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Historische Fenster instand setzen , erhalten und pflegen

Ein neues Leben für ein altes Fenster

_ Historische Fenster stehen mit ihrer Gliederung und Farbigkeit im engen Bezug zur Fassade und zum Innenraum – sie sind auf die Architektur abgestimmt und zugeschnitten. Die hohe gestalterische und handwerkliche Qualität der Beschläge oder des Materials der Fensterstöcke, der Flügel und des Glases wird nicht selten zu spät erkannt. Handwerks- und baugeschichtlich sind Fenster von großem Interesse und haben hohen Denkmalwert.

Fenster werden heute als stereotype Verschleißteile gesehen, die ausgewechselt werden, wenn sie nicht mehr dem neuesten technischen Standard (den bautechnischen Anforderungen zur Energieeinsparung, zur Verbesserung des Schallschutzes und zur Anpassung an einen höheren Komfort) entsprechen. Dabei bleibt häufig unberücksichtigt, dass man alte Fenster reparieren und durch bauliche Maßnahmen – beispielsweise durch den Umbau zum Kastenfenster – Ergebnisse erzielen kann, die den heutigen Anforderungen durchaus gerecht werden. Nein, es kommt stattdessen immer wieder zu einer das ganze Gebäude oder Teile des Gebäudes erfassenden Auswechslung.

Der Erhaltungszustand spielt keine Rolle

Dabei wird nicht nach dem Erhaltungszustand historischer Fenster gefragt und es wird auch nicht nach den tatsächlichen Nutzungsanforderungen differenziert. Folglich werden noch völlig intakte Fenster wegsaniert oder in unbeheizten Gebäudebereichen (in Fluren, Gängen, Treppenhäusern oder Abstellräumen) neue Wärme- oder Schallschutzfenster mit modernster Beschlagtechnik eingebaut.

Dagegen haben historische Fenster allein durch ihr Alter von teilweise 250 Jahren und mehr ihre hervorragende Qualität unter Beweis gestellt.

Aktuelle Tabellen, aus denen man die Lebensdauer neu gefertigter Bauteile für den Hausbau ablesen kann, bewerten neue Fenster mit einer Lebensdauer von 30 Jahren.

Am Anfang einer Kaputtsanierung ist das Silikon

Aber: Bei fehlendem Unterhalt treten auch bei historischen Elementen die bekannten Oberflächenschäden auf. Kitt und Lack, hauptsächlich auf dem Wetterschenkel, sind spröde und rissig und fallen teilweise ab. Trotzdem kann das Holz immer wieder abtrocknen. Je mehr Lack abfällt, umso besser.

Erst Falschbehandlungen mit filmbildenden Anstrichen, wie Kunstharzfarbe oder Acryllack / Lasur, sowie „Versiegelungen“ mit Silikon (anstelle von Fensterkitt) stehen oft am Anfang von Fäulnisschäden, weil diese Materialien eingedrungene Feuchtigkeit und Wasser sehr lange im Holz festhalten.

Natürlich gealterte Fenster, die lediglich schlecht gepflegt sind, zeigen in ihrer Substanz selten akuten Handlungsbedarf.

Instandsanierung: Wer kann das? Was ist zu beachten?

Eine Instandsetzung eines alten Fensters geschieht in altbewährter Handwerkstechnik mit Material in Zweitverwendung, ausgeführt von ortsansässigen Handwerkern und Restauratoren mit nachgewiesener denkmalfachlicher Eignung. Dabei sollte mindestens das Außenfenster mit Materialien imprägniert und geschützt werden, mit denen es alt geworden ist – kaltgepresstes Leinöl und Leinölfarbe ohne Lösemittel, möglichst aus der Region.

Geht es um die energetische Ertüchtigung, treffen die beteiligten Personen häufig auf schwer miteinander zu vereinbarende Zielkonflikte: Insbesondere haben Denkmalschützer die Absicht, das Baudenkmal mitsamt seiner Substanz in seiner kulturgeschichtlich ganzheitlichen Aussage zu erhalten, erlebbar und wirksam werden zu lassen. Dies ist im Hinblick auf eine energetische Ertüchtigung nicht ganz einfach.

