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Im Interview mit Patrick Seitz, aluplast

Herr Seitz, wie gestalten Sie Innovationen?

GLASWELT – Wenn man zu Ihnen kommt, sieht man viele Profilpaletten auf dem Gelände. Haben Sie viel auf Lager produziert? Wie laufen die Geschäfte aktuell?

Patrick Seitz – Seit April/Mai läuft es überdurchschnittlich gut. Erfreulicherweise haben wir auch einige Neukunden gewinnen können, beispielsweise in Frankreich und in Belgien. Daher dreht sich bei uns aktuell sehr viel, was man auch unserem Lager ansieht.

GLASWELT – Kommen wir direkt zur Innovations-Roadmap: Die von Ihnen gebildete Expertenrunde glaubte vor vier Jahren, dass in absehbarer Zeit neue Glastechnologien auf dem Markt erscheinen werden. Es werde besseres Isolierglas – vielleicht auch schon das Vakuumisolierglas (VIG) – verfügbar sein, hieß es damals. Hier hat man doch etwas danebengelegen, oder?

Seitz – Ja, das ist so. Schon damals wurde in dem Forschungsprojekt gezeigt, dass das VIG machbar ist. Es fehlte halt nur noch der Investor. Also derjenige, der als nächster seine Flachglashütte umstellen muss, um neue Produkte fertigen zu können. Getraut hat sich aber bislang keiner.

GLASWELT – Sind Sie dann auch etwas enttäuscht von der Glasindustrie?

Seitz – Nun ja, es ist ja in vielen Bereichen so, dass nicht alles gleich zum Erfolg wird, was technisch machbar und sinnvoll wäre. Wir machen uns aber weiter Gedanken um Innovationen rund um das Fenster und sind beispielsweise auch mit der Automotive-Branche im Gespräch. Was man dort sehen kann: Keine Dachverglasung ist mehr aus Glas, sondern aus Kunststoff. Somit tun sich hier auch zukünftig wieder neue Themen auf.

GLASWELT – In der Vergangenheit sind Sie gestartet mit einer produktorientierten Innovationskultur. Haben Sie diese Ausrichtung jetzt modifiziert?

Seitz – Jetzt sind wir sicher etwas klüger. Wir haben festgestellt, dass prozessuale Entwicklungen fast noch wichtiger als Produkt-Weiterentwicklungen sind. Auch das Marketing wurde in der Vergangenheit noch unterschätzt. Wichtig ist vor allem, dass das Innovationsmanagement von allen getragen wird – jeder hat daran teil und nimmt daran teil. Wir bei aluplast sind hier gefordert, das Abteilungsdenken noch weiter aufzulösen und das prozessorientierte Denken zu fördern.

GLASWELT – Wer ist bei der Entwicklung und Aktualisierung der Roadmap beteiligt?

Seitz – Das sind Personen aus unserem Haus –Technik, Vertrieb, Marketing, Produktmanagement und Außendienst – und auch externe Partner, die an den Marktprozessen beteiligt sind. Reichlich Diskussionen gibt es dann, wenn man nach dem Brainstorming die Ideen konkretisiert und in Projekte transformiert. Dazu ist jetzt noch eine hohe Komplexität durch die unterschiedlichen Märkte hinzugekommen: 2011 haben wir nur unsere Bestandsmärkte betrachtet – jetzt schauen wir auch auf die „new markets“. Wir haben das also noch stärker Internationalisiert.

GLASWELT – Welche externen Partner sind bei dem Innovationsfindungs-Prozess mit im Boot?

Seitz – Das sind Vertreter der Beschlagindustrie, der Chemie, dem Maschinenbau. Und wir haben Querdenker dabei – z. B. einen aus dem Bereich der Architektur und einen Experten aus dem Bereich der transparenten Kunststoffe.

GLASWELT – Gehen wir doch noch einmal einige Prophezeiungen von 2011 durch: Damals wurde für 2015 vorhergesagt, dass ein einfacher und schnellerer Fenstereinbau möglich wird. Haben sie damals richtig gelegen?

