Die Jahrestagung 2011 bot wieder ein breites und umfassendes Vortragsprogramm und viel Raum für Diskussion und Meinungsaustausch: An zwei Tagen diskutierten die Wintergartenbauer zu Fachfragen bei den Vorträgen und mit ihren Fachpartnern aus der Zulieferindustrie.
So behandelte Günther Mattes, Sachverständiger und Glasberater aus Aachen, das Thema „Glasbrüche erfassen, verstehen, bewerten, vermeiden“. Wichtig sei beim Auftreten von Fehlern bzw. bei Mängeln, dass man als Handwerker damit umzugehen weiß. Hier sei ein gut funktionierendes Reklamations-Management das A und O. Sonst könne schnell aus einem kleinen Fehler für den Betrieb eine (wirtschaftliche) Katastrophe werden.
Vorsicht Glasbruch
Matthes stellte verschiedene Arten von Glasschäden bzw. Glasbrucherscheinungen vor: „Wichtig ist die Ursachensuche und die richtige Bewertung eines Glasbruchs. Es gibt dazu zwei Methoden: Zum einen die empirische Schadensanalyse. Diese Methode hat jedoch gravierende Nachteile, da gleich aussehende Glasbrüche verschiedenen Ursachen haben können.
Zum anderen gibt es die systematische Schadensanalyse, der man den Vorzug geben sollte, da sie hilft, Fehleinschätzungen zu vermeiden.“ Diese Methode beinhalte die folgenden fünf Punkte: Schadensbeschreibung, Bestandsaufnahme, Untersuchung, Auswertung und Schadensbericht.
„Achten Sie darauf, dass bei einem Schadensfall immer die Scherben und Splitter liegen bleiben, bis der Sachverständige kommt. Denn so kann er viel leichter die Bruchursachen herausfinden. Es reicht in der Regel nicht aus, Fotos der Scherben zu machen und diese anschließend wegzuräumen, um anhand der Bilder dann die Schadenursache zu ermitteln.“
Weiter warnte der Sachverständige vor Tipps und Stellungnahmen zu Glasbruchbildern und Schadensursachen im Internet. Diese Diagnosen seien zu ungenau und könnten zudem die Gegebenheiten vor Ort nicht ausreichend berücksichtigen. Man sollte solche Hinweise immer mit Vorsicht betrachten: „Die Ferndiagnose funktioniert hier nicht. Ich erlaube mir keine Aussage oder Schuldzuweisung zum Glasbruch, bevor dies nicht im Mikrobereich untersucht wurde.“
„Wenn Sie nicht nur im Wintergartenbau auf Nummer sicher gehen wollen, bauen Sie ESG ein, so der Rat des Glasspezialisten. „Das kostet zwar etwas mehr, bietet aber Ihnen und den Bauherren eine sehr hohe Sicherheit in Sachen Belastbarkeit der Gläser.“
Am zweiten Vortragstag beschäftigte sich Martin Reick (Flachglas Markenkreis) mit dem Thema „Glasstatik nach TRLV und neuer DIN 18008“. Reick erläuterte das Procedere der Umwandlung deutscher Normung in gültige EU-Normen und räumte mit einer Reihe von „Mythen“ auf, die im Zusammenhang mit diesen Veränderungen immer wieder in der Branche zu hören seien.
