_ Ich erlebe es immer wieder, dass viele Hersteller in kleinen und mittelständischen Unternehmen durch ihr Tagesgeschäft dermaßen eingebunden sind, dass für das betriebliche Weiterkommen kaum mehr Zeit übrig bleibt. Oft reagiert man nur noch und agiert nicht mehr. In diesem Zusammenhang werden hohe Kosten verursacht und Geld „verbrannt“. Um im eigenen Betrieb keine Stagnation, sondern ein gesundes, stabiles Wachstum zu erhalten, sollten sich die Verantwortlichen in zeitlich überschaubaren Abständen immer wieder die wichtigsten Fragen selbst stellen und beantworten. Jeder Betrieb ist in Umfang und Struktur ein Unikat, deshalb werden hier allgemeine Fragestellungen aufgezeigt, die gegebenenfalls noch für das eigene Unternehmen spezifiziert werden sollten.
Was können wir besonders gut?
An dem Satz „Stärken muss man stärken und Schwächen sollte man abstellen“ ist wahrhaftig etwas dran. Die Frage nach den Stärken birgt allerdings meist die Gefahr in sich, dass man zu Beschönigungen neigt oder aus anderen Gründen diese Frage selbst nur unzureichend objektiv beantworten kann. Aus diesem Grund sind Fremdbilder unerlässlich, sofern man diese zulässt. Aber Achtung: Man kann sich in die Gefahr begeben, dass jemand externes seinen Finger in eine Wunde legen könnte.
Um eine Rückmeldung zu seinen eigenen Leistungen zu erhalten, sind Kundenbefragungen ein sehr nützliches Hilfsmittel. Hier sollte besonders auf die Fragestellungen geachtet werden, damit ein verwertbares Ergebnis erzielt wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Befragungen durch Fremdunternehmen weitaus besser angenommen werden, als wenn diese von einem selbst kommen. Sicherlich empfiehlt es sich auch, eine Rückmeldung durch einen fachkompetenten Berater zu erhalten, welcher auch in den Unternehmen selbst Meinungen von Mitarbeitern einholt und diese in eine Auswertung mit einfließen lässt.
Was können unsere Marktbegleiter anders als wir?
Bei dieser Frage handelt es sich um eine Wettbewerbsanalyse – nicht mehr und nicht weniger. Im Bereich der Investitionsgüter, welche Fenster und Bauelemente nun einmal sind, wird der Fokus normalerweise ausschließlich auf das Produktportfolio der Marktbegleiter gelegt. Bei Haustüren mag das noch gehen, da diese Produkte einen hohen Stellenwert in puncto Design, Statussymbol für den Kunden und Sicherheit haben. Bei Fenstern wird es da schon etwas schwieriger mit den Alleinstellungsmerkmalen. Es ist nicht selten der Fall, dass sich das Portfolio der zu vergleichenden Unternehmen nur unwesentlich unterscheidet. Der Endkunde tut sich dann mit dieser Unterscheidung umso schwerer. Daher muss es noch andere Gründe geben, sollte der Marktbegleiter erfolgreicher sein als das eigene Unternehmen. Ein Kunde erwartet heute ein qualitativ hochwertiges Produkt. Zusätzlich sind ihm aber auch Wertschätzung seiner Person, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Auftreten sowie Fach- und Sozialkompetenz wichtig.
Beispielhaft könnte man hier die Qualität der Kommunikation mit dem Kunden nennen, ein von Hektik und Störungen befreites Kundenberatungsgespräch, das Auftreten der Mitarbeiter beim Kunden und vor allem Termintreue bei Lieferung und Serviceleistungen.
An welchen Stellen besteht starker Wettbewerb?
Jeder Unternehmer sollte sich vor Augen halten, in welchem Teich er fischt. Ist das Gewässer groß genug für alle oder sind die besten Plätze meist vergeben? Sind die Fische dick genug oder hat man auch ungewollten Beifang? Wie hoch ist der Aufwand im Vergleich zum erzielten Fang?