Seitz – In dem Bereich hat sich tatsächlich einiges weiterentwickelt durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Wir haben auch versucht, über die Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme Montageerleichterungen und Prozessoptimierungen zu erreichen. Da sind wir aber leider nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Eine effiziente Montage ist bei aluplast immer schon ein wichtiger Aspekt bei Neuentwicklungen.

GLASWELT – Schon damals sah man für 2016 neuartige Verfahren in der Lüftungstechnologie voraus. Die integrierte Lüftung wird Marktstandard, hieß es damals. Diese ist zwar kein Standard geworden, aber die Lüftungsoptionen haben sich tatsächlich vervielfacht …

Seitz – Hier gibt es tatsächlich unterschiedliche Lösungen zu ganz unterschiedlichen Kosten. Mit dem Thema Lüftung muss sich jeder beschäftigen, der die Zukunft im Visier hat. Da haben wir schon die richten Zeichen gesetzt, denke ich.

GLASWELT – Sie glauben also nicht, dass die Lüftung an die TGA-Branche abgegeben wird?

Seitz – Wenn unsere Branche nicht aufpasst und das Thema beim Verkauf weiter so vernachlässigt wird, nutzt die Lüftungsbranche diese Schwäche bei uns sicher aus. Die Lobbyarbeit dieser Unternehmen ist gigantisch und entsprechend groß ist auch die von Ihnen angesprochene Gefahr.

GLASWELT – Sie waren vor vier Jahren der Meinung, dass das Markenbewusstsein für Fenster im Jahr 2017 in Deutschland signifikant steigt. Halten Sie an dieser Vorhersage fest?

Seitz – Wir halten daran fest, haben diese Vorhersage aber zeitlich weiter nach hinten geschoben. Aber es gibt heute schon ein paar in ihrem Markt agierende Top-Player, die auf ihre Marke setzen und damit spielen.

GLASWELT – Wo sehen Sie das größte Entwicklungspotenzial: Beim Glas, beim Profil oder beim Beschlag? Wie sehen Sie die nächsten Entwicklungsschritte in der Fensterbranche?

Seitz – Die Schiebetüren haben wirklich einen enormen Schub bekommen. Und man kann auch die Frage nach der Dreh-Kipp-Zukunft stellen. Also im Beschlagsbereich wird es noch viele interessante Überraschungen geben. Auch beim Glas sind einige Entwicklungen denkbar, aber die Frage ist, ob der Markt diese Optionen auch wirklich annimmt. Im Rahmen stecken vielleicht eher Innovationen für den Verarbeiter und weniger sichtbare Weiterentwicklungen für den Endkunden.

GLASWELT – Welche optischen Highlights werden in der Zukunft gesetzt?

Seitz – Ich persönlich halte viel von der Aluskin-Lösung. Die hat zwar den Nachteil, dass sie noch etwas teurer ist als eine vergleichbare Kaschierlösung, aber wir arbeiten an Optimierungen wie werksseitig eingezogenen Aluminiumvorsatzschalen-Dichtungen und Beschichtungen direkt von aluplast. Wir haben auch einen Verarbeiter in Italien, der seine Fenster erfolgreich lackiert. Ich denke, dass die Folienanbieter mehr Konkurrenz bekommen werden.

GLASWELT – Und der Rahmen wird in Zukunft noch schmaler werden?

Seitz – Da glaube ich, dass wir mit energeto 5000 view bezüglich schmaler Rahmen bereits das Optimum erreicht haben. Außer wenn die Beschlagsbranche noch auf die Idee kommt, ihre Funktionsbeschläge direkt in die Isolierglaseinheit zu integrieren (lacht).

GLASWELT – Wie sehen Sie das Thema Einbruchhemmung? Sind wir da auf einem guten Status Quo?