Geneigter Glaseinbau – schlechterer U-Wert
Spannend war der Beitrag von Steffen Schäfer (Interpane), der das Thema „Geneigter Einbau von Isolierverglasungen – Welche U-Werte gelten wo?“ vertiefte. Diese Fragestellung tauche häufig bei Wintergärten, Glasan- bzw. Glasvorbauten auf, wo geneigte Verglasungen eine wichtige Rolle spielen. Dazu erläuterte er das unterschiedliche physikalische Verhalten von Verglasungen in Abhängigkeit vom Einbauwinkel. Schäfer: „Die veröffentlichten Ug-Werte basieren i.d.R. auf den Vorgaben der EN 673 (mit den Referenzwerten für den senkrechten Einbau). Weicht die Einbausituation von den Referenzangaben ab, können sich aufgrund physikalischer Gegebenheiten abweichende Ug-Werte ergeben, insbesondere bei Verglasungen in geneigten Konstruktionen.“
Wie in der EN 673 Abschn. 5.4.3 beschrieben, wird der Wärmeübergang bei horizontal oder geneigt stehenden Verglasungen gefördert: Bei einer Veränderung der Einbauneigung ändert sich der Ug-Wert; er wird schlechter. Hintergrund: Die für den Wärmedurchgang maßgebliche Konvektion verhält sich in verschiedenen Neigungswinkeln unterschiedlich.
Die Referenzwerte gelten nur für senkrechte Gläser
Die Gashersteller geben in ihren Produktunterlagen i.d.R. alle Ug-Werte nach EN 673 (Referenzwerte) an. Dabei handelt es sich um die im Rahmen der CE-Kennzeichnung nach DIN EN 1279-5 deklarierten und in den Herstellerproduktunterlagen angegebenen Nennwerte. Dasselbe gilt für die Herstellerdeklarationen (CE-Kennzeichnung) sowie für die Unternehmererklärung nach EnEV. Diese sind nach den gesetzlichen und normativen Vorgaben Werte für den vertikalen (senkrechten) Einbau und in Europa einheitlich.
Das Fazit Schäfers: „Weisen Sie Ihre Kunden darauf hin, dass sich die angegebenen Werte auf den senkrechten Einbaufall nach EN 673 beziehen. Der Ug-Wert für die geneigte Verglasung kann der Wintergartenbauer beim Hersteller i.d.R. gesondert abfragen. Für spätere Wärmebedarfsberechnungen kann dann dieser Wert für die jeweilige Einbausituation mit Neigung herangezogen werden.“
Als Unterstützung machte er die Anwesenden auf die kürzlich erschienene 8. Auflage des Glaskompendiums „Gestalten mit Glas“ aufmerksam. Dieses kann unter https://www.interpane.com/ abgerufen werden. Es enthält eine Tabelle für Ug-Werte für die gängigen Einbauwinkel von 0° (= waagerecht) über 15°, 30°, 45°, 60°, 75° bis hin zu 90° (senkrecht).
Referent Jürgen Nahr (Euroglas) richtete die Aufmerksamkeit der Anwesenden zum Abschluss des Themenbereichs „Glas“ auf das Problem des Außenkondensats auf modernen, hochwertigen Isoliergläsern. Diese Begleiterscheinung aufgrund besonders guter Dämmwerte der Verglasung kann als „notwendiges Übel“ durch die Verbesserung der Produkte verstanden werden. Nahr stellte eine Innovation aus seinem Haus vor, mit der die Wirkung dieses Kondensats sichtbar vermieden werden kann.
Positives Resümee
Dr. Steffen Spenke, der 1. Vorsitzende des BV Wintergartens zog ein positives Resümee des Jahrestreffens: „Wir sind stolz darauf, dass wieder einmal so viele Mitglieder zu unserer Jahrestagung gekommen sind. Dies belegt, dass die Veranstaltung heute fest in unserer Branche etabliert ist. Weiter zeigen die Besucherzahlen, dass wir mit unserer Tagung und der begleitenden Fachausstellung mit Ausstattungs- und Zulieferfirmen das richtige Konzept gefunden haben.“ —
Personelle änderungen im Verband
Mit Rainer Trauernicht, dem Geschäftsführer von TS-Aluminium, wurde die Position des 2. Verbandsvorsitzenden neu besetzt. Er tritt an die Stelle von Rudolf Trauernicht, der auf eigenen Wunsch seinen Posten aufgegeben hatte. Seine Verdienste um die Gründung und Entwicklung des Verbandes sowie seine langjährige aktive Mitarbeit an der Spitze des Verbandes wurden mit der Ernennung zum Ehrenmitglied gewürdigt. Nachfolger Rainer Trauernicht ist seit Gründung im Verband aktiv, unter anderem in seiner Mitarbeit im Fachausschuss Technik.