Jedes Unternehmen hat seine Vertriebs- und Verkaufsstrategie – entweder über Volumen oder über Individualität, wobei das prozentuale Verhältnis durchaus unterschiedlich sein kann. Eines ist klar: Je größer der Wettbewerb, umso höher der Druck, welcher auf der Verkaufsstrategie und dem Unternehmer lastet.
Die direkte Betreuung eines privaten Endkunden ist meist sehr zeitintensiv bei relativ kleinem Volumen. Erfahrungsgemäß ist hier die Wettbewerbssituation jedoch anders gestaltet als z. B. bei öffentlichen Ausschreibungen. Bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand wird unter normalen Vergabebedingungen der billigste Anbieter mit dem Auftrag bedacht. In diesem Falle muss man seine eigene Kostenstruktur fest im Griff haben. Es besteht zwar die Möglichkeit, durch unzureichende Ausschreibungen mit Nachträgen einen höheren Erfolg zu generieren, allerdings sollte man bei diesem Wettbewerb auch die Liquidität des eigenen Unternehmens immer im Auge behalten. Nicht selten kommt es vor, dass Umsatzsteuer fällig wird, obwohl der Rechnungsausgleich noch lange auf sich warten lässt. Das hat schon so manches Unternehmen in Schieflage gebracht.
Stimmt die Zielgruppe mit dem Portfolio überein?
Wenn man sich ausreichend mit der vorherigen Frage beschäftigt hat, kommt man zwangsläufig zu seiner aktuell bestimmenden Zielgruppe und dem eigenen Produktportfolio. Es ist sehr schwierig, dem Kundenverlangen nach einem Flugzeug mit dem Angebot einer Monatskarte der städtischen Verkehrsbetriebe entgegenzutreten. Denn dann sind die Interessen und Bedürfnisse des Kunden nicht mit den Produkten des Unternehmers kompatibel. Hier muss man sich immer die Frage stellen, ob man die richtige Zielgruppe für seine bestehenden Produkte hat – oder umgekehrt: Vielleicht muss man auch andere, modifizierte und zielgruppengerechtere Produkte anbieten.
Besteht nur eine geringfügige oder vielleicht sogar keine Möglichkeit, den selbstgewählten Kundenkreis zu erreichen, so besteht natürlich akuter Handlungsbedarf. Dann gilt es, eine veränderte, neue Zielgruppe zu definieren oder in Innovationen zu investieren und die Qualität entsprechend zu steigern, bis im Idealfall ein Must-have-Portfolio erreicht ist.
Gibt es bessere Produkte und Fertigungsverfahren?
In der Regel besteht für ein Unternehmen immer der Drang zum Upgrade seiner Zielgruppe bzw. zur Verbesserung seiner Güter. Dies bedeutet meist, Stellschrauben im Vertrieb zu feinjustieren oder die Qualität der Produkte zu steigern – damit einhergehen kann zudem die Kostenreduktion in der Herstellung. Meist lassen sich solche Prozesse nur durch Investitionen in Anlagen- und Prozesstechniken realisieren.
Einerseits werden Hersteller von Fenstern und Türen durch gesetzliche Vorgaben motiviert, ihre Prozesse und Produkte zu optimieren, andererseits stoßen Unternehmer aber auch an ihre Grenzen, wenn die Produktionsanlagen dies nur schwer oder überhaupt nicht mehr hergeben. Sodann beschäftigt man sich mit neuen Maschinen und Werkzeugen, im besten Fall auch noch mit der entsprechenden Produktionssoftware (fatal, wer diese drei Punkte nicht als Einheit sieht). Dann allerdings sollte der Unternehmer sich einen Berater zur Seite stellen, der fachkompetent, erfahren und produktmäßig unabhängig ist. Übrigens: Diese Dienstleistungen werden häufig auch von der öffentlichen Hand gefördert. Wenn man in den Dschungel der Möglichkeiten, Optionen und Varianten eintaucht, wird dies sehr schnell unternehmerische Kapazitäten binden – welche zwangsläufig an anderer Stelle fehlen. Unternehmer, die diese Schritte bereits unternommen haben, werden dies sicherlich bestätigen können.
