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Gutachtertipp: So verglasen Sie auf der Baustelle (Teil 03)

Wird auf der Baustelle verglast (und verklotzt) muss der Monteur die unterschiedlichen Längenausdehnungen von Glas gegenüber Holz, Kunststoffen oder Metallen berücksichtigen. Für die Baustellenpraxis bedeutet dies, weder bei sehr kalten Temperaturen, noch bei direkter Sonneneinstrahlung sollte vor Ort verglast werden. Denn die Fensterrahmen können aufgrund der unterschiedlichen Längenausdehnung gegenüber dem Glas sonst einerseits die Funktion der Verklotzung eliminieren, mit der Folge: Im Winter verglast, im Sommer klemmt der Flügel und geht nicht mehr auf. Andererseits kann eine zu starke Spannung auf das Glas zum Bruch führen.

Dies ist der Fall, wenn dunkle Fensterrahmen (im Sommer) bei direkter Sonneneinstrahlung verglast werden: Sinkt die Temperatur, zieht sich das Rahmenmaterial stärker zusammen als das Glas und die Druckspannung wächst enorm. Eine zu starke Einspannung kann im Winter dann zum Glasbruch im Bereich der Klötze führen (Bild 3).

Dieses ISO wurde im Herbst vor Wintereinbruch verglast. Im Winter bei extremer Kälte im ungeheizten Bau kam es durch Unterdruck zum Glasbruch bei dieser Isolierglaseinheit, die zudem ein extrem schlechtes Seitenverhältnis aufweist. - Ekkehard Wagner - © Ekkehard Wagner
Dieses ISO wurde im Herbst vor Wintereinbruch verglast. Im Winter bei extremer Kälte im ungeheizten Bau kam es durch Unterdruck zum Glasbruch bei dieser Isolierglaseinheit, die zudem ein extrem schlechtes Seitenverhältnis aufweist. - Ekkehard Wagner
Weiteres Gefahrenpotenzial besteht auf Baustellen, die vor dem Wintereinbruch noch schnell verglast werden und ungeheizt überwintern. Wurden die ISO-Einheiten noch bei sommerlichen Temperaturen produziert, kann die dünnste Scheibe bei Isoliergläsern leicht brechen.

Gerade bei hochwärmegedämmtem ISO mit zwei breiten SZR (z.B. 2 x 16 mm) kühlt das Glas bei extremen Minustemperaturen sehr stark ab. Unterschiedliche Glasdicken z.B. bei Schalldämmgläsern und extreme Seitenverhältnisse führen zu sehr hohen Druckspannungen auf die dünnste Scheibe. Diese ist dem Druck nicht mehr gewachsen, wenn ihre Fähigkeit einzubauchen stark eingeschränkt ist. Das wiederum wird durch ein ungünstiges Seitenverhältnis unterstützt.

Achtung: Sowohl am Bau als auch im Werk ist die vorsichtige Benutzung des Klotzhebers ein Muss. Brutale Klotzheberanwendung kann schnell zu Kantenausmuschelungen bis hin zur Sprungbildung führen. Während ein Einlauf an der Glaskante nicht mehr kaschiert werden kann und eine neue Scheibe notwendig wird, sind Ausmuschelungen oft ein schleichendes Problem.

Mit zunehmender Größe der Kantenausmuschelung wird die Belastbarkeit der Glasscheibe immer stärker reduziert. So kann es durchaus vorkommen, dass die verglasten Scheiben noch einige Monate durchhalten und erst bei extremer Belastung, z.B. durch hohe Temperaturen im Sommer (starke Ausbauchung und Spannungsaufbau an der Glaskante) oder niedrige im Winter (starke Einbauchung und hoher Spannungsaufbau an der Glaskante) plötzlich einen Sprung zeigen. Dieser wird oft nicht mit einer Kantenbeschädigung bei der Verglasung in Verbindung gebracht.

Lesen Sie im nächsten GLASWELT Newsletter, welche Fehler beim Verklotzen auf der Baustelle auftreten können.

Der Autor: Ekkehard Wagner leitet das Vertriebsbüro Deutschland der österreichischen Ertl Glas AG in Allersberg. Er ist als Sachverständiger und Fachbuchautor in der Glasbranche bekannt.

Tipp der Redaktion: Wer sich über Schadensbilder von Glasschäden, Glasbruchursachen und deren Vermeidung informieren möchte, diese stehen im Buch des Autors „Glasschäden“, 4. Auflage 2012, ISBN 978-3-7783-0818-9. Weitere Infos finden Verarbeiter auch in der Technischen Richtlinie Nr. 17 „Verglasen mit Isolierglas“.

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