Einmal mehr eignete sich die ift-Holzfenster-Fachtagung dazu, dass der Fensterbauer sich über die neuesten Entwicklungen bei den Zulieferprodukten und bei den Regelwerken zu informieren. Diesmal stand im Mittelpunkt des Branchentreffs am 19. und 20.April die Kantel und die Möglichkeit diese durch verschiedene Verfahren zu optimieren.
Ift-Institutsleiter Ulrich Sieberath hatte bei seinen Ausführungen zunächst aber das europäische Qualitätsfenster im Blick. Er zeigte, dass es aus guten Grund verschiedene Systeme in Europa gäbe: schließlich seien die klimatischen Randbedingungen auch sehr unterschiedlich. Was den deutschen Markt betreffe, wies er darauf hin, dass „wir eigentlich den Sonnenschutz bei jeder Fensterkonstruktion benötigen.“ Aber dieser würde nach wie vor vernachlässigt werden. Er stellte die rhetorische Frage: „Was wird besser verkauft?“ Um gleich auch die Antwort zu geben: „Das Fenster mit dem besseren U-Wert und dem schlechteren g-Wert. Der Kunde kauft nach dem U-Wert.“ Das würde dazu führen, dass es nach dem Einbau zunehmend unzufriedene Kunden gebe. Folgerichtig sei es für das ift auch wichtig, bei dem Energy Label, welches das ift bereits 2011 vorgestellt hatte, zwei Kenngrößen im Vordergrund stehen: der Heizfall und der Kühlfall.
Was die unterschiedlichen Qualitätsstrategien in den Ländern angeht, zeigte er auf, dass in Frankreich ein völlig anderer Ansatz herrsche: Die Kollegen dort würden auf die Glasabdichtung nicht so viel Wert legen und verlangen dafür, dass eine Entwässerung des Glasfalzes vorgesehen ist. In Deutschland gehe man im Unterschied dazu davon aus, dass der Glasfalz dicht ist und nur belüftet werden muss. Sieberaths Fazit: „Ich hoffe, dass solche konstruktive Regelungen aus den Anforderungen verschwinden, denn die haben da nichts zu suchen. In den Regelungen sollte es nur um geforderte Leistungseigenschaften gehen.“
Was die Gewichtsproblematik der immer größer werdenden Elemente angeht, so bat er die Fensterbauer darum, nicht bis an die Grenzen des Machbaren zu gehen. Das würden auf Dauer die Beschläge nicht aushalten – auch wenn diese auf die erhöhten Belastungen getestet seien. Gleichzeitig versprach er Erleichterungen im wahrsten Wortsinn: Auf der fensterbau hätte man schon leichte 3-fach-Isolierglasscheiben sehen können und „in einem Jahr werden wir da deutlich leichtere Produkte einsetzen können.“
Eine deutliche Verbesserung gäbe es für die Holzart Fichte in der überarbeiteten DIN EN ISO 10077, so berichtet Sieberath: Bei Fichte könne man jetzt mit einer deutlich besseren Wärmeleitfähigkeit rechnen (0,11 W/mK). Und das könnte dazu führen, dass der Uf-Wert um 25 % aufgewertet werde.
Sein Fazit: Konstruktionsnormen hemmen die Entwicklung, deshalb gelte es, in den Normen die Anforderungen zu definieren. Aber: Trotzdem sollte jeder Fensterbauer in der Lage sein, konstruktive Grundsätze beachten zu können. Generell sieht er das Holzfenster im positiven Trend, denn „wir haben hier die Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit schon im Material enthalten.“
Die stv. Prüfstellenleiterin für Baustoffe und Halbzeuge beim ift, Dr. Ing. Odette Moarcas, die auch für die Programminhalte der Tagung verantwortlich war, ging in ihren Ausführungen auf die besonderen Eigenschaften von vergüteten Holzkanteln ein: Diese seinen Multitasking-fähig: Sie könnten die Ästethik, Witterungsbeständigkeit und eine Funktionserweiterung in einem Produkt vereinen.
Auf dem Markt habe sich bewährt, dass nur die Außenlamelle aus modifizierten Hölzern bestehe und für die übrigen Lamellen nicht-modifiziertes Material verwendet werde. „Dass die Außenlamelle als Dampfsperre agiert, ist nicht der Fall,“ so Dr. Moarcas. Deshalb sei dieser Kantelaufbau aus bauphysikalischen Gesichtspunkten auch vertretbar.
Weitere Höhepunkte, was die Fachbeiträge angeht, setzten der Sachverständige Werner Stiell und Christoph Rellstab von der Berner Fachhochschule:
Stiell zeigte an vielen Beispielen die Probleme der Holzfenster auf. Zum Beispiel, wenn nachträglich 3-fach ISO eingesetzt wird und nicht auf die Verträglichkeiten zwischen den Materialien geachtet wurde. Auch eine häufige Schadensursache: die Wetterschutzschiene, die an den Enden oft nicht korrekt abgedichtet wird. Kunden würden häufig Möbelqualität erwarten, deshalb gelte es besonders im Vorfeld aufzuklären.
Christoph Rellstab skizzierte die Situation der Fensterbaukollegen in der Schweiz: Es gebe 400-450 Betriebe in der Schweiz, die eigene Konstruktionen anbieten. Die Normengläubigkeit sei ganz anders als in Deutschland. Man folge viel häufiger wirtschaftlichen Entscheidungen, und nicht, „ob ein Fensterinstitut da etwas dagegen haben könnte.“ Deshalb sei die Vielfalt auch viel größer in der Alpenrepublik.
Was die Kantelware angeht, verwies er darauf, dass man in der Schweiz weniger auf wärmegedämmte Kombikanteln setze. „Es gibt bei uns wenn überhaupt aufgedoppelte Kanteln.“
Er wies zudem darauf hin, dass in der Schweiz die Einbausituation eine viel größere Rolle spiele und sich daraus entscheidende Unterschiede ergeben: Es werde vor allem darauf geachtet, dass die Blendrahmen-Konstruktionen im Anschlag verschwinden würden. Es gelte also der Grundsatz: Materialminimierung anstatt Dämmstoffintegrierung.