Um künftig die besondere Spezifikation des Werkstoffs Holz in der fachlichen Arbeit des Wintergartenverbands noch qualifizierter zu berücksichtigen, wurde beschlossen, einen Fachausschuss Holzwintergarten zu bilden. Dieser steht unter dem Vorsitz von Peter Ertelt, der ebenfalls in den Vorstand berufen wurde.
Aktuelle Zahlen vom Wintergartenmarkt
GLASWELT-Chefredakteur Matthias Rehberger befragte am Rande der Tagung Bernd Husmann, den Vorsitzenden des Fachausschusses Marketing im Verband, zur aktuellen Marktentwicklung.
GLASWELT – Herr Husmann, Sie haben Ihre Verbandskollegen befragt, wie sich der Wintergartenmarkt entwickelt, was sind die Ergebnisse?
Bernd Husmann – Nach unseren jüngsten Zahlen verzeichnete unsere Branche im letzten Jahr bei den Wohn-Wintergärten in der Materialgruppe Alu/PVC bei 51 % eine konstante, bei 32 % sogar eine positive Entwicklung. 17 % der Unternehmen berichteten aber von rückläufigen Umsätzen. Mit diesen Ergebnissen wurden die Erwartungen nach dem Barometer 2010 positiv übertroffen. Bei der Materialgruppe Holz/Holz-Alu verzeichneten lediglich 10 % der Verarbeiter rückläufige Umsätze, 60 % meldeten konstante, 30 % sogar positive Umsatzentwicklungen. Die Erwartung von 40 % der Umfrage-Teilnehmer von rückläufigen Umsätzen hat sich somit nicht bestätigt.
GLASWELT – Und wie sehen die Ergebnisse im Segment Wintergarten aus?
Husmann – Im Bereich Wintergarten vermeldeten 10 % der Befragten rückläufige Umsätze in der Materialgruppe Alu/PVC. Dies sind deutlich weniger,als die 22 %, die im Vorjahr eine entsprechend negative Entwicklung erwarteten. 49 % meldeten hier konstante Umsätze und 41 % auch hier eine positive Umsatzentwicklung. Damit reicht diese Zahl nicht ganz an die 47 % heran, die mit einer positiven Umsatzentwicklung für diesen Bereich gerechnet haben. In der Materialgruppe Holz/Holz-Alu rechneten 33 % der Firmen mit rückläufigen Umsätzen. Mit den gemeldeten 35 % lag die Einschätzung relativ nah an der tatsächlichen Entwicklung. 66 % erwarteten hier konstante und kein Teilnehmer positive Umsatzentwicklungen. Mit gemeldeten 47 % konstanten und sogar 41 % positiven Umsätzen fiel hier das Ergebnis deutlich besser aus.
GLASWELT – Wie schätzen Sie die Entwicklung für 2011 ein?
Husmann – 88 % der Firmen gehen für dieses Jahr im Segment Wohn-Wintergarten von konstanten bzw. positiven Umsätzen in der Materialgruppe Alu/PVC aus. Mit 82 % liegen die Erwartungen für die Materialgruppe Holz/Holz-Alu fast gleich auf. Für Alu/PVC steigt die Zahl der Befragten, die mit einer konstanten Marktentwicklung rechnen. Im Bereich Holz/Holz-Alu haben sich die Erwartungen kaum bzw. leicht positiv verändert. Und bei Holz/Holz-Alu überwiegt mit 77 % die Einschätzung einer konstanten Entwicklung. Bei Terrassendächern bleibt die überaus positive Erwartungshaltung konstant.
GLASWELT – Wie würden Sie die Ergebnisse zusammenfassen?
Husmann – Mit gesundem Optimismus kann das Jahr 2011 in einem relativ konstanten Umfeld angegangen werden. Die Wintergarten-Branche bewegt sich auf einem relativ hohen Niveau. —