In welchen Produktionsbereichen liegen verborgene Ressourcen?
Bevor man sich dem Thema „neue Fertigungsmöglichkeiten“ intensiv widmet – oder dies zeitlich noch etwas zurückstellt –, sollte ein aufmerksamer Rundgang durch den eigenen Betrieb unternommen werden. Nicht selten kommt es vor, dass brachliegende Ressourcen nicht erkannt oder genutzt werden. Es gestaltet sich immer am einfachsten, nach Optimierungen zu suchen, welche in erster Linie keinen oder nur einen geringen Investitionsbedarf benötigen. Manche Unternehmer können diese Ressourcen oftmals nur sehr schwer erkennen, da sie mehr oder weniger täglich an ihnen vorbeigehen. Wenn man einen guten Kontakt zu seinen Kollegen hat und evtl. die Möglichkeit von Betriebsbesichtigungen anderer Unternehmen wahrnimmt, so kann man sich vieles abschauen. Meist ist es aber sinnvoll, sein eigenes Unternehmen fremddurchleuchten zu lassen. Der hier entstehende Aufwand amortisiert sich verhältnismäßig schnell durch die aufgezeigten Optimierungsmöglichkeiten.
In diesem Zusammenhang können auch Engstellen oder erforderliche Umstrukturierungsmaßnahmen erkannt werden, welche meist erst nach einer Investitionstätigkeit in Neuanlagen zu Tage treten. Dies bei einem Investitionsvorhaben im Vorfeld zu bedenken, spart erhebliche Kosten und Zeitaufwendungen während und nach der Produktionsumstellung.
Sind Qualitätssteigerungen noch möglich?
Wie hoch schätzen Sie die zeitlichen und finanziellen Aufwendungen für Hersteller und Kunden, welche aus unzureichender Qualität resultieren? Sind die Ursachen immer wieder die gleichen? Besteht ein internes Qualitätsmanagement und wird dies auch ergebnisorientiert angewandt? Sicherlich muss aus Gründen der Leistungserklärungen und der werkseitigen Produktionskontrolle (WPK) ein Qualitätsmanagement bestehen. Eine WPK alleine sagt aber noch nichts über die Qualität aus, denn es ist durchaus denkbar, dass z. B. die Wareneingangskontrolle über manches hinwegsieht, da sie keinen eindeutigen Bezug zum fertigen Produkt hat. Vielleicht ist der gewählte Zulieferer auch nur schwer in der Lage, bessere Qualität zu liefern, da der Unternehmenseinkauf eher preisorientiert handelt. Im Nachgang verteuert sich das Ausgangsmaterial dadurch aber wesentlich.
Vielleicht benötigt ein Mitarbeiter aber auch nur eine weitere Lichtquelle an seinem Arbeitsplatz, um sein Werkstück besser erkennen zu können. Manchmal ist es sogar ratsam, einem Mitarbeiter eine andere Aufgabe im Betrieb zuzuordnen, da hier seine Stärken besser positioniert sind.
Werden erreichbare Ziele definiert und auch kommuniziert?
Kommunikation findet nicht ausschließlich am Telefon oder per E-Mail statt. Zudem sind die Botschaften das Entscheidende. Jeder Beteiligte in und um ein Unternehmen braucht seinen roten Faden. Nur so wird ein Strick daraus, an dem alle gemeinsam ziehen können.
Aus diesem Grund sollte ein Unternehmer seine Ziele für sich klar und deutlich festlegen und diese auch klar und deutlich ansprechen – wo immer sie notwendig sind. Nur wer klare, unmissverständliche und erreichbare Ziele definiert, wird erfolgreich sein.
