„Einigermaßen abgesichert“ sei nach Auffassung von Dr. Eckhard Keill derzeit nur die Aussage, dass die Talsohle der globalen Krise. Der Vorstandsvorsitzende des Bauzulieferers warnte zugleich, dass ein Ausgleich der gesamten „Krisenverluste“ noch lange nicht in Sicht sei und dies auch noch bis 2012/2013 dauern werde. Die noch relativ stabilen Maßnahmen und Investitionen im Gebäudebestand könnten die „extremen Neubau-Einbrüche“ keinesfalls kompensieren. Das bestätigten die jüngsten Berechnungen und Schätzungen der Euroconstruct-Gruppe für 19 europäische Länder. Danach droht bei dem gesamten europäischen Bauvolumen 2009 ein „historisches Minus“ von 7,5 %. Dabei seien der Wohnungsbau (- 11 %) und der Nichtwohn-Hochbau (- 8 %) besonders betroffen. Danach kommt der Neubau etwa in Spanien (- 79 %), Irland (- 77 %) und Portugal (- 62 %) fast zum Erliegen. In der gleichen Periode mache die Studie mit Österreich (+ 1 %), Schweiz (+ 4 %), Polen (+ 9 %) und Deutschland (+ 26 %) dagegen nur vier Wachstumsländer aus. Das kräftige deutsche Plus sei allerdings ausschließlich dem absoluten Tiefststand im Jahre 2008 zu verdanken. Unter dem Strich werde sich die europäische Bauwirtschaft wohl frühestens 2011 leicht erholen.
Keill äußerte sich gegenüber der Fachpresse auch zur Arbeit der neuen Bundesregierung: Die angekündigten bzw. bereits beschlossenen Steuersenkungen seien trotz der unstrittigen Haushaltsprobleme „im Grundsatz richtig und wichtig“, da sie Konsum und damit Wachstum stärkten. Neue Wohnungsbau-Subventionen lehnte der Roto-Chef ab, befürwortete aber „sinnvolle Anschubfinanzierungen“ etwa zur Ressourcenschonung.
Die deutsche Baubranche könne sich 2009 und voraussichtlich auch 2010 noch relativ gut behaupten. Dabei erwiesen sich der generelle Modernisierungstrend, die staatliche Förderung energetischer Sanierungen sowie die Konjunkturprogramme im Infrastruktursektor als wichtige Stützen der Nachfrage. Offen bleibe indes, was ab 2011 geschehe.
Mittel- und langfristig glaubt Keill daran, dass Fenster weltweit zu den „klaren Gewinnern“ der notwendigen Klimaschutz- und Energiesparinvestitionen gehören. In Deutschland sei das bereits jetzt offenkundig. Speziell die Fenster- und Türenproduzenten stellten praktisch eine „krisenfreie Zone“ dar. Mit einem jüngst gemeldeten „Boom“ habe das jedoch nichts zu tun.
Finanzvorstand Michael Stangier informierte die im Österreichischen Roto Werk Kalsdorf anwesenden Journalisten über die Entwicklung der Roto-Gruppe. In der Division Fenster- und Türtechnologie ist danach 2009 eine Umsatzeinbuße zwischen 15 und 20 % zu erwarten. Während etwa das China-Geschäft mit einem hohen einstelligen Plus abschneide, werde die ausgeprägte Osteuropa-Schwäche zu einem starken zweistelligen Minus führen. Für die gesamte Roto-Gruppe prognostizierte Stangier ein nominales Umsatzminus zwischen 10 und 13 % gegenüber 2008 (621 Mio. Euro). Als Folge des erfreulich robusten Geschäftes im Heimatmarkt lege der Inlandsanteil, der 2008 ca. 30 % betrug, 2009 zu. Zur Mitarbeiterzahl hieß es, dass sie mit rund 3.750 im Jahresdurchschnitt voraussichtlich auf Vorjahresniveau bleibe. Das beruhe jedoch im Wesentlichen auf dem Sondereffekt der erstmaligen Konsolidierung der Ende 2008 übernommenen Gluske-BKV GmbH sowie Einstellungen in neu gegründeten ausländischen Tochtergesellschaften. Bereinigt um diese Faktoren, würde die Zahl der Beschäftigten um 5 bis 8 % sinken.
Dem durch die Weltwirtschaftskrise verursachten Umsatzverlust begegnet das Unternehmen nach Aussage des Finanzvorstandes mit einem „ebenso konsequenten wie unvermeidbaren Kostensenkungsprogramm“. Die Ertragssituation müsse insgesamt als „völlig unbefriedigend“ charakterisiert werden. Dennoch gelinge es der Roto-Gruppe auch im Krisenjahr 2009, im operativen Bereich „klar schwarze Zahlen zu schreiben“. Aber man gehe man in beiden Divisionen von Marktanteilsgewinnen aus.
Beim Ausblick auf 2010 lasse sich der Bauzulieferer von einer „zurückhaltenden Planung“ leiten. Deshalb gehe man momentan von keiner (spürbaren) Erholung bzw. Belebung der relevanten Märkte aus. „In Summe rechnen wir in beiden Divisionen und damit auch in der gesamten Gruppe 2010 mit einer Umsatzstagnation“, sagte Stangier. Im günstigsten Fall sei ein leichtes Wachstum im unteren einstelligen Bereich möglich, das jedoch frühestens zum Jahresende eintreten dürfte.
In seinem Resümee zeigte sich Keill trotz des schwierigen Umfelds optimistisch: „Die Krise tut uns zwar weh, aber sie wirft uns weder aus der Bahn noch bringt sie uns vom Kurs ab“, bekräftigte der Vorstandsvorsitzende in Kalsdorf.
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