Seitz – Wir favorisieren die Klebetechnik, die bereits einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt mit sich bringt. Bei uns steckt eine RC2-Prüfung schon im geklebten Profil. Wir haben dafür gesorgt, dass unsere Produkte im Herstellerverzeichnis einbruchhemmender Fenster der Kriminalpolizei auftauchen und sagen auch unseren Kunden immer wieder, dass man sich in die Errichterlisten der Polizei eintragen lassen sollte. Wir unterstützen unsere Kunden in diesem Punkt im Marketing mit entsprechendem Prospektmaterial – leider wird das noch zu zögerlich nachgefragt. Übrigens ziehe ich meinen Hut vor der Einbruchschutz-Kampagne von Roto. Die haben das Thema richtig angepackt und unserer Branche in diesem Punkt einen großen Gefallen getan.

GLASWELT – Welche Gedanken kommen Ihnen beim Stichwort Industrie 4.0. in Zusammenhang mit den Fensterherstellern?

Seitz – Da ist die Situation in den Fertigungsbetrieben extrem unterschiedlich: Viele fertigen nach wie vor so, wie man es immer schon gemacht hat. Und es gibt ein paar wenige, die sich mit der intelligenten Fertigung schon sehr intensiv auseinandergesetzt haben. Selbst wir sind noch nicht in der Liga „Industrie 4.0“ und müssen an unseren Prozessen weiter arbeiten. Mit der Roadmap sind wir hier aber auf dem Weg dazu.

GLASWELT – Das bedeutet auch, dass Sie hier noch ein riesiges Potenzial sehen?

Seitz – Die Luft nach oben im Produktionsprozess ist enorm. Wir haben ja unseren Roboter zur automatisierten Verklebung und Verglasung vorgestellt und gezeigt, dass es möglich ist. Söba beispielsweise ist diesen Schritt gegangen. Die haben den Roboter installiert und auch den Vertrieb entsprechend neu aufgestellt. Klar ist auch, dass viele unserer Kunden nicht von jetzt auf gleich investieren wollen oder können. Die meisten tun dies erst, wenn die alte Anlage ersetzt werden muss.

GLASWELT – Wie werden in Zukunft Fenster verkauft? Über Online-Portale, wo der Endkunde womöglich noch per App selbst ausmisst? Oder per Flagship-Store mit Full-Service-Betreuung.

Seitz – Das wird beides kommen. Der Anteil in Deutschland am Online-Verkauf ist noch gering und der Bereich wird weiter wachsen. Auf der anderen Seite sehe ich auch die Potenziale der großen Verkaufs-Ausstellungen. Einige unserer Kunden sind da schon auf einem guten Weg. Auch hier unterstützen wir unsere Kunden gerne in der Gestaltung der Schauräume. Unsere Demonstrations-Elemente stellen wir gerne zur Verfügung.

GLASWELT – Besteht die Möglichkeit, dass nach Veka/Gealan eine weitere Übernahme im Bereich der Systemanbieter stattfinden kann?

Seitz – Für Deutschland ist das schwer vorherzusagen. Aber ich denke im europäischen Ausland wird sicher noch etwas passieren. In der Türkei beispielsweise gibt es 80 Extrudeure. Dass dort in 10 Jahren diese Zahl deutlich geschrumpft sein wird, kann man sich an einer Hand abzählen. Aber eine Übernahme in der Größenordnung des „Vekalan“-Deals kann ich mir für Zentraleuropa momentan nicht vorstellen.

GLASWELT – Und können Sie sich auch für aluplast eine Übernahme eines europäischen Marktbegleiters vorstellen?

Seitz – Ausschließen möchte ich das nicht. Wir haben im April beispielsweise die Kunden des belgischen Anbieters Profialis übernommen, weil wir auch eine klare Westeuropa-Strategie haben. Wir haben ja den Standort Karlsruhe von Anfang an so ausgelegt, dass wir die Kapazität auch in Zukunft noch massiv erhöhen können. Generell ist es bei uns so: Wir haben klare Auswahlkriterien für mögliche Übernahmen. Es gibt einen Bewertungsschlüssel, nach dem wir Übernahmekandidaten analysieren. So erkennen wir sehr gut, ob jemand zu uns passt.

