Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
UGlass für die sanierung oder als qualitätsnachweis einsetzen

Für die Sanierungsberatung den Ug-Wert ermitteln

_ Gerade in der Bewertung des energetischen Zustandes von Gebäuden in der Entwicklungsphase von Sanierungskonzepten ist oft die Wärmedämmeigenschaft von Isoliergläsern ein enormer Unsicherheitsfaktor. So bleibt oftmals unklar, ob die Verglasung noch den Vorgaben bzgl. des Wärmeschutzes entspricht [1].

Im Bereich der Isolierglasfertigung hingegen, stellen sich andere Fragen. Die Qualitätsrichtlinien für Isolierglasfertigung sehen vor, dass in regelmäßigen Abständen der Gasfüllgrad der Verglasung zu messen ist [2]. Die Feststellung des Ug-Wertes erfolgt nach genormten Rechenverfahren [3]. Dies geschieht in Eigenverantwortung des Herstellers und unterliegt der werkseigenen Produktionskontrolle. Weiterhin sehen die Qualitätsrichtlinien eine Fremdüberwachung durch unabhängige Institute vor. Hierzu werden Produktionsmuster, in der Regel in der Größe 800 x 800 mm aus der Produktion entnommen und mittels genormten Verfahren im Labor vermessen. [4, 5]

Eine Feststellung des Ug-Wertes als Wareneingangsprüfung im Bereich Fenster- und Fassadenbau und eine Erhebung des Messwertes bei Bauabnahmen ist derzeit nicht vorgesehen.

Im Folgenden wird die Bedeutung eines mobilen, transienten Messverfahrens [6] für die Bestandsbewertung, Sanierung, produktionsbegleitende Prüfung und der Wareneingangskontrolle, mit dem die Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten von Zwei- und Dreischeiben-Isolierverglasung möglich ist, vorgestellt. Ziel des Verfahrens ist die objektive Qualitätssicherung und die effiziente Betrachtung der Wirtschaftlichkeit einer Sanierungsmaßnahme.

Grundlagen zur Messung

Für den Wärmedurchgangsprozess durch ein Isolierglas ist neben der Wärmestrahlung und Wärmeleitung ebenfalls Konvektion verantwortlich – und dies besonders im Scheibenzwischenraum (SZR). In Bezug auf die Definition des Wärmedurchgangskoeffizienten [7] findet der beschriebene Wärmetransport in einem Isolierglas zweimal bzw. dreimal statt. Einmal von der Umgebungsluft durch das erste Glas in den SZR und von dort durch das zweite Glas wieder an die Umgebungsluft. Bei Dreifach-Isolierverglasung erfolgt dieser Transport ein weiteres Mal.

Die Schwierigkeit dabei ist, dass der konvektive Anteil des Wärmetransports abhängig von der mittleren Scheibentemperatur im Scheibenzwischenraum, den Gleichgewichtszuständen innerhalb der Verglasung, dem Füllgas und des Gasfüllgrades sowie des Einbauwinkels der Verglasung ist.

Die Berechnungsnorm des Ug-Wertes legt daher Referenzbedingungen zugrunde, die für die mittleren Temperaturen im Scheibenzwischen raum bei 283 K (10° C) und einem Temperaturgradienten von 15 K liegen.

Daneben ist die Berechnung unter Annahme des vertikalen Einbaus durchzuführen. In den etablierten Labor-Messverfahren lassen sich diese Referenzbedingungen einhalten, die in der Realität nicht zu verwirklichen sind. Die Ergebnisse mobiler Messverfahren sind auf die Referenzbedingungen der Berechnungsnorm zurückzuführen.

Als Eingangsgrößen einer mobilen Ug-Wert-Messung sind daher zwingend erforderlich:

dG1 = Dicke des ersten Glases

dSZR = Maß des Scheibenzwischenraumes

dG1 = Dicke des zweiten Glases

sowie die Position eventuell vorhandener Low-E-Schichten.

Im Falle eines Verbundsicherheitsglases teilt sich die Dicke des ersten Glases in die Dicke des Glases 1.1, die Dicke des Glases 1.2 und die Foliendicke. Die Messung des Glasaufbaus erfolgt dabei mit einem handelsüblichen Glasaufbaumessgerät [8].

Das hier beschriebene Verfahren setzt die Emmissivitäten von unbeschichtetem und beschichtetem Kalknatronglas aus der Berechnungsnorm [3] als gegeben an. Der Einbauwinkel der zu messenden Verglasung ist am Messsensor abzulesen und findet ebenso Eingang in die Grunddaten des Verfahrens.

Entsprechend der Berechnungsnorm, nach der der Ug-Wert in der Verglasungsmitte zu bestimmen gilt, sind auch die Glasaufbaumesswerte in der Scheibenmitte zu bestimmen. Eine Rundung der Messwerte sieht das hier beschriebene Verfahren an dieser Stelle nicht vor.

So wird gemessen

Zur Messung des Wärmedurchgangskoeffizienten werden zwei Sensoren auf die Verglasung aufgebracht, die in der Lage sind, Oberflächentemperaturen zu messen und aktiv die Verglasung aufzuheizen. Zudem ist jeder Sensor individuell in der Lage, Temperaturwerte zu loggen.

