Ist das Smart Home zum Scheitern verurteilt, weil es keinen einheitlichen Standard gibt? Günther Ohland von der SmartHome-Initiative Deutschland sieht das anders. Im Smart Home gibt es keinen allumfassenden Standard, der Kompatibilität und Interoperabilität quer über alle Produktgruppen und Hersteller ermöglicht. Viele sehen das aber als das wesentliche Hemmnis für den Durchbruch von Smart Home zum Massenmarkt. Ist das denn wirklich so? Was wünscht das Handwerk und was erwarten die Endkunden von Herstellern und Handel? Was verhindert ein fehlender, einheitlicher Smart-Home-Standard tatsächlich?
Fünf Stolpersteine werden immer wieder genannt, die angeblich den Durchbruch des smarten Zuhause zum Massenmarkt verhindern: Zu teuer, zu schnell technisch überholt, zu kompliziert für den Anwender, der fehlende Datenschutz und zu viele Standards bzw. das Fehlen eines allumfassenden Smart-Home-Standards.
Das Argument „zu teuer“ kann man nicht ernsthaft gelten lassen, denn richtig geplant, ist eine smarte Installation grundsätzlich nur unwesentlich oder gar nicht teurer als eine weniger smarte Umgebung. Mehr Funktionen kosten allerdings auch mehr Geld. Ein Dimmer ist beispielsweise teurer als ein Schalter. Ein Rollladenmotor ist teurer als ein manueller Gurtwickler. Beim Preisvergleich werden aber leider sehr häufig Äpfel mit Birnen verglichen.
Beim Argument „technisch zu schnell überholt“ wird gern das Smartphone als Beispiel angeführt. Doch diese Vergleiche ziehen nicht, denn Smartphones sind der Mode unterworfen. Das Geschäftsmodell der großen Hersteller ist es, durch neue Funktionen dafür zu sorgen, dass sich Nutzer vorzeitig von ihrem einwandfrei arbeitenden, aber altmodischen Smartphone trennen.
Aber was soll ein Rollo- oder Dimm-Aktor an neuen Features bieten? Neue Funktionen, beispielsweise die Integration von Alexa oder Push-Message-Diensten, lassen sich per Software auf die Zentrale laden. Sensoren und Aktoren bleiben dabei unangetastet. Smart Home ist Haustechnik und dafür ausgelegt, so lange zu funktionieren, wie das Haus steht. Ein Ersatzteil muss auch im Jahr 2025 eine Smart-Home-Installation von 2014 reparieren können.
Das Argument „alles wird komplizierter und ich kann mein Haus nicht mehr bedienen“ zeigt, dass hier die Idee des Smart Home nicht verstanden wurde. Smart-Home-Assistenten erleichtern das Leben, sie befreien von Routineaufgaben. Die Bedienerinteraktion soll die Ausnahme sein.
Es ist also nicht smart, das Licht mit dem Smartphone einzuschalten – ganz im Gegenteil. Das wäre viel umständlicher als per Schalter an der Wand oder per Bewegungssensor. Smart-Home-Installationen, die das Leben verkomplizieren, sind schlicht und einfach falsch geplant und errichtet.
Kommen wir zum Datenschutz: Das ist allerdings ein Thema, bei dem noch viel im Argen liegt. Wenn sich ein Endkunde für eine reine Cloud-Lösung entscheidet, also ohne Smart-Home-Zentrale in der Wohnung, dann gibt er die Hoheit über die Daten ab, die in seinem täglichen Leben anfallen. Sensoren melden in die Cloud die An- bzw. Abwesenheit, die Wunschtemperatur, über den CO2-Gehalt der Luft die Anzahl der Personen in der Wohnung, wann man morgens aufsteht und abends heimkommt, wann man schlafen geht, welche Musik man hört und noch manches mehr.
Wer sich für solch eine – allerdings meist preiswerte – Lösung entscheidet, muss wissen was er tut und er darf sich dann nicht beschweren, dass er nicht genau weiß, was mit seinen Daten passiert. Smart-Home-Systeme mit lokaler Zentrale geben persönliche Daten nicht weiter und funktionieren auch dann, wenn das Internet ausfällt. Die Angst davor, ein gläserner Bewohner zu werden, ist mehr ein Problem der Konsumentenaufklärung, denn es gibt Alternativen zu den „alles verratenden“ Smart Homes.
Der Satz: „Ich warte mit Smart Home, bis es einen einheitlichen Standard gibt“, hieße, auf den Sankt Nimmerleinstag zu warten. Und den wird es wie bei anderen Entwicklungen nicht geben. Wo ist also das Problem? Schließlich fahren wir Auto, ohne dass es dafür einen einheitlichen Standard-Kraftstoff gibt. Dieselmotoren sind nicht kompatibel mit Benzinern. Es gibt nicht einmal ein einheitliches Bedienkonzept für Autos. Jeder Hersteller ordnet seine Schalter so an, wie er möchte. Was bei der Erstbenutzung eines Autos regelmäßig zu Problemen führen kann. Und trotzdem fahren wir. Warum sollte es den einen Smart-Home-Superstandard eigentlich geben? Wer hätte tatsächlichen Nutzen davon? Es wird gesagt, der Endkunde könne sich dann irgendeinen Sensor oder Aktor kaufen und müsste nicht mehr darauf achten, ob es EnOcean, ZigBee, Z-Wave oder HomeMatik ist. Jede Komponente passe.
Wir sind heute in der komfortablen Situation, dass es für die großen Industriestandards wie ZigBee, Z-Wave, EnOcean und KNX alle nur denkbaren Funktionen und Produkte gibt. Man ist als Z-Wave-Kunde nicht eingeschränkt, weil es einen ganz bestimmten wichtigen Sensor nur für HomeMatik gibt. Fast jeder Standard bietet heute die ganze Produktvielfalt. Und darüber hinaus gibt es Smart-Home-Zentraleinheiten, die unterschiedliche Industriestandards verstehen: ZigBee, EnOcean oder Z-Wave sowie KNX.