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CE-Zeichen reicht nicht bei Vorhangfassaden

Ein Verwendungs­nachweis ist erforderlich

Diese „wesentlichen Eigenschaften“, die an Bauwerke gestellt werden, sind:

1. Standsicherheit

2. Brandschutz

3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz

4. Nutzungssicherheit

5. Schallschutz

6. Energieeinsparung und Wärmeschutz

Anforderungen an Pfosten-/Riegel-Fassaden

Über Mandate als offizielle Beauftragung zur Erarbeitung von Normen für ein bestimmtes Sachgebiet durch die Europäische Kommission an das CEN-Normungsinstitut wird vorgegeben, welche Eigenschaften die Produktnorm beschreiben soll. Die Aufgabe einer Produktnorm ist die Werkstoff unabhängige Beschreibung von Leistungsmerkmalen mit dem Ziel der freien Handelbarkeit in Europa.

Die Krux besteht nun darin, dass speziell in Deutschland ein Unterschied zwischen dieser freien Handelbarkeit oder dem In-Verkehr-Bringen und der Verwendbarkeit gemacht wird. Verwendbar ist nach den deutschen Landesbauordnungen ein Produkt dann, wenn es „… der Erfüllung aus bauaufsichtlicher Sicht erheblicher Anforderung an die Sicherheit baulicher Anlagen dient …“. Weil nun gerade dieser Aspekt in der Fassaden-Produktnorm nach ihrer Auffassung nicht ausreichend berücksichtigt wurde, sieht die deutsche Bauaufsicht die Notwendigkeit von zusätzlichen Nachweisen speziell von mechanischen Verbindungen bei Fassadenkonstruktionen in Pfosten- und Riegelbauweise als gegeben an. Dies wurde bereits in einem entsprechenden Aufsatz [2] in den Mitteilungen des deutschen Instituts für Bautechnik, Berlin (DIBt), 5/2004 beschrieben.

Danach sind bei typischen Fassadenkonstruktionen in Pfosten- und Riegelbauweise im Wesentlichen folgende mechanische Verbindungen zu beschreiben:

  • Klemmverbindungen zur Befestigung von linienförmig gelagerten Fassadenelementen (aus Glas), sog. Pressleisten
  • Verbindungen von Pfosten- und Riegelprofilen, sog. T-Verbindungen
  • Verbindungen zur Befestigung von Glasauflagern für Fassadenelemente an Riegelprofilen; Anmerkung: Da es sich hierbei um ein reines Gebrauchstauglichkeitskriterium handelt und nicht um die Erfüllung erheblicher Anforderungen an die Sicherheit baulicher Anlagen, werden an diese Verbindungen keine besonderen bauaufsichtlichen Anforderungen gestellt.

Verwendbarkeitsnachweise

Klemmverbindungen durch Pressleisten an Posten-/Riegelprofilen sind regelmäßig nicht geregelte Verbindungen, deren Tragfähigkeit hinsichtlich der Wind-Sog-Belastung nicht nach geltenden technischen Baubestimmungen bestimmt werden könnte. Ihre Eignung ist deshalb durch Versuche zu ermitteln. Damit solche Verbindungen verwendet werden können, ist eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ) oder eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich.

Für den Bereich von absturzsichernden Verglasungen gibt es in dem bauaufsichtlichen Regelwerk „Technische Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV)“ eine Aussage in der Form, dass „metallische Pressleisten, die einen Verschraubungsabstand von max. 250 mm in den tragenden Grundkörper besitzen, ohne weiteren Nachweis als geeignet zur Aufnahme der Stoßlasten“ gelten.

Auch die T-Verbindungen spielen für die Bauaufsicht eine wichtige Rolle. Bei deren Versagen könnten die Scheiben herausfallen und dadurch Personen gefährden. Bei den T-Verbindungen ist zu unterscheiden zwischen geregelten Verbindungen, deren Tragfähigkeit nach geltenden technischen Regeln rechnerisch ermittelt werden kann (z.B. nach DIN 18800-1, DIN 4113, DIN 1052, DASt.-Richtlinie 016) und nach T-Verbindungen, deren Tragfähigkeit nicht nach geltenden technischen Regeln ermittelt werden kann und die als nicht geregelte T-Verbindungen gelten. Die Folge ist auch hier: AbZ oder ZiE.

Zur Erlangung dieser Verwendungsnachweise sind Versuche erforderlich. Dabei spielt die Aufnahme der durch die außerhalb der Tragkonstruktion liegenden Glasebene entstehenden Torsionskräfte eine besondere Rolle.

