Karlsruher Fensterkongress 2011: Auf dem in der Karlsruher Akademie für Glas-, Fenster- und Fassadentechnik abgehaltenen Kongress ging es Mitte Februar darum, ob und wodurch sich das Holzfenster für ein Bauelement der Zukunft auszeichnet.
Holzfensterhersteller sind die Erfinder des Fensterbaus gewesen. Wir möchten hier hinterfragen, wie diese Branche sich wieder nach ganz vorne katapultieren kann“, so der Institutsleiter Prof. Dr. h. c. Klaus Layer. Schon im vergangenen Jahr hatte das Team um Prof. Layer eine entsprechende Veranstaltung mit respektablen Vorträgen auf die Beine gestellt. In diesem Jahr konnte man nun auch ein deutlich gestiegenes Besucherinteresse verzeichnen – Das Auditorium der Akademie war jedenfalls mit rund 120 Teilnehmern voll besetzt.
Einer der ersten Referenten, Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Fensterverbandes VFF in Frankfurt, äußerte gleich zu Beginn Vorbehalte, wenn man glaube, dass die starke Branchenkonjunktur auch künftig so anhalten werde. Finanzielle Anreize durch die Politik würden in nächster Zeit immer magerer ausfallen. Deshalb rief er zur Teilnahme an der vom VFF angestoßenen Marktanreizkampagne auf. Tschorn beklagte die kurzfristige Sichtweise der Branche: „Wir schauen immer ein paar Wochen nach vorne und sagen: Es läuft doch, wir haben doch gut zu tun. Entscheidend sei aber, dass man vorausschauender denkt, damit auch über Jahre hinweg der Fensterabsatz nicht wieder mit Einbrüchen zu kämpfen haben muss. In diesem Zusammenhang stellte er auch das Podcast-Angebot des Verbandes vor: Audio-Beiträge, welche die Themen Modernisierung, Energieeinsparung und Sicherheit ansprechen, ließen sich ganz einfach auf der eigenen Homepage integrieren.
In Bezug auf das Holzfenster verwies Tschorn darauf, dass man sich noch intensiver mit dem Werkstoff auseinandersetzen müsse. Gerade das Produkt Holzfenster stehe doch für angenehme Haptik, Wärme und Wohlbehagen – aber der Anbieter argumentiert trotzdem immer noch überwiegend mit technischen Werten, so Tschorn in seinem Fazit.
Dr. Ebert vom ZAE-Bayern (Bayerisches Zentrum für angewandte Energieforschung e.V.) vermittelte im Anschluss die neusten Entwicklungen bei der Vakuumisolierglasscheibe. Er geht davon aus, dass schon in diesem Jahr die industrielle Herstellung dieses Produktes beginnen könne – spätestens jedoch 2012. Jetzt müssten noch letzte Knackpunkte bei dem Randverbund gelöst werden: Metallfolien werden mit dem Glas per Laserschweißen oder per Lötprozess verbunden und dann unter Vakuum versiegelt. Viel Markt für das VIG im Bereich der Fenster und Fassaden sieht Ulrich Tschorn aber dennoch nicht: Das Produkt eigne sich eher für ein Dachflächenfenster, da in dieser Branche die Wiederholgrößen deutlich größer seien. Die individuellen Fenstermaße würden den Einsatz von VIG zu unerschwinglich machen, so seine Beurteilung.
Christoph Rellstab von der Bieler Hochschulevollzog in seinem Aufsatz die Entwicklung des Fensters aus der Sicht der Forschung: Früher kam es darauf an, ein Loch in der Wand zu schließen, heute sprechen wir beim Fenster von einem Hochleistungsbauteil und morgen sieht er dieses Bauelement mit angereicherten Zusatzfunktionen (Heiz-, Lüftungs- und Beschattungsfunktion). Er stellte die Frage in den Raum: „Ist ein Plusenergiefenster mit integrierter Verschattung und kontrollierter Komfortlüftung aus Holz möglich?“ Ja!, so seine vorweg genommene Antwort und verwies dabei auf die Konstruktionsideen der Schweizer Holz-Alu-Hersteller. Auch deswegen hätte dieses Produkt in der eidgenössischen Republik einen so hohen Stellenwert: Immerhin kommen Holz-Metall und Holzfenster dort auf einen Marktanteil von 50 Prozent – mit steigender Tendenz.
Um die Zukunftschancen zu erfassen, muss man zunächst die Schwachstellen herausarbeiten – unter diesem Motto zeigte der erste Vorsitzende des Landesverbandes, Karl Kress die Probleme, mit denen er bei seiner gutachterlichen Tätigkeit täglich konfrontiert wird: Offene Brüstungen, Probleme bei den Regenschutzschienen, Glashalteleisten und Gehrungsecken der Dichtungen. Er dokumentierte seine Ausführung mit eindruckvollen Schadensbildern. Gefragt nach den Chancen für Holzfenster, verwies er darauf dass unsere Bauelemente immer komplizierter werden. Dies sei auch die Chance für hochqualifizierte Hersteller, die sich vom reinen Fensterthema lösen könnten und gewerkeübergreifend denken.
Rainer Oberacker, Leiter der technischen Beratungsstelle im Landesverband blickte in seinen Ausführungen auf die Optimierungsmöglichkeiten des Holzfensters und warnte zugleich vor möglichen Fallstricken: Beispielsweise, wenn der SZR eines Isolierglases vergrößert werde, damit das Glas einen noch günstigeren U-Wert erhalte. Diese Produkte würden dann unter Klimalast so stark beansprucht werden, dass auch der Glasbruch immer häufiger vorkommen könne. Zur Dichtungskonstruktion bezog er eindeutig Stellung: "Die Innere Überschlagdichtung muss unsere Hauptdichtung werden. Und auch für das alte Fensterkantelmaß IV 68 fand er deutliche Worte: "Das Holzfenster hat eine Zukunft aber nicht mit den Konstruktionen der Vergangenheit."
Einen Veranstaltungsbericht wird auch im Märzheft der GLASWELT abgedruckt, die am 4. März erscheint. Autor: Daniel Mund