Glaswelt – Wir bringen dem Sonnenschutz das Denken bei, waren Ihre Worte bei der Verkündung der Allianz mit Loxone. Was hat sich seitdem getan?
Dr. Marc Natusch – Das Thema Smart Home hat sich seitdem als stark wachsender Markt mit unterschiedlichen Ansprüchen weiterentwickelt. Wir haben zusammen mit unserem Allianzpartner Loxone unsere Antriebsmotoren mit Geiger Air komplett Smart Home-fähig gemacht, und sind so in der Lage, Sonnenschutz intelligent mit den Bereichen Heizung, Lüftung und Licht zu verknüpfen. Hier geht es aber nicht nur darum zu prüfen, ob ein Fenster geschlossen ist oder ein Heizungsthermostat angesteuert wird, sondern um den gesamten sehr komplexen Vorgang ein Gebäude komplett energieeeffizient zu steuern. Natürlich können sie z. B. über einen automatischen Zulauf auch mit dem Einbruchschutz verknüpft werden. Durch den ständigen Datenaustausch der Motoren mit dem Mini-Server kommuniziert der Sonnenschutz vollkommen selbstständig und benötigt keine weiteren Befehlseingaben durch den Nutzer. So gesehen darf man behaupten, dass wir dem Sonnenschutz das Denken beigebracht haben.
Glaswelt – Unterschiedliche Ansprüche der Nutzer, was bedeutet das für Sie?
Dr. Natusch – Wir befassen uns sehr intensiv mit dem Markt und führen dazu Gespräche mit unseren Fachhändlern, OEMs (Anm. d. Red.: Original Equipment Manufacturer = Erstausrüster) und den Endkunden. Auch durch unseren neuen Showroom in Bietigheim-Bissingen bekommen wir aus den Gesprächen der Fachhändler mit ihren Kunden etc. sehr, sehr viel Input. Zuerst einmal können wir feststellen, dass der Endverbraucher der wesentliche Treiber des Smart Home Marktes ist. Hier werden die unterschiedlichen Ansprüche generiert, die Hersteller dann umsetzen müssen. Im gesamten Smart Home Markt sind wir mit dem Sonnenschutz sicher nur ein Teilbereich. Aber durch unsere Allianz mit einem Smart Home Anbieter, der mittlerweile Wohnhäuser und Bürogebäude zu annähernd 100 Prozent steuern kann, sind wir automatisch mit allen anderen Hauskomponenten verknüpft und können so bei der Ansteuerung des Sonnenschutzes jeden Kundenwunsch realisieren. Ein Eingreifen des Nutzers ist so nicht mehr notwendig.
Glaswelt – Wie gehen aus Ihrer Sicht die Fachhändler mit dem Thema Smart Home um?
Dr. Natusch – Da muss man schon etwas weiter ausholen. Zuerst einmal stellen wir fest, dass sich die Gewerkegrenzen auflösen, denn die Fensterbranche und das R+S Handwerk wachsen unweigerlich immer mehr zusammen. Gleichzeitig drängen die Elektriker in den Markt und nehmen sich ihr Stück vom Kuchen. Auch die IT-Branche hat beim Thema Smart Home Morgenluft geschnuppert und wird zunehmend aktiver. Ein gut funktionierendes Smart Home bedingt einen hohen Planungs- und Beratungsanteil, ein Bereich mit dem sich das R+S Handwerk aufgrund seiner bisherigen Ausrichtung schwer tut. Viele Händler fühlen sich überfordert, was aber auch verständlich ist, da sie sich auf einmal zumindest teilweise mit anderen Gewerken beschäftigen müssen. Auch die Beratungsgespräche mit Kunden werden zunehmend schwieriger, da er keine Gewerkegrenzen zieht. Er möchte die Komplettlösung.
Glaswelt – Sehen Sie da eine Lösung für das beschriebene Dilemma?
Dr. Natusch – Durchaus. Wir als Geiger haben sehr schnell festgestellt, dass es keinen Sinn macht ein eigenes Smart Home System zu entwickeln, da unsere Kompetenz im Bereich der Antriebstechnik liegt. Fachhändler sollten ähnlich denken und sich auf ihre Kernkompetenzen besinnen, ohne das Gesamte aus den Augen zu verlieren. Der Schlüssel ist hier die Allianz mit anderen Marktteilnehmern. So wie wir eine Allianz mit Loxone eingegangen sind, sollten Fenster- oder R+S-Fachbetriebe eine solche mit Elektrikern oder IT-Dienstleistern eingehen.
Glaswelt – Passt das in eine Zeit, in der R+S Betriebe auch den Elektroanschluss selbst machen wollen?
Dr. Natusch – Sicher passt das. Wir hatten ja schon über die unterschiedlichen Ansprüche der Nutzer gesprochen. Natürlich kann man sich weiter mit einfachen Steuerungs-Systemen beschäftigen und darüber diskutieren, wo Smart Home beginnt und wo es aufhört. Der Markt ist jedoch offen und so werden sich andere Markteilnehmer ihre Anteile nehmen. Das werden in der Regel die einfachen Systeme sein, also das Segment wo sich die meisten Betriebe tummeln. Vollkommen unterschätzt wird bei Smart Home noch das Thema Beratung und Betreuung als bezahlte Dienstleistung. Erfolgreiche IT-Dienstleister zeigen schon heute, dass Smart Home ein erfolgreiches Geschäftsfeld sein kann. —
Das Gespräch führte GLASWELT Redakteur Olaf Vögele auf der BAU in München.