Beim Aufbringen auf die Verglasung wird die Oberflächentemperatur der beiden Scheiben gemessen und festgelegt, ob ein ausreichendes natürliches Temperaturgefälle von etwa 7-8 K vorliegt, oder ein Gradient durch aktives Heizen geschaffen werden muss.

Nach Feststellung des Temperaturgefälles beginnt die Messwerterfassung. Dabei kühlt die wärmere Seite ab und die kältere Seite wird wärmer. Der Kurvenverlauf wird dabei stetig mit einer parallelen thermischen Simulation abgeglichen. [6]

Sobald eine signifikante Anzahl an Messwerten erfasst ist und der Fit der Simulation mit der Messwertaufzeichnung übereinstimmt, werden drei Ergebniswerte ausgegeben:

Was besagt der erste Messwert?

Die erste Angabe ist ein unter realen, im Moment der Messung vorliegenden Bedingungen gemessene Ug-Wert. Der Messwert unterliegt dabei den Schwankungen, die durch natürliche Änderungen der Umgebungsbedingungen zustande kommen. Misst man etwa den Scheibenaufbau in einem Hochdruckgebiet mit einem Scheibenzwischenraum-Maß von 15 mm statt z. B. nomineller 16 mm, so wird der Wärmetransport durch den geringeren SZR (abweichend von den Herstellerangaben) begünstigt. Der gemessene Ug-Wert ist also tendenziell höher. Das Gleiche gilt z. B. für eine Messung von Dachverglasungen. Je näher die Verglasung der horizontalen Lage kommt, umso größer wird der Einfluss der Konvektion am Wärmetransport. Auch hier wird der Messwert tendenziell höher gemessen.

Warum wird der Messwert korrigiert?

Da der Messwert von Umgebungsbedingungen beeinflusst werden kann, ist es wichtig, den Messwert unter genauer Kenntnis der vorliegenden Bedingungen auf die Referenzbedingungen der Berechnungsnorm [3] zurückführen zu können. Die Berechnungsnorm sieht vor, dass der Wärmedurchgangskoeffizient bei gerundeten Scheibenaufbauwerten bestimmt wird. Sofern der gemessene Scheibenaufbau 3,8 mm/15,6 mm/3,9 mm ist, muss mittels Korrektur auf 4 mm/16 mm/4 mm zurückgerechnet werden. Ebenso wird eine geneigte Verglasung auf den vertikalen Einbauzustand zurückgeführt. Die reelle Scheibenmitteltemperatur und der reelle Gradient wird auf 283K bzw. 15K korrigiert.

Der so korrigierte Messwert ist der maßgebende Wert zum Vergleich mit den Datenblattangaben. Damit ist gewährleistet, dass das Verfahren einen vollständig vergleichbaren Messwert zum Rechenwert aus dem Herstellerwerk liefert.

Der dritte ausgegebene Wert, ist der Rechenwert nach Berechnungsnorm. Er wird anhand des Scheibenaufbaus rein rechnerisch ermittelt und dient als Bezugswert zur Ergebnisinterpretation.

Anwendung in der Sanierungsberatung

Das mobile thermische Messverfahren lässt die Ermittlung des Ug-Wertes im Feld zu – unabhängig von der Größe der Verglasung und der Einbausituation. Innerhalb der Sanierungsberatung ist damit eine fundierte Aussage über den aktuellen energetischen Zustand der Verglasung möglich. Hierbei kann ein Austausch angeraten, oder der Erhalt einer noch entsprechend ausreichend isolierenden Verglasung angestrebt werden – je nach Alter und Beschaffenheit des zu sanierenden Objektes in der gesamtenergetischen Betrachtung.

Das Beispiel einer Glasüberdachung an einem Gymnasium (siehe Kasten) zeigt, wie wichtig die genaue Kenntnis der Wärmedämmeigenschaft des Verglasungsanteils eines Gebäudes ist. Voraussetzung der Berechnung ist, dass das ursprüngliche Sanierungskonzept den Erhalt der mit Ug=1,3 W/(m²K) bewerteten Verglasung vorsah. Nach Messung des Ug-Wertes (die Bestandsverglasung stellt sich nach Messung als deutlich schlechter als angenommen heraus) und dem rechnerischen Vergleich mit der Situation nach Einbau neuer Verglasungen mit Ug=1,0 W/(m²K) wird die enorme reelle Einsparung deutlich. Ebenso lassen sich im Rahmen von Bauabnahmen zugesicherte Werte nachweisen, bzw. nach dem Austausch die neu eingebaute Qualität beurteilen.

Fertigungsbegleitende Prüfung

Immer dann, wenn im Produktionsablauf aufgrund von Parameterschwankungen Abweichungen im Endprodukt auftreten können, werden in der industriellen Produktion während des gesamten Fertigungsprozesses fertigungsbegleitende Prüfmaßnahmen verankert. Im Bereich der Isolationsprodukte aus EPS- und XPS-Schaum beispielsweise finden sich in den entsprechenden Produktnormen Maßnahmen der werkseigenen Produktionsüberwachung. Ein Parameter hierbei ist die Wärmeleitfähigkeit.

