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GLASWELT vor Ort: BF-Glaskongress 2016

Zum Auftakt des Glaskongresses 2016 im bayerischen Grassau legte Thomas Dreisbusch, der Präsident des Bundesverbands Flachglas (BF), die aktuelle Marktsituation dar: „Der gegenwärtige Preiskampf hat insbesondere für Isolierglashersteller teils verrückte Ausmaße angenommen. Dabei sollte uns zu denken geben, dass wir gerade einen Bauboom haben. Wie wird es werden, wenn der Boom abflaut?  

Spannend und unterhaltsam zugleich war der Vortrag von Lichtplaner Prof. Peter Andres. In seinem Vortrag "Tageslicht in Gebäuden" unterstrich er, dass jeder Mensch eine gewisse Menge an Tageslicht braucht, um sich zu „synchronisieren.“ Gemeint war, man brauche eine gewisse Lichtmenge an natürlichem Tageslicht, um wach zu werden und über Tag aktiv bleiben zu können.  Rund 3 Stunden am Tag bräuchten Menschen in unseren Breiten über 1000 Lux  „am Stück“, um eine biologisch wirksame Lichtmenge zu bekommen.

BF-Präsident Thomas Dreisbusch sorgt sich über die Strukturänderungen bei den Fensterbauern sowie die Auswirkungen für die ISO-Hersteller. - Matthias Rehberger, GLASWELT - © Matthias Rehberger, GLASWELT
BF-Präsident Thomas Dreisbusch sorgt sich über die Strukturänderungen bei den Fensterbauern sowie die Auswirkungen für die ISO-Hersteller. - Matthias Rehberger, GLASWELT
Sein Statement zu ISO-Aufbauten: „3-fach-ISO nimmt im Randbereich deutlich mehr Licht weg, als eine 2-fach-Scheibe. Ich plädiere an die Glas- und Fensterindustrie: Bei gleicher eingesetzter Glasmenge machen Sie lieber eine große Fläche mit 2-fach-ISO statt mehrere kleinere Fläche mit 3-fach oder 4-fach-Gläsern.“

Glasdimensionierung nach DIN 18008

Weiter zeigte  Prof. Jens Schneider von der TU Darmstadt neue Ansätze bei der Glasdimensionerung auf, die sie seit Einführung der DIN 18008 gelten. Er erläuterte, dass bei 3-fach-ISO das Gasvolumen doppelt so hoch ist, wie bei 2-fach-ISO. Das wiederum führe zu erhöhten Klimalasten, da sich der Druck in der Scheibe verdoppelt.

Gründe für die neue DIN: Die Sprödigkeit von Glas verlange eine konsequentere Umsetzung in der Bemessung. Heute berücksichtigt man deshalb bei der Bemessung nach DIN 18008  die Einwirkungen (z.B. Wind) auf den Baustoff und betrachtet bei der Bemessung die Spannung im Glas in Abhängigkeit dieser Einwirkungen (inkl. deren Schwankungen). Gleichzeitig werden auch die Folgen im Versagensfall mit berücksichtigt.

Prof. Jens Schneider, TU Darmstadt, zeigte neue Ansätze bei der Glasdimensionerung nach DIN 18008 auf. - Matthias Rehberger, GLASWELT - © Matthias Rehberger, GLASWELT
Prof. Jens Schneider, TU Darmstadt, zeigte neue Ansätze bei der Glasdimensionerung nach DIN 18008 auf. - Matthias Rehberger, GLASWELT
Schneider: „Vielen Handwerkern erscheint es suspekt, dass heute die Ingenieure das Glas wie Stahl behandeln. Diese Betrachtungsweise komme mit den früher geltenden handwerklichen Ansätzen immer wieder in Konflikt bei der Bewertung einer Glaskonstruktion sowie bei der Handhabe. Die gute Nachricht für das Hnadwerk, die Glas-DIN solle nun in einigen Punkten angepasst werden.