Besser ergänzen anstatt neu machen

Als Grundprinzip bei der Sanierung von Fenstern und Türen bevorzugen die ausführenden Betriebe im Denkmalbereich das (reversible) Hinzufügen bzw. Ergänzen zusätzlicher Bauteile statt Eingriff in bzw. Wegnahme von historischer Substanz.

Die genannten Absichten beinhalten immer das oberste Ziel, ohne Substanzverlust zu arbeiten. Dies ist jedoch beim Einbau von Mehrscheiben-Isolierverglasungen in historische Fensterkonstruktionen kaum möglich. Meist müssen die Fensterfalze deutlich vergrößert werden, damit die Abstandhalter nicht in die Sichtfläche hineinragen und die Durchsicht stören.

Auch ein Mindestabstand zwischen MIG und Falzgrund ist notwendig. Diese Wegnahme der historischen Holzsubstanz führt letztlich zu einer starken Schwächung der Flügelrahmen, wenn man das ursprüngliche Erscheinungsbild annähernd erhalten will. Das geht so weit, dass nach dem Eingriff nur noch aufgeklebte Sprossen verwendet werden.

Welche Möglichkeiten gibt es?

Die Möglichkeiten, wie historische Fenster, egal ob Einfachglas- oder Kastenfenster, aus energetischer Sicht ertüchtigt werden können, sind im Artikel „Alte Fenster nicht einfach nur austauschen“ aus der GLASWELT 03/2014 fast alle beschrieben. Das Aufbringen einer weiteren Einfachverglasung auf eine bestehende Einfachverglasung, wie es beim System Duplo angewendet wird, wurde als weitere Möglichkeit nicht genannt.

Neben dem Austausch der bestehenden Verglasungen kann ergänzend der Einbau von Dichtungen vorgenommen werden. Einerseits kann durch einfräsen von Schlauch- oder Lippendichtungen die vorhandene Dichtigkeit der bestehenden Fenster erhöht werden. Dazu werden Einfärbungen in die Flügel- bzw. Rahmenfalze vorgenommen und die entsprechend passenden Dichtungen eingesetzt und gegebenenfalls angepasst. Hierbei geht jedoch auch ein Teil der historischen Fenstersubstanz verloren. Um dies zu vermeiden, kann man auf selbstklebende Dichtungen zurückgreifen. Hier stehen die Duplex-Keildichtungen in zwei Stärken zur Verfügung, aber auch Keildichtungen mit Schaumfüllung sowie Schlauchdichtungen finden Verwendung.

Was ist das Duplo-System

Vor über 50 Jahren ist dieses System von einem Fensterbauer entwickelt worden. Es besteht aus zwei verschiedenen Kunststoff-Profilen, welche auf eine Float- oder auch Ornamentglasscheibe mittels Zwei-Komponenten-Kleber aufgebracht werden.

Das breitere Profil hat ein angearbeitetes Scharnier, an welchem die Scheibe am Rahmen befestigt wird. An beiden Profilen ist eine Schlauchdichtung anextrudiert. Die Profile können entweder auf 4 oder 6 mm dicken Scheiben angebracht werden. Die so ausgestatteten zusätzlichen Flügel werden dann auf der Innenseite der Fenster befestigt.

Zum Verdecken der Schrauben wird ein Abdeckband auf das Scharnier aufgeklebt. Da historische Fenster häufig zumindest im Innenbereich in Weiß ausgeführt wurden, ist die Standardfarbe ebenfalls Weiß. Es sind auf Wunsch jedoch auch einzelne Brauntöne erhältlich.

Die Frage, warum solch ein altes System in Zeiten qualitativ höchstwertiger neuer Fenster dennoch vorgestellt wird, soll nun beantwortet werden:

Das Duplo-System ist aus denkmalpflegerischer Sicht ein sehr gut passendes Konzept. Es ist insbesondere zum Schutz und der Beibehaltung des inneren Erscheinungsbildes des historischen Fensterbestandes bestens geeignet. Das man energetisch sicherlich bessere Werte erreichen kann, ist unstrittig. Allerdings muss man sich gerade bei historischen Bauten bei jedem Projekt erneut die Frage stellen, welche U-Wert Kombination zwischen Wand, Decke und Fenster tatsächlich keine Schäden an der Substanz, insbesondere durch erhöhte Innenraumfeuchte bzw. Kondensat an der Außenwand, herbeiführt. Und somit relativiert sich der stark eingeschränkte Blick auf den U-Wert sehr schnell. Und: Wir reden wir von ca. 2 % denkmalgeschützten Gebäuden im Verhältnis zum gesamten Gebäudebestand in Deutschland. Außerdem sind Denkmäler von der EnEV ausgenommen.

