaben mit von verschiedenen Herstellern angebotenen Falz-Lüftern gebildet werden. Das speziell vorgestellte System „Basic Air plus“ bietet eine Reihe von Vorteilen. Von den Fällen, bei denen dieses Produkt zum Einsatz kam, wurde in keinem Fall von Tauwasser- oder gar Schimmel-Problemen berichtet. Allerdings werden entsprechende Lüfter, die es von verschiedenen Anbietern auch für den Holzfensterbereich und zur Nachrüstung gibt, bisher nur in einem verschwindend kleinen Anteil der Fenster eingesetzt. Im Ergebnis wurde festgehalten, dass Falz-Lüfter jedenfalls bei einer (zentralen) Abluftanlage ein sehr geeignetes Mittel für die Luft-Nachführung sind. Zu diesem Bereich wurde auf einen Richtlinien-Entwurf des ift-Rosenheim hingewiesen, der eine ganzheitliche Bewertung und eine einheitliche Darstellung der Leistungseigenschaften von dezentralen, in das Fenster integrierten oder in direktem Zusammenhang mit dem Fenster stehenden Lüftungselementen ermöglichen soll.
wird fortgesetzt
Autor
Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, Karlsruhe.