Dauerbrenner  Glastoleranzen

Die Dickentoleranzen von Flachglas sind zwischen Fensterbauern und Isolierglasherstellern ein heftiges Diskussionsthema. Dazu sagte ift-Chef Sieberath, der vor Ort war: „Mit den aktuellen Dickentoleranzen beim Basisglas kann kein Fensterhersteller leben. Ein modernes Fenster verträgt keine Toleranzen von 1 mm, denn damit ist es nicht mehr dicht zu bekommen. Wir brauchen ein engeres Toleranzfeld als bisher, das müsste mit den Glasherstellern vereinbart werden.“

Hier wird es jedoch keine Änderungen geben, so der Obmann des Spiegelausschusses Dr. Klaus Hunterbrinker: "Es gibt aus den Beratungen der Normenausschüsse in Deutschland und Europa keine Änderungen an den Dickentoleranzen für 2-fach- und 3-fach-Isoliergläser. Eine inhaltliche Diskussion zu den Toleranzen hat es bei den Sitzungen der Normenausschüsse mangels Teilnahme der potentiell interessierten Kreise nicht gegeben.

Damit wurde einmal mehr klar, es herrscht kein Dialog zwischen Fensterbauern und ISO-Herstellern: In der Regel teilen die Fensterbauer ihren ISO-Anbietern nicht mit, wenn sie ihre Fenster-Systeme ändern und was sie dementsprechend von der Isolierglasbranche brauchen. Würden  sie hingegen klar definieren, was sie an Toleranzen von ihrem ISO-Zulieferer wünschen, könnte dieser auch das entsprechend bereitstellen bzw. dies bei seinem Basisglaslieferanten einfordern.

EuGH-Urteil zur Bauregelliste - so ist der aktuelle Stand
Welche Konsequenzen hat das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Bauregelliste gegen eigenständige nationale Zusatzanforderungen In Deutschland, wie etwa das Ü-Zeichen oder die Zulassung im Einzelfall? Diese Frage wurde in einer Experten-Diskussionrunde behandelt.

Antwort: Die Situation sei verworren, die Umsetzung in Deutschland muss bis Mitte Oktober umgesetzt sein, sprich die Bauregelliste hierzulande entsprechend angepasst werden. Konkret wurde aber noch nichts von Seitens des Gesetzgebers umgesetzt.

Durch die Veranstaltung führte BF-GF Jochen Grönegräs - Matthias Rehberger, GLASWELT - © Matthias Rehberger, GLASWELT
Durch die Veranstaltung führte BF-GF Jochen Grönegräs - Matthias Rehberger, GLASWELT
Um eine Stellungsnahme zu den von der EU geforderten Änderungen abgeben zu können, müsse aber erst ein Konzeptpapier des Bundes (DiBt) vorliegen. Dies sei jedoch nicht der Fall, so dass die entsprechenden Stellen vorab noch nicht eingreifen könnten.

Dazu BF-Geschäftsführer Jochen Grönegräs: "Wir wollen verhindern, dass es für die Verarbeiter schwieriger wird. Weiter setzen wir uns dafür ein, dass es keine zusätzlichen Anforderungen geben wird.“ Auf der anderen Seite wird ein hohes Sicherheitsniveau aufrecht erhalten, und das ist positiv. In Österreich wurde z.B. das Äquivalent zum Ü-Zeichen einfach gestrichen."

Und Grönegräs weiter: „Es stellt sich die Frage: wenn wir unsere Sicherheitsanforderungen nicht mehr in eine Bauregelliste schreiben können, wo bekommen wir diese Anforderungen dann künftig unter? Der richtige Weg wäre, dass die gewünschten Anforderungen in den Regelwerken der EU platziert werden. Allerdings sind keine Anstalten von Seiten des DiBt zu sehen, dies aufzugreifen und sich entsprechend einzubringen.

Im kommenden Jahr findet der Glaskongress in Aachen statt.

Matthias Rehberger, GLASWELT

Mein Fazit: Diesmal wartete der Glaskongress des BF mit einer sehr hohen Informationsdichte auf, die alle Glasverarbeiter interessieren sollte. Leider war der Anteil an Verarbeitern vor Ort geringer, als es die Veranstaltung verdient hätte.

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