Glaswelt – Herr Seitz, vielen Dank für das Gespräch. —

Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.

Fenstertrends bis 2023

Diese Trends werden in den nächsten acht Jahren aus der Sicht des Profilanbieters aluplast an Bedeutung gewinnen.

  • <b>Montage</b>: Handelsunternehmen übernehmen verstärkt Montage; einfachere und sicherere Montagelösungen werden gefragt sein.
  • <b>Design</b>: Zartes, schlichtes Design wird Marktstandard. Das Au&szlig;endesign ist wichtiger geworden, vor allem für Architekten. Ansprüche an Oberflächengestaltung (bzgl. Haptik) steigen.
  • <b>Fertigung</b>: Rationalisierung und Automatisierung in der Fertigung; Verklebung erreicht nennenswerten Anteil. Barrierefreie Nullschwellen werden stark nachgefragt.
  • <b>Markt</b>: Ökozertifizierungen werden wichtiger; neue Glasaufbauten kommen auf den Markt; Online-Verkauf von Fenstern erreicht 10&nbsp;% Marktanteil (Umsatz); eine Vielzahl kleinerer Fensterhersteller wird vom Markt verschwinden &ndash; Konzentration auf wenige;Gerontotechnologie wird verstärkt nachgefragt (Generation 50+, erleichterte Fensterbedienung, keine Schwellen);aus Passivhaus wird Aktivhaus.

aluplast: 3 Bausteine zum Markterfolg

Um den langfristigen Erfolg zu sichern, wird es zukünftig entscheidend sein, die „richtigen“ Kunden zu gewinnen, zu halten und Beziehungen auszubauen. Damit eng verbunden ist die strategische Ausrichtung des Vertriebs eines Fensteranbieters. Angefangen von der Konzeption über die Steuerung bis hin zur Qualifikation seiner Mitarbeiter. Auch aluplast beschäftigt sich intensiv mit der strategischen Bearbeitung der Märkte. Als Systempartner unterstützt das Unternehmen seine Kunden in der vertrieblichen Ausrichtung ihres Unternehmens. Gemeinsam mit der Unternehmensberatung Liebich & Partner, die in Sachen Vertriebssteuerung auch die Würth-Gruppe berät, hat man ein Vertriebskonzept erarbeitet, das die effektive Bearbeitung ihrer Absatzmärkte beinhaltet. Dazu gab es Mitte Oktober eine Impulsveranstaltung in der Würth-Zentrale. Dort erfuhren aluplast-Kunden mehr über die Bausteine einer erfolgreichen Vertriebsstrategie und erhielten gleichzeitig einen Einblick in die Strukturen des Bauzulieferers aus Künzelsau. Wilfried Bantle und Hendrik Sauer von Liebich & Partner gingen die drei Bausteine durch, die für eine Neuausrichtung des Vertriebs betrachtet werden müssen: Vertriebskonzept, Vertriebssteuerung und verkäuferische Persönlichkeit. Die beiden Vertriebsprofis stellten ein Analyse-Instrument vor, das es erlaubt, die „richtigen“ Kunden und Neukunden durch eine Bewertungsmatrix klar zu identifizieren, mit dem Ziel, die Ressourcen im Vertrieb effektiv danach auszurichten und damit zu steuern. „Dieses Instrument ist unglaublich hilfreich für die Vertriebstätigkeit unserer Partner, weil es ihnen hilft, sich auf die richtigen Kunden zu fokussieren“, sagte aluplast Vertriebsleiter Jürgen Huber. Das EDV-Tool wurde in Zusammenarbeit mit aluplast für die Bedürfnisse und Eigenheiten der Fensterbranche weiterentwickelt. Es kann von den aluplast-Kunden im Vertrieb eingesetzt werden, und zwar mit individuellen Bewertungskriterien je nach Kundenklientel und Absatzkanal.

www.aluplast.de

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