Umsetzung der Anforderungen durch AbZ`s

Speziell für Pfosten und Riegel aus Holz sind bisher drei Systeme bekannt, welche für die T-Verbindung über eine AbZ verfügen. Diese Verbinder können bei der Beachtung der Details aus diesen AbZ ohne weitere Nachweise oder Bürokratie eingesetzt werden. Sie eignen sich durchweg besonders für Holz-Metall-Systeme, weil durch die äußere Aluminium-Schale die „Bearbeitungsseite“ der Holzteile abgedeckt wird und so nach innen eine unsichtbare Verbindung entsteht.

In dem Bereich des Metallbaus, der beim DIBt unter den Zulassungsnummern Z-14.4-xxx geführt wird, gibt es eine große Anzahl von vielfach neu erteilten Zulassungen sowohl für die T-Verbindungen als auch für die Klemmverbindungen. Die Liste ist einzusehen unter http://www.dibt.de Zulassungen National (abZ) erteilte Zulassungen Zulassungsbereiche 14 Metallbau und Metallbauarten 14.4 Raumfachwerke, Verbindungselemente; für Holzbauteile (Z-9.1-xxx) führt der gleiche Weg über die Ziffer 9 zum Thema „Holzbau“.

Bei der Hoffmann-Schwalbe für den Holzbereich werden spezielle Doppel-Schwalbenschwänze aus Eiche oder speziellem Kunststoff in entsprechende Fräsungen in die Pfosten und die Stirnseite der Riegel eingebracht und mit einer oder mehreren schräg eingesetzten Holzschraube(n) zusätzlich gesichert. Dadurch entsteht eine konstruktive Verbindung von hoher Festigkeit und Dauerhaftigkeit. Die AbZ Z-9.1-436 umfasst Verbindungen aus Brettschichtholz, Vollholz (Nadelholz mit mindestens der Sortierklasse S 10) und weiteren Materialien mit Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung, z.B. Duo- und Trio-Balken, Furnierschichtholz „Kerto-S“, „Kerto-Q,“ „Swedlam-S“. Die Breite des Pfostens muss mindestens 50 mm, die des Riegels je nach System 50 bis 80 mm betragen.

Die am 31. Januar 2006 abgelaufene Zulassung wird erweitert und hinsichtlich des außermittigen Lastangriffs durch den Einsatz von Holzdübeln verbessert. Die erneuerte AbZ wird sehr kurzfristig erwartet.

Der Knapp-Verbinder „Ricon“ ist durch die AbZ Z-9.1-589 nachgewiesen. Seine Hauptkomponenten sind hochbelastbare Metallplatten, die in eine stirnseitige Ausfräsung des Riegels bzw. stumpf auf den Pfosten aufgeschraubt und nach dem ­Zusammenschieben mit einem Sperrbügel fixiert werden. Er ermöglicht Glasgewichte bis über 500 kg und ist ab einer Ansichtsbreite für Pfosten und Riegel von 50 mm möglich.

Bei tiefen Riegeln können mehrere, auch unterschiedlich tiefe Verbinder kombiniert werden, was wegen des exzentrischen Lastangriffs besonders wichtig ist, weil der Riegel in seiner Position gehalten wird. Die mechanische Verbindung ist unsichtbar, gleicht Frästoleranzen aus und lässt sich zerstörungsfrei lösen. Die Endmontage erfolgt ins lichte Maß zwischen die Pfosten und kann von außen oder von innen ohne Beschädigung des Pfostens erfolgen.

Während bei der Fassade das Einbringen der Riegel in der ­Regel von innen nach außen erfolgt, ist die Bearbeitungs­richtung in dem ebenfalls mit abgedeckten Dachbereich ­umgekehrt, also von außen nach innen.

Das Raico-Holzverbindungssystem mit drei verschiedenen ­Typen „Solo“, „Kombi“ und „Integral“ wurde speziell für diese Anwendung entwickelt und bietet über die AbZ Z-9.1-621 ein offiziell geprüftes und zugelassenes System für Pfosten-Riegel-Verbinder für Holzfassaden an.

Das im Einbauzustand unsichtbare Verbindungssystem besteht aus einem Pfostenbauteil, einem Riegelbauteil und einem Längenanschlag aus Aluminium. Es stehen sieben ­Bautiefen für Riegel von 60 bis 300 mm und für Verglasungssysteme von 50, 56 und 76 mm zur Verfügung. Die Verarbeitung erfolgt präzise und schnell, weil der Riegel nur eine 12 mm ­tiefe und 31 mm breite Ausfräsung benötigt, was mit einer Frässchablone ausgeführt wird. Der Riegel bleibt durch Lösen von benötigten Nagelschrauben demontierbar.

Ergänzend zu der T-Verbindung hat Raico verschiedene Zulassungen für Befestigungssysteme der Verglasung, den vom DIBt so genannten Pressleisten und auch Glasauflagern für den Metallbereich. Die zugehörigen AbZ`s tragen die Nummern Z-14.4-446, Z-14.4-454, Z-14.4-455, Z-14.4-504. Dabei ist nicht nur der Schraubkanal in dem Aluminium-Aufsatzprofil nachgewiesen, sondern die gesamte Lastkette von der Schraube, dem Schraubkanal und der Befestigung dieses Bauteils in Pfosten und Riegeln aus Holz, Aluminium und Stahl.

