Die EU-Finanzminister hatten am Dienstag den Weg für niedrigere Mehrwertsteuern beispielsweise bei der Renovierung von Privathäusern frei gemacht. "Jetzt sollte die Bundesregierung die neuen Möglichkeiten zur Senkung der Mehrwertsteuer nutzen. Denn damit können Arbeitsplätze im Handwerk geschaffen, die Steuereinnahmen verbessert und die CO2-Emissionen gesenkt werden. Auch kann die Schwarzarbeit bei Renovierungen so wirksam eingedämmt werden," erklärte Bernhard Helbing, Präsident des Verbandes der Fenster- und Fassadenhersteller (VFF).
Nach einer Studie des Umweltökonomen Prof. Dr. Bernd Meyer wird eine halbierte Mehrwertsteuer allein rund 25.000 neue Arbeitsplätze bei Fensterbetrieben schaffen. Das Bruttoinlandsprodukt würde sich um 2,4 Mrd. Euro erhöhen, die CO2-Emissionen aber um knapp 5 Mio. Tonnen verringern. Im Endergebnis würde der Staat insgesamt rund 454 Mio. Euro zusätzlich einnehmen. Aktuell gibt es in Deutschland immer noch rund 340 Millionen veraltete Fenster, darunter sogar etwa 30 Millionen Fenster mit Einfachverglasung. Allein diese Energieschleudern auszutauschen, würde rechnerisch rund 1,5 Mrd. Liter Heizöl pro Jahr einsparen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte zwar dem Kompromiss der EU-Finanzminister am Dienstag zugestimmt, aber für Deutschland eine ermäßigte Mehrwertsteuer für Handwerk und Baugewerbe kategorisch abgelehnt. Steinbrück befürchtet vor allem zusätzliche Steuerausfälle. (lesen Sie dazu auch unsere Meldung "Wirtschaftsminister Guttenberg für Senkung der Handwerker-Mehrwertsteuer" vom 12.03.09).
Helbing hält in dieser Frage dagegen: "In unserer Studie zum halbierten Mehrwertsteuersatz konnten wir dagegen belegen, dass der Staat knapp eine halbe Milliarde Euro über einen Zeitraum von 10 Jahren zusätzlich einnimmt. Auch für den Staat rechnet sich eine ermäßigte Mehrwertsteuer, weil zusätzliche Investitionen im Bausektor ausgelöst werden. Die Bundesregierung sollte die Initiative der EU aufgreifen und die energetische Renovierung von Privathäusern über eine ermäßigte Mehrwertsteuer fördern.".
Deutschland wird vor einer neuen Legislaturperiode nur noch verwaltet
Eine Entscheidung um die Mehrwertsteuer scheint aber schon jetzt auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben zu sein. Im Deutschlandradio heißt es heute morgen: "Die Union will eine Reform der Mehrwertsteuer zugunsten des Handwerks und der Dienstleistungsbranche erst nach der Bundestagswahl angehen. Es sei nicht möglich, in der großen Koalition zu einem vernünftigen Ergebnis in dieser Frage zu kommen, sagte CSU-Generalsekretär Dobrindt der "Financial Times Deutschland". Damit geht die CSU auf die Schwesterpartei CDU zu, die eine Reform vor der Wahl ablehnt. - Der Streit um eine mögliche Senkung der Mehrwertsteuer für so genannte arbeitsintensive Branchen war entstanden, nachdem die EU-Finanzminister sich darauf geeinigt hatten, den Mitgliedsländern einen solchen Schritt häufiger zu erlauben als bisher.
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