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Im Gespräch mit Herbert Jung von Lisec

Glas von 1,6 bis 10 mm vorspannen

Glaswelt – Wie schätzen Sie mittelfristig den Markt für ESG ein, dieser war ja in den letzten Jahren etwas rückläufig, während VSG an Marktanteilen gewonnen hat?

Herbert Jung – Der Markt für ESG ist ein wachsender Markt. Die moderne Architektur verlangt zunehmend größere Glasflächen, bei öffentlichen sowie bei Privatbauten.

Zusätzlich kommt aufgrund neuer Normen und Richtlinien vorgespanntes Glas verstärkt zum Einsatz. Italien und Österreich haben bereits die Normen verschärft und in Deutschland liegt diesbezüglich ebenfalls eine Empfehlung vor. Deshalb wir die Bedeutung von ESG europaweit weiterhin steigen.

Glaswelt – In welchen Feldern sehen Sie Wachstumschancen für ESG?

Jung – Wachstumschancen sehen wir in allen Bereichen. Die Anpassungen in den unterschiedlichsten Normen spielen stark in die Segmente Fassadenbau und Isolierglas hinein. Der Trend zeigt weiter, dass im Interieur der Werkstoff Glas zunehmend eingesetzt wird, etwa bei Duschen, Glastüren und Glastrennwänden. Da es sich hierbei um sicherheitsrelevante Elemente handelt, müssen diese auch aus ESG gefertigt werden.

Glaswelt – Welche Qualitäten werden heute und in Zukunft von vorgespanntem Glas verlangt?

Jung – Die Anforderungen in der Bauindustrie steigen stetig. Aufgrund unserer eigenen Glasproduktion im Lisec Glass Forum wissen wir, wovon wir reden. Wir haben eine Vielzahl an Projekten gewonnen, da wir ein qualitativ hochwertiges Glas mit niedriger genereller Verwerfung und ohne Roller Waves wirtschaftlich herstellen können. Vor allem bei Projekten mit hochreflektierendem Glas spielt dies eine wichtige Rolle. Diese Qualität erreichen wir standardmäßig mit unserer Aeroflat Luftkissen Technologie.

Glaswelt – Ihr Unternehmen hat bereits vor Jahren eine Vorspanntechnik mit Luftkissen eingeführt. Ist diese Technik noch up to date?

Jung – Ja, diese Technik ist nach wie vor up to date bzw. man kann durchaus behaupten, dass wir gezeigt haben, welche Glasqualität erreicht werden kann. Nicht nur, dass Probleme wie Roller Wave kein Thema mehr sind, sondern es hat sich auch gezeigt, dass bei gleichmäßigem Erwärmen/Abkühlen, Anisotropien sich signifikant reduzieren. Unsere eigenen Analysen sowie auch das Kundenfeedback bestätigen dies.

Glaswelt – Wie sehen die maximalen Formaten aus, die der neue Ofen aufnehmen kann?

Jung – Die Glasgröße, die der Aeroflat vorspannen kann, reicht bis 1,7 m Höhe × 5 m Breite. Viele Analysen und Kundengespräche haben gezeigt, dass bis zu 95 % einer Glasproduktion kleiner oder gleich 1,7 m Höhe sind. Diese Gespräche haben weiter verdeutlicht, dass ein Umdenken stattfindet und die bisherige kostenintensive Produktion von vorgespanntem Glas teils hinterfragt und teils neu überdacht wird. Unser Ofen wird daher oft als zusätzliche Strategie eingesetzt, um eine höhere Flexibilität, Wirtschaftlichkeit und Glasqualität zu erreichen. Wichtig ist zu betonen, dass der Ofen neben Dünnglas von 1,6 – 4 mm auch Dicken von 4 – 10 mm vorspannen kann.

Glaswelt –  Wie lange dauern der Aufbau des Ofens und die Einarbeitung der Bediener?

Jung – Als Richtlinie kann man sagen, dass der Aeroflat 17-101 für 4 – 10 mm Glas etwa in vier Wochen aufgebaut wird und nach weiteren zwei Wochen produktionsbereit ist. Die Schulung der Bediener ist in drei Tagen abgeschlossen. Für uns war es sehr wichtig ein System zu entwickeln, das den Betrieben eine hohe Flexibilität und Unabhängigkeit bezüglich des bedienenden Personals bietet. Der Ofen wurde so konzipiert, dass eine gleichbleibende und hohe Glasqualität mit quasi jedem Mitarbeiter einer Glasproduktion als Bediener erreicht werden kann.

Glaswelt – Was kann Ihre Anlage, was sich mit anderen Fabrikaten nicht umsetzen lässt?

Jung – Hervorheben möchte ich den sehr hohen Automatisierungsgrad, der es dem Ofenbediener ermöglicht, 50 Prozent seiner Arbeitstätigkeit vor- und nachgelieferten Prozessen zu widmen. Das heißt, der Ofenbediener kann z. B. eine Wasch-, Schleif- und Sortieranlage mit bedienen, was die Produktionskosten deutlich senkt und die Flexibilität erhöht. Da wir mit Luftkissen arbeiten, fallen kostenintensive Probleme wie Roller pick-ups, Roller Waves, White Stripes etc. weg sowie die aufwendige Rollenreinigung, die nur im kalten Zustand durchgeführt werden kann. Der Aeroflat hat auch den Spitzenamen ‚clean-room‘, da es sich um einen fast geschlossenen Luftkreislauf handelt und so verhindert wird, dass sich Staub, Schmutz, Glasreste, oxidiertes Metall etc. im Ofenbereich sowie auf den Gläsern ablagern.

Glaswelt – Sie haben mehrfach die Flexibilität der Anlage angesprochen, was ist besonders?

Jung – Die Flexibilität unseres Ofens kann als Quantensprung bezeichnet werden. In der Glasproduktion braucht damit keine Reihenfolge eingehalten werden. Floatglas und beschichtetes Glas haben die gleiche Durchlaufzeit. Auch die Nachproduktion wird deutlich erleichtert. Rezeptänderungen zwischen Glasstärken benötigen maximal drei Sekunden und das Ausräumen der Heizzone maximal fünf bis acht Minuten. Damit trägt die Anlage signifikant zur Stabilität und Wirtschaftlichkeit einer Produktion bei.

Zum Vergleich: Ein effizientes Arbeiten mit einem Rollenofen setzt eine Reihenfolge der Glasdicken in der Produktion voraus, die einzuhalten ist. Wird diese Reihenfolge unterbrochen, dann führt dies zu zusätzlichen Kosten, da die komplette Tagesplanung aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Abgesehen davon sind die Durchlaufzeiten für beschichtetes Glas höher als als für Floatglas und benötigen 30 - 40 Prozent mehr Durchlaufzeit im Vergleich zum Aeroflat. Ein Reinigen der Heizzone setzt ein Herunterkühlen der kompletten Anlage voraus und kann zu Stillstandszeiten von bis zu 16 Stunden führen.

Glaswelt – Welche Rolle wird ESG künftig spielen, eher als Nische oder eher als Must-have?

Jung – Aufgrund der genannten Fakten wird es zu einem Must-have. Mittelständische Unternehmen fangen bereits an die ESG und TVG Herstellung in die eigene Produktion zu integrieren, was zu einer signifikanten Kostensenkung und Flexibilität sowie Qualitätskonstanz führt, ohne diese Abhängigkeit von einem Lieferanten. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

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