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Stadthalle Wien: Brandschutzglas vor raumabschließender Glasfassade

Mit Abstand am besten

Die Halle F nimmt die Linienführung des Bestands auf und entwickelt sie in zeitgemäßer Architektursprache: Waren bei der ersten Stadthalle Glas und massiver Beton die bevorzugten Werkstoffe, haben zeitgenössische Architekten eine Vorliebe für filigrane Stahl-Glaskonstruktionen. Der Wunsch nach einer Spielstätte mit „mittlerem Fassungsvermögen“ gab den Ausschlag für den Erweiterungsbau. Im Jahre 2002 wurde diesbezüglich ein internationaler Architektenwettbewerb ausgelobt. Das Vorarlberger Architektenbüro Dietrich | Untertrifaller überzeugte die Jury mit einem aluminiumverkleideten Baukörper, der die große, bestehende Stadthalle in voller Größe sichtbar ließ. Ein weiteres entscheidendes Kriterium war, dass ihr Entwurf nicht die gesamte zur Verfügung stehende Grundfläche beanspruchte und darüber hinaus – mit einer Auskragung von rund 12 Metern – einen großzügigen, überdachten Vorplatz schuf. Die Glasfront des (nunmehr überdachten) Haupteingangs befindet sich exakt in der Flucht der niedrigen, nicht überdachten Eingangsfront der alten Halle.

Das Innere des Saals ist mit einer roten Glas­hülle ver­klei­det, ebenso ist die gesamte Ausstattung in Rot gehalten. Es gibt keinen Balkon und keine Ränge, lediglich ein breiter Gang, der so genannte Catwalk, unterbricht als Erweiterung der Bühne die Sitzreihen. Für den zufällig vorbeigehenden Passanten sind die beleuchteten Pausenfoyers mit ihren hohen Glaswänden gut einsehbar. So belebt das Geschehen im Inneren den Außenraum und umgekehrt; vermittelt durch eine filigrane Glasfassade besonderer Konstruktion mit Schüco Stahlsysteme Jansen-Viss Basic. Viss Basic ermöglicht die Herstellung von trägerunabhängigen, großflächigen Vertikalfassaden. Das Besondere: Das System kann auch dann noch zur Anwendung kommen, wenn – wie in diesem Fall – die raumseitige Tragkonstruktion bereits erstellt ist.

Dem mit der Herstellung der Fassaden beauftragten Unternehmen, die Firma Kreuzroither Metallbau in Schörfling am Attersee, oblag die gesamte statische Berechnung einschließlich der Glasstatik. Zur Abtragung der Glaslasten wurden Flachstähle als Glasträger in die Riegelunterkonstruktion eingearbeitet. Durch die innen in einer Ebene liegenden Vertikal- und Horizontaldichtungen wird eine geschlossene Dichtungsebene erreicht. Die horizontal durchlaufend eingesetzten Dichtungen mit integrierten Dichtlappen gewährleisten eine sichere, einwandfreie und kontrollierte Belüftung und Entwässerung des Glasfalzes und damit eine über die Jahre hinweg technisch sowie optisch einwandfreie Fassadenkonstruktion. Die in ihrer Ansicht trapezförmige 275 m² große Südfassade ist mit 16 vertikalen und drei horizontalen Teilungen in 30 Glasfelder geteilt. Die Nordfassade ist genau spiegelverkehrt ausgeführt.|

Bautafel

Bauherr: Wiener Stadthalle Betriebs- und

VeranstaltungsgesmbH, A-1150 Wien

Architekten: Dietrich | Untertrifaller, A-69900 Bregenz

Fassadenbau: Kreuzroither Metallbau GmbH,

A-4861 Schörfling

Fassadenkonstruktion: Schüco Stahlsysteme Jansen,

33609 Bielefeld

Info

Brandschutzkonzept für die Wiener Stadthalle

Sonderbauten wie die Halle F stellen für die planerische Praxis stets eine besondere Herausforderung dar, vor allem auch im Hinblick auf den baulichen Brandschutz. Ein hohes Gefährdungspotenzial einerseits und restriktive Vorgaben des Gesetzgebers bzw. der Brandschutzbehörden andererseits beschränken den gestalterischen Spielraum. Für die Wiener Stadthalle entwickelten die Architekten in Kooperation mit dem IBS, Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung, Linz, ein innovatives Brandschutzkonzept mit dem Ziel, die angestrebte Transparenz beizubehalten.

Bei der neuen Halle handelt es sich um einen Stahlbau, der im Regelfall die Brandschutzanforderung F90 erfüllen muss. Ein Rauchabschnitt trennt das Eingangsfoyer von den Pausenfoyers; er ist als einfache, d.h., der Ö-Norm entsprechende G30 Verglasung ausgeführt. Im Übrigen konnte mit geprüften Systemen gearbeitet werden; mit einer Ausnahme: Der Fassade des vollständig mit Holz ausgekleideten nördlichen Pausenfoyers ist ein Fluchtweg vorgelagert. Hier galt es, im Zweifelsfall den vertikalen Brandüberschlag und Hitzestrahlung zu verhindern. Aus diesem Grund setzten die Architekten gläserne Schürzen aus Schott Pyranova Brandschutzglas zwischen die Stahlträger, nur wenige Zentimeter vor die raumabschließende Glasfassade. Um die Transparenz der Fassade nicht zu stören – und das ist das Einmalige an dieser Konstruktion – sind die Brandschutzelemente lediglich in ihrem unteren Randbereich befestigt, und zwar direkt in die Betondecke eingelassen. Ein Aluminiumprofil fasst die übrigen drei Seiten, dieses hat jedoch keine brandschutztechnische Funktion, sondern dient nur dem Randabschluss des Scheibenverbunds. Pendelschlagversuche des Labor für Stahl- und Leichtmetallbau der Fachhochschule München, die auf Verlangen der Brandschutzbehörde durchgeführt wurden, haben die Funktionssicherheit der ersten linienförmig gelagerten Brandschutzkonstruktion voll und ganz bestätigt.

Pyranova ist ein klares Mehrscheibenverbundglas für Brandschutzverglasungen der Feuerwiderstandsklasse F bzw. EI, das Feuer, Rauch und Wärmestrahlung abhält. Es wird abhängig von der Feuerwiderstandsklasse grundsätzlich aus mindestens drei Floatglasscheiben hergestellt, zwischen die eine transparente Brandschutzschicht eingelagert ist. Im Brandfall zerspringt die dem Brandherd zugewandte Scheibe, die Schicht schäumt auf und bildet dadurch einen Hitzeschild. Für die Stadthalle Wien fertigte Schott 28mm starke Scheiben im Format bis zu 2245 x 1130 mm, aufgebaut als 2 x 5 mm Floatglas, mit vierfach PVB-Folie (je 1,52 mm) laminiert und 15 mm Pyranova S2.0. Die in den Betonboden eingelassenen Scheiben verhindern nicht nur nachgewiesenermaßen den Brandüberschlag an der Fassade, sondern dienen auch der Absturzsicherung, sodass Gäste sich unbesorgt an das Glas lehnen können.

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