Schon bei den Tiroler Fenstertagen, einer alle zwei Jahre stattfindenden Plattform für Holzfensterhersteller, hat ADLER den Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Prof. Christian Niemöller (Frankfurt a.M.) als Vortragenden eingeladen. Nun verriet Prof. Niemöller der ADLER-Unternehmenskommunikation im Interview, worauf sich Fensterhersteller einstellen müssen.
Frage: Herr Niemöller, was wird sich durch die Bauproduktenverordnung für unsere Kunden, die Fensterhersteller ändern?
Prof. Niemöller: Zunächst einmal: Die Grundzüge des Bauprodukten- und Kennzeichnungsrecht werden sich mit dem Inkrafttreten der Bauproduktenverordnung (BauPVO) nicht ändern. Es bleibt bei der CE-Kennzeichnung für diejenigen Bauprodukte, die in den Anwendungsbereich einer harmonisierten Norm fallen; für Fenster ist das die EN 14351-1. Auch das „Konformitätsverfahren“ bleibt, heißt aber in der BauPVO jetzt „System zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“. Eine wesentliche Änderung für die Hersteller wird die so genannte Leistungserklärung sein, die sie künftig erstellen müssen.
Frage: Was genau ist diese Leistungserklärung?
Prof. Niemöller: Die Leistungserklärung muss immer dann erstellt werden, wenn das Bauprodukt von einer harmonisierten Norm erfasst ist und wenn es auf dem europäischen Markt in den Verkehr gebracht wird. Ab 1. Juli gilt: Keine CE-Kennzeichnung ohne Leistungserklärung! Inhaltlich muss sie die Leistung des Bauprodukts in Bezug auf die „wesentlichen Merkmale“ gemäß der harmonisierten Norm angeben; also Merkmale, die sich auf die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang I der BauPVO beziehen. Mit der Leistungserklärung sichert der Hersteller zu, dass das Produkt bestimmte, in der Verordnung festgelegte Eigenschaften hat. Bisher ging es dagegen nur darum, dass bei der Herstellung gewisse Normen eingehalten wurden.
Frage: Hat die CE-Kennzeichnung dadurch an Bedeutung gewonnen?
Prof. Niemöller: Ja! Wenn ein Bauprodukt bisher mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet war, wurde „vermutet“, dass es konform mit der maßgeblichen harmonisierten Norm hergestellt wurde. In Zukunft muss der Hersteller die Verantwortung dafür übernehmen, dass das Bauprodukt mit der erklärten Leistung konform ist.
Frage: Welche Konsequenzen drohen den Fensterherstellern, wenn sie die Leistungserklärung oder die CE-Kennzeichnung nicht ordnungsgemäß abgeben?
Prof. Niemöller: Konsequenzen kann es geben, was die Mangelhaftung, die Produkt- und Produzentenhaftung sowie das Wettbewerbsrecht betrifft. Mit Blick auf die Verantwortung, die der Hersteller mit der Leistungserklärung und der CE-Kennzeichnung übernimmt, ist ein Produkt „mangelhaft“ im vertraglichen Sinne, wenn es nicht der erklärten Leistung entspricht. Dann drohen Ansprüche auf Nachbesserung, Minderung der Vergütung, Schadensersatz usw.
Aus öffentlich-rechtlicher Sicht sind Verstöße gegen die BauPVO Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbußen bis zu Euro 50.000,00 geahndet werden. Es drohen auch Maßnahmen der Marktüberwachungsbehörden.
Frage: Wer ist zuständig für diese Marktüberwachung?
Prof. Niemöller: Zuständig sind die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, in Deutschland die Bundesländer. In Österreich übernimmt diese Aufgabe aufgrund einer Vereinbarung der Länder das Österreichische Bauinstitut (OIB). Wichtig für die Hersteller ist, dass die Marktüberwachungsbehörden nicht mehr anlassbezogen (re)agieren, sondern aktiv tätig werden. Sie dürfen etwa Laborprüfungen durchführen, die Produktionsstätten betreten und Musterstücke entnehmen.
Adler ergänzt das Interview mit dem Hinweis:
Innerhalb der Leistungserklärung muss der Fensterhersteller nach EN 14351-1 auch angeben, dass die eingesetzten Fensterbeschichtungen kein Gefahrenpotential für Hygiene, Gesundheit oder Umwelt darstellen. Das Unternehmen stellt seinen Kunden für diesen Punkt der Erklärung eine so genannte Konformitätserklärung zur Verfügung. Damit seien Kunden auf die Gesetzesänderung am 1. Juli vorbereitet.