Mit einer brandneuen AbZ ausgestattet, ist der für die T-Verbindung von Pfosten und Riegel bzw. Pfette und Sparren konzipierte Gutmann „Twinloc“-Verbinder. Dieser besteht aus zwei baugleichen Teilen, die es in unterschiedlicher Länge und Anzahl der Schrauben für verschiedene Riegeltiefen bzw. Sparrenhöhen gibt und die mit einer Spezialschraube sicher, aber lösbar zu einer kraft- und formschlüssigen Verbindung mit hohem Widerstand gegen Torsionskräfte führen. Die Befestigung ist von innen unsichtbar und ermöglicht durch eine Vorspannung geschlossene Fugen bei einer Holz-Ansichtsbreite von 50 bis 80 mm.

Bei der größten Riegeltiefe von 149 – 189 mm sind Glasgewichte bis zu 326 kg möglich. Die AbZ wurde mit Datum 15. Januar 2007 erteilt und trägt die Nummer Z-9.1-682. Die die grundsätzliche Eignung bestätigende AbZ enthält zahlreiche hoch interessante Details zu Ausführungsmöglichkeiten und Lasten. Eine besondere Rolle in diesem Konzert spielt der Fassadenbauer Walter Lang GmbH & Co KG, Eppingen. Dieser große handwerkliche Verarbeiter mit dem Spezialgebiet Glas-Holzfassaden hat eine eigene Entwicklung eines T-Verbinders für Holz-Bauteile durch Prüfungen an der Universität Karlsruhe so weit gebracht, dass jetzt die Erteilung einer AbZ beantragt ist.

Durch CNC-Einzelteil-Bearbeitungen wird eine sehr fehler­tolerante unsichtbare Verbindung zwischen Pfosten und ­Riegel erreicht, bei der durch spezielle Holz-Profilierung nur sehr wenige ergänzende Bauteile aus Edelstahl bzw. – bei sehr tiefen Riegeln – Holzdübel benötigt werden, was die Montage an der Baustelle extrem vereinfacht und beschleunigt. Die Riegel-Ansichtbreite beträgt minimal 50 mm; es können Glasdicken bis zu 52 mm und entsprechendem ­Gewicht eingesetzt werden. Die Erteilung der AbZ wird in überschaubarer Zeit erwartet.

Speziell im Metallbereich existiert eine längere Liste von AbZ`s für T-Verbindungen und für Klemmverbindungen. Damit können die DIBt-Anforderungen in eindeutiger Weise umgesetzt werden.

Andere Systemgeber oder auch Verarbeiter haben Berechnungs- oder Versuchsergebnisse, die objektbezogen erlangt wurden und als Grundlage für eine ZiE in anderen Fällen herangezogen werden können. Jedem Verarbeiter muss klar sein, dass selbst entwickelte Lösungen, auch im Bereich von Dübeln in der T-Verbindung, eine Zulassung benötigen und mangels AbZ bzw. rechnerischem Nachweis anhand Technischer Baubestimmungen den „Weg ZiE“ bedeuten.

Zu hoffen, dass „es weiterhin gut gehen wird“, ist der falsche, weil sehr risikoreiche Weg. Es wird vielmehr dringend ange­raten, auf die am Markt zur Verfügung stehenden nachge­wiesenen Komponenten, zurückzugreifen. Sicher ist sicher – in jeder Hinsicht.

Literatur

[1] DIN EN 13830:2003-11 Vorhangfassaden – Produktnorm

[2] DIBt-Mitteilungen 5/2004: Verwendbarkeitsnachweise für mechanische Verbindungen bei Fassadenkonstruktionen in Pfosten- und Riegelbauweise mit linienförmig gelagerten Fassadenelementen|

Reiner Oberacker

Info

Leistungseigenschaften einer Vorhangfassade nach der Produktnorm DIN EN 13830 [1]

Brandverhalten

Feuerwiderstand

Brandausbreitung

Schlagregendichtheit

Widerstand gegen Eigenlast

Widerstand gegen Windlast

Stoßfestigkeit

Temperaturwechselbeständigkeit

Widerstand gegen Horizontallasten

Luftdurchlässigkeit

Wasserdampfdurchlässigkeit

Wärmedämmung

Luftschalldämmung

Dauerhaftigkeit

Diese Eigenschaften müssen nicht notwendigerweise alle in jedem Land und bei jeder Vorhangfassade umgesetzt werden. Falls bestimmte Merkmale in einem Land nicht gesetzlich/bauaufsichtlich geregelt sind, sind Nachweise dieser Merkmale nicht erforderlich.

Autor

Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, Karlsruhe.

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