Lichtmenge und Lichtqualität berücksichtigt

Duplo hat allerdings noch eine Reihe von Eigenschaften, die sich bei näherer Betrachtung als Vorteile bei Sanierungen herausstellen. Aus bauphysikalischer und baubiologischer Sicht wird dem Thema Lichtmenge, insbesondere aber Lichtqualität, wenig Beachtung geschenkt. Gegenüber dem Einbau von MIG hat die Verwendung von Einfachgläsern den Vorteil, dass das Lichtspektrum des einfallenden Sonnenlichtes weniger stark verändert wird.

In Anbetracht der Tatsache, dass wir Menschen mittlerweile über 90 Prozent der Zeit in Innenräumen verbringen und in Altbauten die Fensterflächen recht klein sind, ist eine möglichst geringe Verringerung der Lichtintensität von großem Vorteil.

Da nur eine dünne Floatglasscheibe eingebaut wird, ist die Gewichtsbelastung ebenfalls nur sehr gering. Häufig liegt das zusätzlich eingebrachte Gewicht bei nur 2,5 bis 4,0 kg. Dies ist für die meisten historischen Beschläge vertretbar und führt auch nach längerer Einbauzeit nicht zu Schäden an ebendiesen. Auch der Schallschutz wird mit den aufgebrachten inneren Scheiben um bis zu 9 dB verbessert.

Die vorliegenden Langzeiterfahrungen zeigen: Es kommt in der Regel zu keinen Problemen mit Kondensat im Zwischenraum, Staubanfall im Zwischenraum ist bei korrekter Ausführung ebenfalls nicht zu erwarten. Die vorgesetzten Scheiben können nach dem Anschrauben mit unterschiedlichen Verschlüssen angepresst werden. Entweder werden spezielle Schraubrosetten oder Vorreiber mit Schrauben, welche wie die Fenster selbst mit Leinöl farbig gestrichen werden, verwendet.

Die vorgesetzten Scheiben können passgenau in nahezu jeder Fenstergröße und in nahezu jeder Form (Rechteck, Parallelogramm, Rund- oder Stichbögen) hergestellt werden. Da sie sich der Flügelform anpassen und sehr unauffällig befestigt werden, fallen sie im eingebauten Zustand kaum auf.

Ein weiterer Vorteil ist mit der einfachen Reinigung zu benennen. Die innere Ebene des so ertüchtigten Fensters weist nun – meist im Gegensatz zu den Sprossenteilungen historischer Fenster – nur noch eine durchgängige Oberfläche auf. Und bei diesen kommt man auch wesentlich leichter in die Ecken und Kanten, da das Profil nur etwa 2 mm aufträgt.

Die Basismaterialien Profil und Glas können schnell und einfach zugeschnitten werden. Auch die Montagezeiten des Systems vor Ort gehen zügig von der Hand – ein Ausbau der Fenster ist in der Regel nicht notwendig.

Der Einbau des Duplo-Systems ist auch ohne vorhergehende Maßnahmen, wie die Erneuerung des Farbsystems, möglich. D. h. man kann durch die Montage der speziellen Scheiben direkt Wärmeschutz erzielen und erst im zweiten Schritt zu einem späteren Zeitpunkt die Holzkonstruktion instand setzen.—

Die Autoren

Johannes Mosler ist Restaurator für historische Fenster und wurde unter anderem mit dem hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.

http://www.johannes-mosler.de

Jan Hoffmann war technischer Berater beim Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks und betreibt jetzt ein Ingenieurbüro für gesundes Wohnen und ist DEKRA-zertifizierter Sachverständiger für Schimmelpilzbewertung und -sanierung.

http://www.baubiologie-hoffmann.de

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