Mit einer beeindruckenden Rede eröffnete Scott V. Thomsen, der Präsident des Glasherstellers Guardian, die Vorträge der GPD 2013. „Wir sind heute in einer ganz anderen, viel angespannteren Situation als noch vor 10 Jahren. Damals wuchs - weltweit gesehen - der Pro-Kopfverbrauch an Glas noch deutlich an. Heute sieht das anders aus.“ Einen der Gründe dafür sieht Thomsen in zu langen Innovationszyklen in der Branche: „Wir brauchen beim Glas schneller bahnbrechende Innovationen.“ Seine Vision sei es, die Innovationszyklen auf fünf bis sieben Jahre zu beschleunigen (heute über die 20 Jahre). Und, Neuheiten müssten deutlich stärker den Kundennutzen forcieren als bisher. Weiter werde der Nachhaltigkeitsgedanke wichtiger, dem die Verarbeiter Rechnung tragen müssen.
Zur Entwicklung der Glasbranche meinte der Guardian-Präsident, dass sich die Baubranche in den USA langsam auf niedrigem Niveau erhole. In Europa sei keine große Erholung zu erwarten. Wobei Deutschland bzw. die DACH-Region aktuell eine positive Sonderstellung habe. Die Märkte der Zukunft lägen in Asien, insbesondere in Indien und China.
Zukunftsmarkt fassadenintegrierte PV
Interessant war die Einschätzung von Daniel Futter, Dow Corning, zu fassadenintegrierter Photovoltaik (BIPV) „Auch wenn die Solarbranche heute schwächelt, in fünf bis zehn Jahren sei BIPV wieder ein großes Thema. Aber auch hier geht es nicht ohne den Bauherren und seine Wünsche.“ Ist PV sichtbar, müsse sie ästhetisch ansprechend sein, sonst wolle sie niemand haben. Hier müssten durch die Hersteller gemeinsam mit Architekten ansprechendere Systeme entwickelt werden. Aber das sei nur eine Frage der Zeit.
Große Aufmerksamkeit weckte der Vortrag von Christoph Timm, vom Architekturbüro SOM, New York. Er stellte (stellvertretend für Architekten) eine Liste von Wünschen auf, die er von der Glasbranche erwarte. Beispiele waren hier z.B. Weißgläser von verschiedenen Herstellern, die alle die gleiche Farbe besitzen sollten sowie Gläser mit regelbaren U-Werten. Bei seinen Wünschen an Industrie, Glasverarbeiter und Fassadenhersteller wurde aber auch deutlich, dass es heute bereits eine Reihe solcher Wunschprodukte (z.B. schaltbares Glas) gibt. Jedoch kennen Architekten (und Endverbraucher) viele dieser Produkte nicht. Hier gibt es für die Branche Kommunikations- und Handlungsbedarf.
Der Isolierglashersteller Michael Dobbe von Teuto Glas präsentierte in seinem Vortrag die jüngsten Optimierungen seiner Fertigung: „Wir erzielen heute bei unseren Hauptgläsern eine Ausbeutequote von ca. 95 %. Das schaffen wir nur mit einer dynamischen Optimierung (A+W DynOpt) in Kombination mit den Zwischenpuffern (Hegla). Die Produktion lässt sich mittels iPad in Echtzeit verfolgen und steuern. Sein Beispiel zeigte, welche Möglichkeiten die Automatisierung mit optimaler Vernetzung aller Fertigungsschritte bietet.
Wer sich überlege zu investieren, müsse alle bestehenden Prozesse auf den Prüfstand stellen.
Im Verlauf der Tagung wurde deutlich, dass die höchste Dichte an innovativen Forschungsvorhaben in Europa zu verzeichnen ist. Das gilt auch für die Entwicklung von Bauglasprodukten, insbesondere bei Isoliergläsern.
Weltweit führend, trotz Besucherrückgang
Trotz Besucherrückgang behaupten sich die GPD als weltweit größte Glaskonferenz und als das Top-Netzwerk der internationalen Glasbranche. Mit gut 500 Teilnehmern kamen deutlich weniger Besucher als noch vor zwei Jahren. Dazu Glaston-CEO Artho Metsänen: „Wir werden die Glass Performance Days weiterhin aufrecht erhalten.
Trotz weniger Teilnehmer, so die Meinung vieler Besucher und Aussteller, sei die Besucherqualität wie bisher auf sehr hohem Niveau. Es sind die Entscheider, die nach Tampere kommen. Was die Zukunft der GPD angehe, wünschten sich viele Besucher eine wirklich internationale Veranstaltung alle zwei Jahre, die exklusiv in Tampere stattfindet. Einen Wandel der GPD zu mehreren regionalen Veranstaltungen wolle man nicht.
Matthias Rehberger
Tipp der Redaktion: A m Rande der GPD wurde die jüngste Ofentechnologie von Hersteller Glaston präsentiert: Mit dem neuen GlastonAir lassen sich 2 mm starke Dünngläser zu ESG vorspannen. Der Ofen sei der steigenden Nachfrage nach leichterem 3-fach-Isolierglas sowie den wachsenden Scheibenformaten geschuldet. Verwendet wird eine neue Schwebeförderertechnik (mit Luftgebläse). www.glaston.net