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Wird Sicherheitsglas bei ISO bald zur Pflicht?

Glaswelt – Glauben Sie, dass künftig die Verwendung (d. h. der Einbau) von Sicherheitsglas bei Isoliergläsern zur Pflicht wird?

Mirco Röttger, Geschäftsführer von CSP-Partner Thermoglas Niederrhein 

 Ja, wir glauben, dass es in spätestens zehn Jahren im Bauglas-Segment kein normales Floatglas mehr geben wird. Dafür sorgen nicht nur die Bestrebungen der EU, rechtlich mehr Sicherheit am Bau zu platzieren, sondern auch die in Brüssel ansässige Lobby von Glas-, Kunststoff- und Folien-Herstellern, die sich für Verbundgläser stark machen.

Des Weiteren verlangen Klima-Extreme sowie steigende baustatische Anforderungen zunehmend Sicherheitsgläser mit erhöhter Widerstandskraft und Tragleistung.

Darüber hinaus fördert die steigende Bevölkerungsdichte den Umstand „Mehr Menschen auf einem öffentlichen Fleck“. Das bedeutet für Bauelemente bzw. für die eingebauten Gläser: Sie müssen im Ernstfall (Panik, Anpralllasten, Absturzsicherung, Absperrungen, Einbruchsicherheit, etc.) erhöhte Lastenabtragung und Widerstandsfähigkeit gewährleisten

Wolfgang Böttcher, Leiter Anwendungstechnik Glassolutions – Es gibt bereits heute umfangreiche Regelungen, die Sicherheitsglas (VSG oder ESG/ESG-H) fordern.

Das gilt allgemein für 1. Überkopfverglasungen (untere Scheibe splitterbindend = VSG) und 2. absturzsichernde Verglasungen (VSG/VSG oder VSG/ESG-Kombinationen im Isolierglasaufbau) sowie 3. Brüstungsverglasungen (ESG – H).

Des Weiteren wird durch viele anwendungsbezogene Anforderungen im öffentlichen Bereich von Gebäuden Sicherheitsglas aus Verletzungsschutzgründen gefordert. Dem Anwender bleibt es vorbehalten, sich für ESG oder VSG zu entscheiden. Beispielhaft können Schulen, Sportstätten und Fluchttüren genannt werden. Im Gegensatz dazu sind im Privatbereich keine weiteren Anforderungen gestellt.

In einigen europäischen Ländern sind aber Forderungen nach Sicherheitsglas speziell bei bodennahen Verglasungen bekannt. Es ist nicht auszuschließen, dass es in Deutschland zu entsprechenden Regelungen kommen könnte. Bisher sind aber noch keine Bestrebungen bekannt, sodass wir in absehbarer Zeit keine Änderungen erwarten.

Karsten Braun, Niederlassungsleiter Glassolutions DG Tuttlingen 

 Eine grundsätzliche Verpflichtung für Sicherheitsglas im Isolierglasbereich kann ich mir nicht vorstellen. Die Anforderungen an Sicherheitsgläser ergeben sich aus der Einbausituation, der Funktion und ggf. den Sicherheitsregeln für öffentliche Bereiche. Im Privatbereich werden Sicherheitsgläser erst dann weiter verbreitet sein, wenn die Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht eindeutiger wird.

Glaswelt – Wo setzen Sie heute verstärkt Sicherheitsglas bei Isolierverglasungen ein? In welchen Fällen wird es verwendet, auch wenn es noch nicht von Normen gefordert wird?

Mirco Röttger – Das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nimmt zu (Angst vor Einbrüchen). Und dies ist auf den Büro- und Wirtschaftsbereich übertragbar und führt zu erhöhtem Sicherheitsbedarf. Zum Schutz vor Industriespionage werden zunehmend konstruktive Maßnahmen nachgefragt. Hier bieten sich für Sicherheitsgläser gute Potenziale.

Auch wenn es heute noch nicht gefordert wird, ist ESG als mittlere Scheibe bei 3-fach-ISO sinnvoll. Deshalb sprechen wird diese Empfehlung aus, da schon durch Klimalast und Energieabsorption ständig dynamische Wechsel im System des Bauteils vorliegen, was sich auf seine Lebensdauer teils negativ auswirkt. Sicherheitsglas verbessert die Eigenschaften einer ISO-Einheit und wirkt sich positiv durch erhöhte Standzeiten aus.

Wolfgang Böttcher  – Mit der DIN 18008 werden für Isolierglas keine zusätzlichen Forderungen an Sicherheitsglas gegenüber der TRLV bzw. den TRAV gestellt. Letztlich ändert sich nur das Bemessungsverfahren.

Innerhalb der gesetzlichen Vorgaben konzentrieren sich die Anwendungen bei Fenstern auf die absturzsichernden Verglasungen. Da Fassaden mehr Anwendungen im öffentlichen Bereich haben, sind auch zusätzlich die Forderungen nach dem Verletzungsschutz aus baurechtlichen Gründen vorhanden. Wir stellen aber auch fest, dass man im Privatbereich selbst außerhalb gesetzlicher Forderungen bereit ist, in Sicherheitsglas mehr zu investieren.

Karsten Braun – Verstärkt verkaufen wir momentan Sicherheitsglas für den Einsatz in Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden. In Bezug auf Einbruchschutz ist die Tendenz zu Sicherheitsglas steigend.

Der Wunsch, seine Privatsphäre vor Einbruch zu schützen, wächst beim Verbraucher zusehends. Es ist festzustellen, dass immer mehr Menschen bereit sind, hierfür mehr Geld auszugeben, etwa für Sicherheitsglas bei Haus- und Innentüren.

Glaswelt – Für welche Anwendungsbereiche fertigen Sie heute entweder ESG, VSG oder TVG?

Mirco Röttger – Das hängt vom Einsatzzweck ab: Als Minimalanforderung sollte man Verbundgläser mit mindestens doppelter Folie ansetzen. Das gewährt kurzfristigen Widerstand bei einer zerstörter Scheibe. Updates sind dann statt Floatglas die Verwendung von ESG oder TVG. Das erhöht auf der Angriffsseite die Standzeit. Ideal ist natürlich die Kombinationen aus beiden.

Wolfgang Böttcher – Bei absturzsichernden Verglasungen stehen für uns auch bei Isoliergläsern Lösungen mit VSG-Kombinationen im Vordergrund. Wir haben dazu für die Produktlinien Climaplus und Climatop eine Reihe von konstruktiv und bauphysikalisch optimierte Glasaufbauten. Diese sind durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (AbP) abgesichert.

Sicherheitsgläser aus ESG (ESG-H) oder TVG kommen im VSG-Verbund vorwiegend dann zum Einsatz, wenn spezielle Anforderungen durch eine thermische Stresssituation bestehen.

Karsten Braun – In Schulen, Kindergärten und öffentlichen Gebäuden setzen wir am häufigsten Scheiben aus VSG ein (Verletzungsschutz durch ihre Splitterbindung). Beim Einbruchschutz gibt es mehrere Möglichkeiten: Wenn man mit Alarmanlagen arbeiten möchte, empfehlen wir ESG mit Alarmspinne. Und bei Fenster- und Fassadengläsern kann durch verschiedene VSG-Typen mit Sonderfolien ein sehr guter Einbruchschutz gewährleistet werden. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.

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