Wenn Mitarbeiter nicht wissen, wohin die Reise geht, können sie sich weder darauf freuen, noch darauf konzentrieren. Lässt man Mitarbeitern, Kunden und Kapitalgebern eine Grauzone für Spekulationen, ist dies für eine Unternehmensentwicklung nicht förderlich. Und: Ziele sollten erreichbar sein und man darf den Zieleinlauf auch gerne nach außen tragen und feiern. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es auf der Weihnachtsfeier der Belegschaft ist oder bei einem Tag der offenen Tür für Kunden.
Ein Problem kann auch auftreten, wenn Unternehmerentscheidungen nicht rechtzeitig besprochen werden. Da ist ein Satz wie „das hab ich so entschieden, das machen wir jetzt so“ eher kontraproduktiv.
Wie steht es mit der Mitarbeiteridentifikation?
Wenn es um Menschen geht, wird es meist heikel. Sie fragen einen Ihrer Mitarbeiter, ob er sich in Ihrem Betrieb wohlfühlt und ob er für Sie die Fahne hochhält. Die Antwort lautet in 99 % der Fälle „Ja“. Klar, sonst würde dieser Mitarbeiter ja nicht bei Ihnen in Lohn und Brot stehen. Was der Unternehmer fragt und was der Mitarbeiter hört bzw. versteht, muss aber nicht wirklich deckungsgleich sein. Alle Mitarbeiter und der Unternehmer für sich sind Individuen. Jeder will aber auch entsprechend behandelt, gefördert und gefordert werden. Dies zu erkennen ist eine Kunst und macht einen Unternehmer – neben seinem fachlichen Know-how – erst wirklich zu einem Unternehmer. In vielen Betrieben wird noch immer der Mitarbeiter als Mittel zum Zweck und als Kostenverursacher gesehen. Jeder Unternehmer tut gut daran, diese Auffassung abzulegen. Schließlich sind die Mitarbeiter das höchste Gut einer Unternehmung. Kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern kollegial, vorurteilsfrei, aufrichtig, aber auch zielführend und unterstützen Sie sie in ihrer Entwicklung durch Wertschätzung und Weiterbildung. Und ermöglichen Sie ihnen Aufstiegschancen. Eine Investition, die sich mehr als auszahlt.
Werden Investitionsvorhaben personell gestemmt?
Bei großen Betrieben ist die Führungsriege meist so gestaltet, dass ein Ausfall absehbar kompensiert wird, da die Verantwortung auf vielen Schultern lastet. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist das oftmals etwas schwieriger. Wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise ein Investitionsvorhaben 200 bis 300 Stunden in Anspruch nimmt, so klingt das vielleicht nicht viel. Bei einer Betriebsgröße von 70 Mann sind das ca. 0,21 % der Gesamtstundenleistung. Auf das operative Geschäft hat das somit relativ wenig Auswirkung. Bei einem Betrieb mit acht Mitarbeitern sind das aber schon 1,87 %. Berücksichtigt man dabei noch, dass der Verantwortliche allein für den Vertrieb geradesteht, so verdoppelt sich das Verhältnis zu den Gesamtstunden, da er in dieser Zeit gebundene Kapazitäten hat. Das sind dann also schon 3,74 %. Wenn das Vorhaben abgeschlossen ist, fehlen meist die notwendigen Produktionsvolumen – dann wird es richtig teuer. Das sehen die wenigsten, ist aber meist so. Daher sollte man auch hier Vorsorge treffen und entsprechend handeln, damit sich die Fehlzeiten nicht negativ auf das operative Geschäft auswirken.
Im besten Fall beauftragt man einen Projektverantwortlichen mit Zieldefinition und Kostensicherheit. Somit hat der Unternehmer den Rücken frei, um seinen Betrieb erfolgreich und zielorientiert zu leiten. —
Der Autor
Schreinermeister Jörg Stahlmann arbeitete im Betrieb der Familie und als Projektmanager für Holz-, Holz-Alu- und Kunststoff-Fenstersysteme sowie Fassadenprojekte. Seit 2009 leitet er die Stahlmann-Consulting GmbH und betreut nationale und internationale Kunden.