Genauso wäre es denkbar, während der Produktion von Isolierglas fertigungsbegleitend in Stichprobenprüfung den Ug-Wert per Messung sicherzustellen und das Messergebnis in einem Werkzertifikat der Chargen beizulegen. Ergänzend zu den Messungen des Gasfüllgrades haben Hersteller somit auch gleichzeitig die Sicherheit, dass die Emmissivität der verwendeten Gläser in Ordnung ist. Die Emmissivität hat schließlich einen sehr signifikanten Einfluss auf den erreichbaren Wärmedurchgangskoeffizienten.

Wareneingangskontrolle und Qualitätsnachweis

Mit dem Wareneingang beim Fenster- oder Fassadenbauer und der Verarbeitung des Isolierglases in das Endprodukt geht das primäre Produkthaftungsrisiko auf den Fachbetrieb über. Maßgeblich verantwortlich für die Qualität des Endproduktes steht dem Verarbeiter mit dem hier beschriebenen Verfahren nicht nur eine Möglichkeit der Stichprobenprüfung im Wareneingang zur Verfügung, die es erlaubt durch sehr einfach zu beherrschende Prozesse das letzte Glied der Wertschöpfungskette vor dem Einbau zu schließen – vielmehr kann dem Endkunden im Privat- und Industriebau per Messwerterhebung nach dem Einbau das gegebene Qualitätsversprechen belegt werden.

Schlussfolgerung

Das Verfahren ermöglicht die zielgenaue Bestimmung des richtigen Zeitpunkts für den Fensteraustausch. Angesichts der sehr hohen Energieverluste gealterter Verglasungen einerseits und der hohen Bauteilkosten andererseits hat das Messergebnis einen wesentlichen Einfluss auf den zielgerichteten Mitteleinsatz bei den Energiesparinvestitionen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Produktion bis zur Entsorgung spielt der Wärmedurchgangskoeffizient eine zentrale Rolle. Die Einhaltung der zugesicherten Eigenschaften ist von großer Bedeutung – insbesondere wenn man evtl. zu erhebende Regressansprüche innerhalb des Produktlebenszyklus mit betrachtet.—

Unser Tipp: Mehr erfahren vom Gerät und über den Autor können Sie auf den Rosenheimer Fenstertagen am 13. Oktober. Alexander Frenzl hält zusammen mit Konrad Huber vom ift einen Beitrag über die „Mobile Messung von Ug-Werten – Bestandsbewertung, Sanierung, produktionsbegleitende Prüfung & Wareneingangskontrolle“.

Literaturhinweise

[1] Energieeinsparverordnung EnEV

[2] RAL-Güterichtlinie RAL-GZ 520

[3] DIN EN 673, „Glas im Bauwesen – Bestimmung des U-Wertes – Berechnungsverfahren“

[4] DIN EN 674, „Glas im Bauwesen – Bestimmung des U-Wertes – Verfahren mit dem Plattengerät“

[5] DIN EN 675, „Glas im Bauwesen – Bestimmung des U-Wertes – Wärmestrommesserverfahren“

[6] Thermisches Messverfahren für mobile Ug-Wert-Messungen an Verglasungen (Hippeli et al.)

[7] Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/wärmedurchgangskoeffizient

[8] Bohle, Glass Buddy

[9] Kurz u. Fischer GmbH Beratende Ingenieure

Lohnt sich eine Glasdachsanierung?

Im praktischen Einsatz zeigt das mobile Messverfahren den wirklichen Zustand der vorliegenden Verglasung.

Im Fall einer glasüberdachten Pausenhalle war man von einem erhaltenswerten Zustand der Verglasung ausgegangen. Mit dem Messverfahren konnte direkt vor Ort nachgewiesen werden, dass der Ug-Wert signifikant vom angenommenen Wert Ug=1,3 W/(m²K) abweicht [9]. Im Umkehrfall ist ebenfalls der Nachweis wichtig. Nämlich wenn der angenommene Ug-Wert der Realität entspricht.

Hätte sich der Messwert 1,3 W/(m²K) bestätigt, wäre ein Austausch aus energetischen Gesichtspunkten zwar eine geringe Verbesserung, aber im Sinne der gesamten Investitionsbetrachtung nicht wirtschaftlich sinnvoll und kaum durch die Energieeinsparung zu amortisieren. Das auf Basis dieser Messung angepasste Sanierungskonzept und die Entscheidung, die Wärmedämmeigenschaft per Messung zu Lasten der Investitionshöhe zu belegen, trägt jedoch deutlich zur Energieeffizienz des sanierten Gebäudes bei. So liegt nach entsprechender Berechnung das Einsparpotenzial im CO2-Ausstoß bei 644 Tonnen bei einer Lebensdauer von 50 Jahren.

Der Autor

Alexander Frenzl ist Business Field Manager Glass, Ceramics and Building Materials bei der Netzsch Gerätebau GmbH

Kontakt: alexander.frenzl@netzsch.com

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen